Zur aktuellen Mission des Space Shuttles Atlantis, das ein weiteres Segment an der Internationalen Raumstation (ISS) anbringt, haben auch einige Heidelberger Wissenschaftler beigetragen: Zusammen mit dem Weltraumlabor Columbus, dem europäischen Beitrag zur ISS, wird SOLSPEC zum Einsatz kommen – ein Sonnenspektrometer, das auf eine mehr als 30-jährige Entwicklungsgeschichte zurückblicken kann.
Dieses Experiment wurde von dem als „Strahlungspapst“ bekannten Professor Dietrich Labs und Dr. Holger Mandel von der Landessternwarte in Heidelberg gemeinsam mit französischen und belgischen Partnern entwickelt und wird zur Messung der Strahlungsleistung unserer Sonne im Wellenlängenbereich zwischen 180 und 3200 Nanometern verwendet.Der Heidelberger Beitrag umfasste dabei Arbeiten zur Kalibration des Instruments mit einem so genannten Schwarzen Körper – einer hoch genauen Strahlungsquelle, die bei Temperaturen von mehr als 3000 Grad Celsius eine präzise Eichung der in SOLSPEC mitfliegenden Vergleichslichtquellen gewährleistet.
Bis vor wenigen Jahrzehnten waren nur erdgebundene Messungen möglich, die infolge der Filterwirkung der Erdatmosphäre aber nur einen kleinen Bruchteil der Sonnenstrahlung erfassten. So wurden die ersten Messungen bereits in den 50er-Jahren von Prof. Labs mit kleinen Teleskopen auf dem Jungfraujoch vorgenommen.
Erst mit Beginn des Raumflugzeitalters war dann das komplette Sonnenspektrum zugänglich. So misst SOLSPEC neben dem sichtbaren Bereich auch den Infrarot- und Ultraviolettanteil der Strahlung und ermöglicht damit eine Bestimmung der Solarkonstanten und deren zeitliche Variation. Für diese Messungen interessieren sich nicht nur Astronomen sondern auch Klimatologen, denn letztendlich ist die Sonne für alles Leben auf der Erde der entscheidende Himmelskörper.
Die mit mehr als 20 Experimenten bestückte EURECA-Plattform kurz vor dem Start im Jahr 1992. | Foto: ESA |
Aus historischen Quellen ist bekannt, dass unser Klima auch im vergangenen Jahrtausend erhebliche Schwankungen aufgewiesen hat. So kam es während des 15. und 17. Jahrhunderts über jeweils mehrere Jahrzehnte zu deutlichen Kälteeinbrüchen; und im 11. und 12. Jahrhundert zu einer ausgeprägten Wärmeperiode, die erstmals die Besiedlung Grönlands und die Entdeckung Amerikas durch die Wikinger erlaubte. Noch weiter zurück liegen die großen Eiszeiten, bei denen weite Teile Europas unter einem dicken Eispanzer begraben lagen. Die mittlere Jahrestemperatur der Erde war hierbei nur wenige Grade niedriger als heute.
Mithilfe von Eiskernbohrungen und Isotopenanalysen lässt sich zwischen der Sonnenaktivität und Temperaturschwankungen auf der Erde eine enge Korrelation sogar über einen Zeitraum von mehreren 100 000 Jahren nachweisen. Die bei den SOLSPEC-Missionen überdeckte Zeitdauer erscheint mit 35 Jahren dabei eher gering. Der Erstflug erfolgte im Jahr 1983 mit dem europäischen Weltraumlabor Spacelab 1, zusammen mit dem ersten (westdeutschen) Wissenschaftsastronauten Ulf Merbold. In den Folgejahren kam das Experiment noch mehrfach zum Einsatz: Zunächst im Rahmen dreier Atlas-Missionen der NASA in den Jahren 1992, 1993 und 1994, bei denen auf einer im Space Shuttle fest eingebauten Palette mehrere Sonnenexperimente gleichzeitig eingesetzt wurden, die allerdings auf die typische Dauer von ein bis zwei Wochen einer Space-Shuttle-Mission begrenzt blieben.
Das Solar-Modul mit SOLSPEC auf dem europäischen Weltraumlabor. | Repro: ESA |
Erst mit der freifliegenden Raumplattform EURECA der europäischen Raumfahrtbehörde ESA, die im August 1992 mit einem Shuttle ins All transportiert und im Juli 1993 von einem zweiten Shuttle wieder eingefangen wurde, konnten erstmals Messungen über einen längeren zusammenhängenden Zeitraum vorgenommen werden. Die Ergebnisse zeigten eine erstaunliche Konstanz der Sonnenstrahlung im visuellen und infraroten Spektralbereich, aber deutliche Schwankungen bei kürzeren Wellenlängen.
Genau diese Strahlung jedoch ist für die komplexe Wechselwirkung verschiedener Vorgänge in der Hochatmosphäre unserer Erde von großer Bedeutung, sodass SOLSPEC nun zusammen mit einigen weiteren Experimenten im Solar-Modul auf der internationalen Raumstation über mehrere Jahre eingesetzt werden soll.
SOLSPEC selbst muss übrigens einem "heißen Ende" entgegensehen: Aus Kostengründen ist es bisher nicht geplant, das Experiment wieder auf die Erde zurückzubringen – es wird nach erfüllter Mission einfach abgeschaltet. Genau wie beim Absturz der ersten amerikanischen Raumstation Skylab Ende der 70er-Jahre wird die Hardware zusammen mit der ausgedienten ISS in einer astronomisch nicht allzu fernen Zukunft bei einem gesteuerten Wiedereintritt des riesigen Komplexes in der Atmosphäre der Erde verglühen.
Kontakt:
Dr. Holger Mandel
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, Landessternwarte
Tel. 06221/541734
E-Mail: h.mandel@lsw.uni-heidelberg.de