Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Ein Ausweg aus der Schuldenfalle: Sparen nach dem Schweizer Modell

Von Oliver Fink

Sage und schreibe 1,5 Billionen Euro betrug 2006 der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts in Deutschland, das waren 67,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – und jede Sekunde steigt die Staatsverschuldung um weitere 539 Euro an. Bund und Länder unternehmen erneut einen Versuch, diese Entwicklung zu bremsen: Die Föderalismuskommission II hat den Auftrag, bis Ende 2008 einen entsprechenden Vorschlag auszuarbeiten.

In einem ausführlichen Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat der Heidelberger Finanzwissenschaftler Prof. Lars Feld, der als Sachverständiger der Kommission zur Seite steht, jetzt seine Vorstellungen einer Schuldenbremse formuliert. Er orientiert sich dabei unter anderem am Schweizer Modell.

Die dort 2001 beschlossene und 2003 installierte Schuldenbremse verpflichtet die Eidgenossenschaft, Einnahmen und Ausgaben über den Konjunkturzyklus hinweg im Gleichgewicht zu halten. Überschüsse und Defizite werden in einem gesondert geführten Ausgleichskonto verbucht und im Verlaufe mehrerer Jahre durch Kürzung oder Aufstockung der für Ausgaben vorgesehenen Mittel ausgeglichen.

Laut Feld, der eine Orientierung Deutschlands an dieser Maßnahme für sinnvoll hält, stellt ein solches Ausgleichskonto das "formale Gewissen der Haushaltspolitik" dar, da "nun nicht lediglich die Zinszahlungen zu tätigen sind sondern auch Tilgungen über das Ausgleichskonto vorgenommen werden müssen". Damit ist diese Regelung strenger als die Konjunkturausgleichsrücklage des Stabilitätsgesetzes, die in Deutschland den Bund nicht zu einem solchen Ausgleich verpflichtet.

"Formales Gewissen der Haushaltspolitik" - Prof. Lars P. Feld
Foto: Krug

Freilich müsse ein solches Ausgleichskonto in Deutschland so ausgestattet sein, weiß Hochschullehrer Feld, "dass die Politik unterjährig keine Wohltaten verteilen kann. Neue, im Laufe eines Haushaltsjahres hinzukommende Ausgabenpositionen sollten auch strukturell neu finanziert werden." Und weiter: "Das Ausgleichskonto ist lediglich dazu da, die Fehler, die in der Einschätzung der konjunkturellen Lage bei der Haushaltsaufstellung auftreten, im Haushaltsvollzug durch eine entsprechende Buchung zuzulassen und sie haushaltsrechtlich zwingend mit den zukünftigen Haushalten zu verbinden. Das Ausgleichskonto darf sich damit keineswegs zu einem neuen Schattenhaushalt entwickeln."

Ausnahmen von der Regel sehen Felds Vorstellungen vor – allerdings auf extreme Situationen wie eine tiefe Rezession oder eine schwere Naturkatastrophe beschränkt. Besondere Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer solchen Schuldenschranke in Deutschland seien indes dadurch gegeben, dass die Bundesländer zwar das Recht haben, über ihre Ausgaben selbst zu bestimmen, nicht aber über ihre Steuereinnahmen.

Das wiederum lade Politiker – mit Blick auf den Wähler – dazu ein, Schulden zu machen. Lars Feld könnte sich hier "Sanktionsmechanismen" wie den "Zwang zur Erhöhung der Steuern" vorstellen, wenn Defizite im vorgegebenen Zeitraum nicht abgebaut werden. Letztlich liege, so der Heidelberger Finanzwissenschaftler, "der Schlüssel zur Lösung der Probleme" in einer "Einführung höherer Steuerautonomie für die Länder und einer stärkeren Eigenverantwortung für ihre Kreditmarktschulden".

Prof. Lars P. Feld, Jahrgang 1966, unterrichtet Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzwissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Zugleich ist der unter anderem an der Universität St. Gallen ausgebildete Ökonom Gastprofessor am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium und als Sachverständiger für die Föderalismuskommission II ist er am politischen Prozess in beratender Funktion beteiligt.

Kontakt:

Prof. Dr. Lars P. Feld
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Alfred-Weber-Institut
Grabengasse 14, 69117 Heidelberg
Tel. 06221/543100
E-Mail: feld@uni-hd.de