Prüfungsvorbereitungen im Backstage-Bereich
Schule der besonderen Art: Theatergruppe IDeFix für ausländische Studierende mit einem Preis des Auswärtigen Amtes ausgezeichnet
Dass es sich bei dieser inzwischen zum zehnten Mal vergebenen und mit 15 000 Euro dotierten Auszeichnung nicht um einen Kulturpreis handelt, mag auf den ersten Blick ein wenig überraschen. Zu sehr ist diese Gruppe, die laut örtlicher Presse längst „Kultstatus“ erlangt hat, im Theaterleben Heidelbergs etabliert, als dass man hinter der reinen Lust am Spielen und Inszenieren noch einen anderen preiswürdigen Aspekt vermuten würde. Doch den gibt es, und der ist didaktischer Natur. Denn so professionell und so mitreißend sich IDeFix alljährlich auf der Bühne präsentiert – es geht bei diesem Theaterprojekt zunächst einmal darum, ausländischen Studierenden deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln. Theaterspielen wird hier als eine der „lebendigsten, freudvollsten und effektivsten Weisen“ auf den Weg dorthin begriffen. Und dass damit auch ein Beitrag zur Integration geleistet wird, versteht sich von selbst.
Joachim Bürkert, Leiter und einer der Gründer von IDeFix, erklärt: „Gerade die emotionale und die körperliche Komponente fehlt im herkömmlichen Sprachunterricht. Aber so etwas wie Mimik und Gestik wie auch die Stimmbildung gehören unbedingt dazu.“ Das lernen die Studenten in den Proben. Und nicht nur das. Es sei faszinierend zu sehen, führt Bürkert weiter aus, „wie die Beteiligten im Laufe der Proben aufblühen, über sich hinauswachsen.“ Kein Wunder, dass das Mitwirken bei einer Produktion danach auch zu einem ganz anderen, selbstbewussteren Auftreten im Alltag führe – sei es beim Einkaufen, beim Amtsgang oder bei Prüfungen.
Als ideale Gattung hat sich die Theater-Revue mit Minidramen erwiesen, sie steht von Anfang an auf dem Programm dieser Gruppe. Bei den Aufführungen zum Ende des Semesters werden 12 bis 14 kleinen Szenen gegeben, die unter einem Motto zusammengefasst werden und oft auch durch eine kleine Rahmenhandlung miteinander verbunden sind. Der praktische Grund dafür: Diese Form erlaubt es, bis zu 30 Schauspielerinnen und Schauspieler in eine Produktion einzubinden. Bei den Mini-Stücken wird auf Vorhandenes zurückgegriffen – darunter Sketche von Monthy Python bis Loriot, Stücke von Botho Strauß bis Jean Cocteau –, aber auch von den beiden Leitern selbst geschriebene Minidramen oder Adaptionen von Filmszenen gehören zum Repertoire.
Joachim Bürkert (mit Blumenstrauß) und Dr. Keith Hall (mit Urkunde) freuen sich über die Auszeichnung. Links: Ministerialdirektor Martin Kobler vom Auswärtigen Amt; rechts: Professor Stefan Hormuth, Präsident des DAAD.
Foto: David Ausserhofer
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Wie gut das alles von den ausländischen Studierenden angenommen wird, belegen nicht nur die nackten Zahlen: mehr als 1000 unter ihnen konnte IDeFix in den vergangenen 15 Jahren ermutigen, den auch für Muttersprachler nicht gerade einfachen Schritt auf die Bühne zu wagen. Nicole Dorn vom Akademischen Auslandsamt der Ruperto Carola erzählt, dass in den Abschlussberichten der Studierenden nach ihrem Aufenthalt am Neckar die Theater-Erfahrung IDeFix immer wieder einen ganz besonderen Rang einnehme und somit zum essentiellen Bestandteil der Heidelberg-Erinnerung werde. Dorn selbst hilft bei den Produktionen auch mit und kann das Engagement und die Begeisterung aller Mitwirkenden nur bestätigen – und das nicht selten unter extremsten Bedingungen: „Ich habe schon beobachtet, wie mitwirkende Studierende im Backstage-Bereich während einer Aufführung sich für eine Prüfung am nächsten Tag vorbereitet haben.“ In William Shakespeares „Wie es Euch gefällt“ heißt es: „Die ganze Welt ist eine Bühne“. Bei IDeFix lautet das Motto: „Auf unserer Bühne ist die ganze Welt“.
www.idefix-theater.de