Wie viel Geld steht den Studentinnen und Studenten in Heidelberg durchschnittlich im Monat zur Verfügung und aus welchen Quellen finanzieren sie ihr Studium? Welchen Betrag müssen sie für Miete ausgeben; und können sie sich ihre jeweils gewünschte Wohnform überhaupt leisten? Welche Meinungen und Einstellungen haben sie zu den Studiengebühren und deren Verwendung? Welche konkreten Auswirkungen der Studiengebühren lassen sich feststellen?
Diesen Fragen ist der Vertretungsprofessor Ivo Mossig vom Geographischen Institut der Uni Heidelberg im vergangenen Wintersemester gemeinsam mit Hochschülern eines Geländepraktikums mit dem Titel „Leben und Studieren in Heidelberg“ nachgegangen.Insgesamt wurden 2374 Studierende in Heidelberg befragt, wobei neben dem persönlichen Interview mit einem weitgehend standardisierten Fragebogen auch das neue methodische Instrument der Online-Befragung erprobt wurde. Über die hohe Auskunftsbereitschaft zeigte sich Prof. Mossig sehr erfreut: „Aufgrund der großen Stichprobe können wir nun repräsentative Ergebnisse zum Leben und Studieren in Heidelberg vorlegen.“
Demnach haben die Studierenden pro Monat im Schnitt 564,93 Euro zur Verfügung. Wohnen sie noch bei den Eltern, dann kommen sie mit durchschnittlich 323,31 Euro im Monat aus. Wer in einer eigenen Wohnung wohnt, hat hingegen im Mittel ein monatliches Budget in Höhe von 616,75 Euro. Die wichtigste Finanzierungsquelle sind die eigenen Eltern oder Verwandte: Immerhin 89,9 Prozent der befragten Personen erhalten Zuwendungen von den Eltern, die damit insgesamt 58,8 Prozent des monatlichen Gesamteinkommens aller Studierenden bestreiten.
Der eigene Verdienst ist für 61,4 Prozent der Heidelberger Studentinnen und Studenten die zweitwichtigste Finanzierungsquelle – er trägt mit 22,1 Prozent zum Gesamteinkommen bei. Nur wenige Studierende erhalten eine Förderung durch das BAföG (15,0 Prozent) geschweige dem ein Stipendium (6,1 Prozent). Im Zuge der Befragung konnte auch festgestellt werden, dass mit zunehmender Studiendauer die relative Bedeutung der Eltern als Finanzierungsquelle abnimmt und stattdessen der eigene Verdienst in den höheren Semestern immer wichtiger wird. Zudem bestehen erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen haben im Schnitt 50 Euro weniger pro Monat zur Verfügung als ihre männlichen Kommilitonen, was unter anderem daran liegt, dass sie im Mittel deutlich schlechter bezahlte Möglichkeiten zum Jobben haben.
Die Wohngemeinschaft ist als Wohnform unter den Heidelberger Studierenden am weitesten verbreitet: Knapp ein Drittel (32,8 Prozent) aller Befragten wohnt in einer WG; für 35,8 Prozent stellt sie zudem die gewünschte Wohnform dar. Noch häufiger wird von insgesamt 50,7 Prozent der Wunsch nach einer eigenen Wohnung geäußert. Jedoch nur 31,7 Prozent der Befragten leben derzeit in einer solchen; 17,7 Prozent der Befragten wohnen bei den Eltern oder Verwandten und 17,0 Prozent im Studentenwohnheim. Die letzteren beiden Wohnformen sind vergleichsweise unbeliebt – nur wenige Studierende wünschen sich, bei den Eltern/Verwandten (5,4 Prozent) oder im Wohnheim (7,3 Prozent) unterzukommen.
Zwischen den einzelnen Wohnformen gibt es erwartungsgemäß sehr große Unterschiede bezüglich der monatlichen Warmmiete. Insgesamt wenden die Heidelberger Studentinnen und Studenten, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, pro Monat im Schnitt 292,15 Euro für die Miete auf, was 47,4 Prozent des verfügbaren Budgets entspricht. Die eigene Wohnung allein (357,56 Euro) und die Wohnung mit dem Lebenspartner (347,76 Euro) sind die Wohnformen, für die im Mittel die höchsten Mieten gezahlt werden müssen. Die Diskrepanz zwischen dem häufig geäußerten Wunsch nach einer eigenen Wohnung und dem deutlich geringeren Anteil der Studierenden, der in einer solchen lebt, lässt sich entsprechend aus den hohen Mietkosten erklären. Die WG schlägt im Durchschnitt mit monatlich 283,12 Euro zu Buche. Deutlich günstiger wohnt es sich in einem Studentenwohnheim (205,55 Euro) oder bei einer Verbindung (163,65 Euro).
Die überwiegende Mehrheit (59,4 Prozent) der Heidelberger Studierenden sprach sich eher oder gar völlig gegen Studiengebühren aus. Demgegenüber befürworteten tendenziell 19,3 Prozent der Hochschüler die Gebühren und 21,3 Prozent äußerten sich unentschieden. Frauen lehnen die Gebühren deutlich häufiger ab als ihre männlichen Kommilitonen. Zudem ist die Zustimmung oder Ablehnung – kaum verwunderlich – an die Höhe der verfügbaren monatlichen Einkommen gekoppelt: je höher diese sind, desto höher auch der Anteil der Zustimmung.
Trotz der überwiegend ablehnenden Grundhaltung zeigt sich bei einzelnen Sachaspekten ein wesentlich differenzierteres Meinungsbild. So wurde der Aussage tendenziell etwas häufiger zugestimmt, dass die Gebühren sinnvoll und transparent eingesetzt würden. Besonders häufig wurde eine sinnvolle und transparente Verwendung der Studiengebühren von den Hochschülern der Biowissenschaften, der Philosophischen Fakultät, der Juristischen Fakultät, der Theologischen Fakultät und in der Chemie und den Geowissenschaften genannt. Weiterhin gab fast die Hälfte der Befragten an, sie wären durch die Studiengebühren motivierter, die Regelstudienzeit einzuhalten. Jedoch stimmten auch 53,2 Prozent der Befragten zumindest tendenziell der Aussage zu, dass sie sich durch die Studiengebühren zusätzlich unter Druck gesetzt fühlen.
Für die Heidelberger Hochschulen sehr erfreulich ist das Resultat, wenn danach gefragt wird, ob jemand gerne hier studiert: 85,4 Prozent antworteten tendenziell mit ja, davon vergaben 45,9 Prozent die beste Beurteilung „ja, sehr gerne“. 11,0 Prozent äußerten sich unentschieden und nur 3,6 Prozent gaben an, dass sie nicht gerne in Heidelberg studierten.
Kontakt:
PD Dr. Ivo Mossig
Justus-Liebig-Universität Gießen
Institut für Geographie
Senckenbergstr. 1, 35390 Gießen
Tel. 0641/9936247
E-Mail: ivo.mossig@geogr.uni-giessen.de
Siehe auch: „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Baden-Württemberg“ (pdf)