"In der Wissenschaft herrscht Konsens darüber, dass sich das Klima ändert. Und vor allem der Mensch trägt dazu erheblich bei, etwa durch den Ausstoß von Treibhaus-Gasen. Das wird verheerende Folgen in vielen Bereichen haben, wenn wir jetzt nicht gemeinsam die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Die wissenschaftliche Diskussion darüber, ob der Klimawandel stattfindet, wurde inzwischen abgelöst durch die Diskussion darüber, wie wir mit den Auswirkungen umgehen. Deshalb auch hat die britische Regierung vor einem Jahr Lord Nicholas Stern, den ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, beauftragt, die wirtschaftlichen Folgen zu analysieren. Kosten und Risiken könnten im schlimmsten Falle immens sein, so lautet die Kernbotschaft dieser Studie."
Wie hat dieser Bericht in Großbritannien die Debatte zum Klimawandel beeinflusst?
"Er hat das Bewusstsein für dieses globale und existentielle Problem ganz sicher noch einmal geschärft, wie im Übrigen auch die zunehmenden Naturkatastrophen in den letzten Jahren. Bei uns, aber auch in den anderen Industriestaaten ebenso wie in den Entwicklungsländern, hat er zudem bei vielen zu der Überzeugung geführt, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel durchaus bezahlbar sind. Umgekehrt käme es uns im wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen, wenn wir jetzt nichts tun. Dabei argumentiert Stern bewusst konservativ und vorsichtig."
Ihr Heidelberger Vortrag zum "Klimawandel" trug den Zusatz "auf beiden Seiten des Atlantiks". Nun hat man das Gefühl, dass zumindest in den Vereinigten Staaten die Politik noch sehr zögerlich ist und mögliche Auswirkungen der Klimaveränderung nicht ganz so dramatisch beurteilt werden wie etwa in Europa. Könnte Großbritannien, das traditionell sehr enge und gute Beziehungen zu den USA – insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik – unterhält, bei diesem Thema eine Vermittlerrolle einnehmen?
"Das ist in der Vergangenheit bereits erfolgt. Und doch muss man auch die Vereinigten Staaten in diesem Bereich sehr differenziert betrachten. Zum einen hat Präsident Bush in jüngster Zeit ausdrücklich betont, dass der Klimawandel vom Menschen mit verursacht ist und dem mit global angelegten Maßnahmen begegnet werden muss. Das war nicht immer so. Zum anderen haben mehrere Bundesstaaten und Städte die Zeichen der Zeit erkannt. Kalifornien beispielsweise, immerhin die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt, hat sich hochgesteckte Energieeffizienz- und Emissionsminderungsziele gesetzt. Andere Staaten und Städte in den USA sind diesem Beispiel gefolgt wie auch eine wachsende Koalition großer amerikanischer Konzerne, um sich für den globalen Kohlendioxid-Markt der Zukunft vorzubereiten. Hier bewegt sich einiges."
Dennoch finden die Verhandlungen bei der UN-Klimakonferenz in Bali nicht in vollendeter Harmonie statt. Sind Sie im Hinblick auf die Ergebnisse optimistisch oder haben Sie Angst vor zu vielen Kompromissen?
"Die Verhandlungen in Bali, die sich bis Ende 2009 hinziehen werden, stehen unter großem Erfolgsdruck und werden dadurch sehr schwierig und kompliziert werden. Unser Ziel, als Europäer, ist eine weltweite, umfassende Klimavereinbarung für die Zeit nach 2012 unter dem Dach der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) zu schaffen. Diese neue Vereinbarung sollte die Architektur des Kyoto-Protokolls weiter ausbauen und einen fairen und flexiblen Rahmen für ein möglichst breites Spektrum von Klimaschutzbeiträgen schaffen. Ich jedenfalls hoffe, dass die politische Dynamik, die der G8-Gipfel in Heiligendamm vor allem auch dank Kanzlerin Angela Merkel in Gang gesetzt hat, weiter bestehen bleibt. Davon wird viel abhängen."