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„Wenn wir jetzt nichts tun, käme uns der Klimawandel teuer zu stehen“

Von Oliver Fink

Am 1. Oktober hat Sir Michael Arthur das Amt des britischen Botschafters in Deutschland angetreten. Mitte November weilte er auf Einladung des Rektors der Ruperto Carola in Heidelberg, um im Rahmen der „Universitätsrede 2007“ einen Vortrag zum „Klimawandel“ zu halten. Im Gespräch äußert Michael Arthur die Hoffnung, dass die jüngst in Gang gekommene Dynamik in Sachen Klimapolitik weiter zunimmt. Zudem zeigt er sich erfreut, dass die Universitäten Heidelberg und Cambridge so viele Gemeinsamkeiten besitzen; und offenbart schließlich seine große Liebe zur deutschen Musik.

Herr Botschafter, Sie haben an der Universität Heidelberg einen Vortrag zum „Klimawandel“ gehalten. Warum ist dieses Thema so wichtig?

 
"In der Wissenschaft herrscht Konsens darüber, dass sich das Klima ändert. Und vor allem der Mensch trägt dazu erheblich bei, etwa durch den Ausstoß von Treibhaus-Gasen. Das wird verheerende Folgen in vielen Bereichen haben, wenn wir jetzt nicht gemeinsam die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Die wissenschaftliche Diskussion darüber, ob der Klimawandel stattfindet, wurde inzwischen abgelöst durch die Diskussion darüber, wie wir mit den Auswirkungen umgehen. Deshalb auch hat die britische Regierung vor einem Jahr Lord Nicholas Stern, den ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, beauftragt, die wirtschaftlichen Folgen zu analysieren. Kosten und Risiken könnten im schlimmsten Falle immens sein, so lautet die Kernbotschaft dieser Studie."

Wie hat dieser Bericht in Großbritannien die Debatte zum Klimawandel beeinflusst?

"Er hat das Bewusstsein für dieses globale und existentielle Problem ganz sicher noch einmal geschärft, wie im Übrigen auch die zunehmenden Naturkatastrophen in den letzten Jahren. Bei uns, aber auch in den anderen Industriestaaten ebenso wie in den Entwicklungsländern, hat er zudem bei vielen zu der Überzeugung geführt, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel durchaus bezahlbar sind. Umgekehrt käme es uns im wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen, wenn wir jetzt nichts tun. Dabei argumentiert Stern bewusst konservativ und vorsichtig."

Ihr Heidelberger Vortrag zum "Klimawandel" trug den Zusatz "auf beiden Seiten des Atlantiks". Nun hat man das Gefühl, dass zumindest in den Vereinigten Staaten die Politik noch sehr zögerlich ist und mögliche Auswirkungen der Klimaveränderung nicht ganz so dramatisch beurteilt werden wie etwa in Europa. Könnte Großbritannien, das traditionell sehr enge und gute Beziehungen zu den USA – insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik – unterhält, bei diesem Thema eine Vermittlerrolle einnehmen?

"Das ist in der Vergangenheit bereits erfolgt. Und doch muss man auch die Vereinigten Staaten in diesem Bereich sehr differenziert betrachten. Zum einen hat Präsident Bush in jüngster Zeit ausdrücklich betont, dass der Klimawandel vom Menschen mit verursacht ist und dem mit global angelegten Maßnahmen begegnet werden muss. Das war nicht immer so. Zum anderen haben mehrere Bundesstaaten und Städte die Zeichen der Zeit erkannt. Kalifornien beispielsweise, immerhin die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt, hat sich hochgesteckte Energieeffizienz- und Emissionsminderungsziele gesetzt. Andere Staaten und Städte in den USA sind diesem Beispiel gefolgt wie auch eine wachsende Koalition großer amerikanischer Konzerne, um sich für den globalen Kohlendioxid-Markt der Zukunft vorzubereiten. Hier bewegt sich einiges."

Dennoch finden die Verhandlungen bei der UN-Klimakonferenz in Bali nicht in vollendeter Harmonie statt. Sind Sie im Hinblick auf die Ergebnisse optimistisch oder haben Sie Angst vor zu vielen Kompromissen?

"Die Verhandlungen in Bali, die sich bis Ende 2009 hinziehen werden, stehen unter großem Erfolgsdruck und werden dadurch sehr schwierig und kompliziert werden. Unser Ziel, als Europäer, ist eine weltweite, umfassende Klimavereinbarung für die Zeit nach 2012 unter dem Dach der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) zu schaffen. Diese neue Vereinbarung sollte die Architektur des Kyoto-Protokolls weiter ausbauen und einen fairen und flexiblen Rahmen für ein möglichst breites Spektrum von Klimaschutzbeiträgen schaffen. Ich jedenfalls hoffe, dass die politische Dynamik, die der G8-Gipfel in Heiligendamm vor allem auch dank Kanzlerin Angela Merkel in Gang gesetzt hat, weiter bestehen bleibt. Davon wird viel abhängen."

Sir Michael Arthur: „In beiden Ländern – Großbritannien und Deutschland – herrscht ein noch etwas altmodisches Bild vom jeweils anderen.“
Foto: Britische Botschaft Berlin

Kommen wir zu einem anderen Thema: Was verbinden Sie mit der Universität Heidelberg?

"Nun, Heidelberg ist eine der traditionsreichsten Universitäten in Deutschland. Sie ist eine Eliteuniversität, die auch auf internationaler Ebene ein starker Kooperationspartner ist. Eine lange und enge Verbindung besteht dabei auch zur Universität Cambridge, einer der besten britischen Universitäten, die ebenfalls über eine große Tradition verfügt, in letzter Zeit aber zugleich stark modernisiert wurde. Wie ich jetzt festgestellt habe, bestehen die Gemeinsamkeiten auch darin, dass beide Standorte ganz hervorragend im Bereich der Bio- und Lebenswissenschaften aufgestellt sind."

Stichwort Eliteuniversität. Wie haben Sie den Exzellenzwettbewerb der Hochschulen in Deutschland erlebt?

"Ich muss gestehen, dass ich den Wettbewerb nicht intensiv verfolgen konnte, da ich vor Antritt meines Postens in Berlin im Oktober 2007 direkt aus Indien kam, wo ich seit 2003 als Botschafter in New Delhi tätig war. Die Debatte, die hinter dieser Exzellenzinitiative steht, ist mir als Brite allerdings nicht unbekannt. Auch bei uns wird darüber diskutiert, ob man eine ausgewählte Zahl von Universitäten mit zusätzlichen Mitteln ausstatten oder ob man das Geld gleichmäßig unter den Hochschulen verteilen sollte."

Deutschland ist für Sie kein fremdes Pflaster. Sie waren bereits in den 1980er-Jahren in Bonn mehrere Jahre als Botschaftssekretär tätig. Auch wenn Sie jetzt erst seit ein paar Wochen wieder hier sind, können Sie trotzdem sagen, was sich in Deutschland aus Ihrer Sicht am meisten verändert hat?

"Es hat sich wahnsinnig viel geändert – allein schon, dass dieses Land bei meinem ersten Aufenthalt noch geteilt war. Abgesehen davon, hat sich vor allem die Mentalität der Menschen geändert. Ich sehe ein neues Selbstbewusstsein, nicht nur auf politisch-internationaler Ebene. In beiden Ländern – Großbritannien und Deutschland – herrscht allerdings ein noch etwas altmodisches Bild vom jeweils anderen. Das möchte ich ändern. Ansonsten freue ich mich darauf, Deutschland jetzt wieder neu zu entdecken."

Und was tut ein britischer Botschafter, wenn er in seiner sicher sehr spärlich bemessenen Freizeit ausnahmsweise einmal nicht gerade im diplomatischen Dienst tätig ist?

"Oh, da bin ich ganz deutsch. Ich habe zwei große Hobbys: Sport – zum Beispiel Radfahren – und Musik. Ich spiele Klavier und Violine und liebe die deutsche Musik."

Da finden Sie ja in Berlin ideale Bedingungen vor, zumal der Dirigent der Berliner Philharmoniker ...

"... mit Sir Simon Rattle ein Brite ist. Das zeigt die gute Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern!"

Siehe auch: "Kein Problem von morgen, sondern von heute"

 

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