Von Katinka Krug (Text und Foto)
Der indische Subkontinent – die Weltregion der rasanten Entwicklungen und der uralten Kulturen. Damit, vor allem aber mit dessen Sprachen beschäftigt sich Prof. Hans Harder. In seinem Forschungsfeld der Modernen Indologie und der neusprachlichen Südasienkunde hat er sich in erster Linie auf Bengali spezialisiert, der nach dem Hindi zweitgrößten unter den vielen Sprachen dieser Region. Bengali wird im Osten Indiens sowie in Bangladesh gesprochen und gehört weltweit zu den zehn zahlenmäßig größten Sprachen.
Die Professur für Moderne Indologie am hiesigen Südasien-Institut (SAI) ist für den gebürtigen Braunschweiger, Jahrgang 1966, nicht der erste Kontakt mit Heidelberg. Bereits einen Teil seines Studiums der Indologie und Ethnologie absolvierte er in der Neckarstadt.Promoviert wurde der Indologe dann an der Universität Halle zu einem literatur- und religionswissenschaftlichen Thema. In Halle arbeitete Hans Harder auch nach seiner Promotion am Institut für Indologie und Südasienwissenschaften, wo er später als Leiter das Projekt "Nationalist Ideology and the Historiography of Literature" bis zu seiner Rückkehr nach Heidelberg betreute. Harder bezeichnet sich weniger als Linguist sondern mehr als Literatur- und Kulturwissenschaftler: "Diese Schwerpunktsetzung beschränkt sich nicht auf die Forschung sondern fließt natürlich auch in die Lehre mit ein."
Der Begriff "Moderne Indologie" ist aus der Fachgeschichte heraus entstanden und noch relativ jung. Denn mit der antiken Kultur Indiens befasst sich die Klassische Indologie schon seit etwa 200 Jahren, während die Erforschung der modernen Sprachen und Kulturen Südasiens lange Zeit ein Desiderat darstellte. Am Heidelberger Südasien-Institut ist die neusprachliche Variante aber sehr gut ausgeprägt – vier der Hauptsprachen Südasiens können dort erlernt werden. "Man könnte es auch", so der neu berufene Hochschullehrer, "neusprachliche Südasienkunde nennen, was wir hier betreiben, denn die Kulturen Südasiens sind neben den Sprachen ein zentrales Thema."
Das Südasien-Institut verbindet, was in Deutschland nach wie vor einmalig ist: Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit historisch und philologisch ausgerichteten Kulturwissenschaften. Acht Professoren bieten eine Fülle von Studienmöglichkeiten. Die späteren Berufe der Absolventen reichen vom Übersetzer oder Journalisten aus den geisteswissenschaftlichen Studiengängen bis hin zu Politologen, Geographen und Wirtschaftswissenschaftlern für den südasiatischen Raum.
Mit dem neu eingeführten Bachelor-Studiengang "Südasienstudien", der interdisziplinär angelegt ist, bietet das SAI ein zusätzliches Angebot, das die Sprachen und sämtliche am Institut vertretenen Disziplinen mit einem Berufspraktikum in dieser Region und weiteren Schlüsselkompetenzen verbindet. Entsprechend soll ein Master-Studiengang aufgebaut werden. "Insgesamt wird sich der Arbeitsmarkt öffnen, im Bereich der Beratung werden gut ausgebildete Personen nötig sein. Für flexible Leute, die auch bereit sind, einige Zeit vor Ort zu verbringen, werden sich ganz neue Zukunftsperspektiven ergeben", ist sich Hans Harder sicher.
Für die Qualität des Südasien-Instituts spricht nicht zuletzt seine Beteiligung am Exzellenzcluster "Asia and Europe in a Global Context: Shifting Asymmetries in Cultural Flows". In diesem Forschungsverbund arbeiten Wissenschaftler aus dem Zentrum für Europäische Geschichts- und Kulturwissenschaften, dem Zentrum für Altertumswissenschaften, dem Sonderforschungsbereich Ritualdynamik, dem Zentrum für Ostasienwissenschaften sowie eben dem SAI zusammen. Hier wird sich Harder ebenfalls einbringen.
Nicht nur in Heidelberg sondern auch vor Ort betreibt der Hochschullehrer zudem seine Studien und Forschung. So fährt er regelmäßig nach Südasien, um dort an Konferenzen teilzunehmen, Vorträge zu halten oder die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dortigen Universitäten zu pflegen. Für seine Habilitationsschrift zum bengalischen Sufismus, einer religiösen Strömung im Islam, hat Hans Harder längere Zeit in Bangladesh Feldforschung betrieben: "Das ist kein Gegensatz sondern eine Bereicherung. Unsere Disziplin sollte keine bloße Schreibtischwissenschaft sein, sondern Kontakt aufnehmen zu einem pulsierenden, sich dynamisch entwickelnden, quicklebendigen Kulturraum."
Sein Fach sieht Prof. Harder deshalb auch als Kommunikationsplattform zwischen den Kontinenten in einer globalisierten Welt.