Hat der Mensch das Zeug zum ewigen Leben?
Herr Professor Cremer, wir haben da mal eine Frage ...
Ohne Fragen keine Wissenschaft. Die Redaktion des Unispiegels nimmt diesen Grundsatz ernst und bittet Heidelberger Wissenschaftler um Antwort. Wir fragen direkt, zielen mitten hinein in unser aller Leben und sind dabei von grenzenloser Neugierde getrieben.
Foto: Hentschel
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Eigentlich doch ein reizvoller Gedanke: 1000 Jahre lang das Leben genießen – in jugendlicher Kraft und Schönheit. In Mythologie und Märchen ist das kein Problem, da werden langes Leben und Verjüngungskuren schon seit vielen Jahrhunderten berichtet. Aber heute, in unserem wissenschaftlich aufgeklärten Zeitalter? Bevor Sie mutlos werden und sich nach 40 harten Arbeitsjahren bei leidlicher Gesundheit auf ein ödes Rentnerdasein bis zum unvermeidlichen Ende einstellen: Hören Sie die frohe, auch bereits in Heidelberg verkündete Botschaft des „Bio-Gerontologen“ Aubrey de Grey. Ihm zufolge nämlich ist diese Jahrhunderte lange Lebensspanne durchaus erreichbar: Man müsse lediglich die beim Altern ablaufenden Zellprozesse in mechanistischer Weise genau verstehen und könne dann Schäden auf dieser Grundlage eliminieren. Um das Ziel eines sehr langen oder doch sehr viel längeren Lebens als heute zu erreichen, müsste man also die Physik des Lebens mit derselben Präzision und Vollständigkeit erforschen, wie es derzeit im Bereich der Astronomie, der Atomphysik oder der Elementarteilchenphysik geschieht. So wäre der Weg in Richtung „ewiger Jugend“ zumindest „biophysikalisch“ möglich.
Dieser bereits zu Zeiten von Descartes begonnene Traum schien lange Zeit völlig utopisch. Das änderte sich jedoch mit der vor nunmehr 170 Jahren gemachten Entdeckung, dass der menschliche Körper – wie der aller anderen Organismen – aus einzelnen, miteinander in komplexer Weise interagierenden Zellen besteht. Allerdings stellt sich nach über einem Jahrhundert von Biochemie und „molekularer Zellbiologie“ mehr und mehr heraus, dass es sich bei den Zellen trotz ihrer Kleinheit (typischer Durchmesser 0.02 mm) um die komplexesten Gebilde dieser Größe im gesamten uns bekannten Universum handelt, um Erwin Schrödinger zu zitieren, einen der Väter der modernen Physik. Für die Erforschung solcher auch „Biomolekulare Maschinen“ genannten Nanostrukturen und ihrer gegenseitigen Wechselwirkungen wurden zahlreiche physikalische Verfahren entwickelt wie die Elektronenmikroskopie, die Röntgenkristallographie oder die Analyse mit energiereicher Synchrotronstrahlung. Viele wichtige Analysen lassen sich jedoch nur mit sichtbarem Licht machen. Daher sind eine Reihe von Methoden entwickelt worden, die über ein Jahrhundert lang für physikalisch unüberwindlich gehaltene Grenze der lichtmikroskopischen Auflösung zu überwinden oder zu umgehen: Seit kurzem ist es möglich geworden, die zelluläre „Maschinerie“ ganzer, sogar lebender Zellen im molekularen Detail zu analysieren. Zu dieser revolutionären Entdeckung haben Physiker des Heidelberger Kirchhoff-Instituts für Physik seit mehreren Jahrzehnten wesentlich beigetragen.
Die höchst verwickelten und höchst dynamischen Lebensvorgänge, die sich aus der Interaktion der Moleküle im Inneren der Zellen und zwischen den Zellen eines Organismus ergeben, sind das große Zukunftsthema der Biowissenschaften des 21. Jahrhunderts, der „Systembiologie“. Es erscheint nicht mehr ausgeschlossen, dass dank dieser neuen Entwicklungen auf der Grundlage einer Synthese von Physik und molekularer Zellbiologie unser Wissen von diesen Prozessen es möglich machen wird, bereits in absehbarer Zeit die biophysikalischen Grundlagen für eine Erhöhung der jetzigen maximalen Lebenserwartung um einige weitere Jahrzehnte zu legen. Aus einer wesentlichen Verlängerung der menschlichen Lebensdauer ergeben sich allerdings vielfältige naturwissenschaftlich-medizinische, gesellschaftliche, philosophische, metaphysische und ethische Fragen, die in einer auch der Würde des Menschen angemessenen Weise zu beantworten sind.
Dieser bereits zu Zeiten von Descartes begonnene Traum schien lange Zeit völlig utopisch. Das änderte sich jedoch mit der vor nunmehr 170 Jahren gemachten Entdeckung, dass der menschliche Körper – wie der aller anderen Organismen – aus einzelnen, miteinander in komplexer Weise interagierenden Zellen besteht. Allerdings stellt sich nach über einem Jahrhundert von Biochemie und „molekularer Zellbiologie“ mehr und mehr heraus, dass es sich bei den Zellen trotz ihrer Kleinheit (typischer Durchmesser 0.02 mm) um die komplexesten Gebilde dieser Größe im gesamten uns bekannten Universum handelt, um Erwin Schrödinger zu zitieren, einen der Väter der modernen Physik. Für die Erforschung solcher auch „Biomolekulare Maschinen“ genannten Nanostrukturen und ihrer gegenseitigen Wechselwirkungen wurden zahlreiche physikalische Verfahren entwickelt wie die Elektronenmikroskopie, die Röntgenkristallographie oder die Analyse mit energiereicher Synchrotronstrahlung. Viele wichtige Analysen lassen sich jedoch nur mit sichtbarem Licht machen. Daher sind eine Reihe von Methoden entwickelt worden, die über ein Jahrhundert lang für physikalisch unüberwindlich gehaltene Grenze der lichtmikroskopischen Auflösung zu überwinden oder zu umgehen: Seit kurzem ist es möglich geworden, die zelluläre „Maschinerie“ ganzer, sogar lebender Zellen im molekularen Detail zu analysieren. Zu dieser revolutionären Entdeckung haben Physiker des Heidelberger Kirchhoff-Instituts für Physik seit mehreren Jahrzehnten wesentlich beigetragen.
Die höchst verwickelten und höchst dynamischen Lebensvorgänge, die sich aus der Interaktion der Moleküle im Inneren der Zellen und zwischen den Zellen eines Organismus ergeben, sind das große Zukunftsthema der Biowissenschaften des 21. Jahrhunderts, der „Systembiologie“. Es erscheint nicht mehr ausgeschlossen, dass dank dieser neuen Entwicklungen auf der Grundlage einer Synthese von Physik und molekularer Zellbiologie unser Wissen von diesen Prozessen es möglich machen wird, bereits in absehbarer Zeit die biophysikalischen Grundlagen für eine Erhöhung der jetzigen maximalen Lebenserwartung um einige weitere Jahrzehnte zu legen. Aus einer wesentlichen Verlängerung der menschlichen Lebensdauer ergeben sich allerdings vielfältige naturwissenschaftlich-medizinische, gesellschaftliche, philosophische, metaphysische und ethische Fragen, die in einer auch der Würde des Menschen angemessenen Weise zu beantworten sind.
Christoph Cremer ist seit 1983 Professor für Angewandte Optik und Informationsverarbeitung am Kirchhoff-Institut für Physik der Universität Heidelberg und derzeit Zweiter Sprecher des Senats. Wer Näheres über Schlüsseltechnologien zu Gesundheit und Lebensverlängerung erfahren möchte, sei der von Christoph Cremer herausgegebene Band „Vom Menschen zum Kristall“ empfohlen, den wir auf dieser Seite vorstellen.
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