Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Turbo für die Datenautobahn

Schwarz, kastig und mehr als zwei Tonnen schwer – einen Schönheitswettbewerb würde er wohl nicht gewinnen. Das spielt allerdings auch keine Rolle, denn hier glänzen die inneren Werte: Der neue Supercomputer am Heidelberger Universitätsrechenzentrum (URZ) besteht aus zehn dicht gestaffelten Rechnereinheiten – so genannten „Blade-Centern“ – mit je 14 Rechenknoten.

Mit dieser Ausstattung ergatterte der Hochleistungscluster des Rechenzentrums Platz 403 unter den schnellsten Computern der Welt. Bekannt gab dies nun das „Top 500 Supercomputer“-Ranking, das unter http://top500.org halbjährlich die neuesten Bewertungen veröffentlicht.

Die Heidelberger Maschine ist Teil der bwGRiD-Initiative, einem baden-württembergischen Forschungsprojekt unter Federführung des Höchstleistungsrechenzentrums Stuttgart (HLRS). Finanziert wurde die Cluster-Hardware durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), anteilige Kosten für Personal und Infrastruktur übernimmt das Land Baden-Württemberg für vorerst fünf Jahre.

Am bwGRiD sind alle baden-württembergischen Universitäten beteiligt: Ziel ist es, gemeinsam ein regionales Hochleistungs-Rechnernetz (Grid) aufzubauen. „Hinter Grid-Computing steht die Idee, dass Rechner an verschiedenen Standorten miteinander verbunden werden und der Zugriff auf ihre Kapazitäten einzeln oder parallel möglich wird“, erklärt der Leiter des Uni-Rechenzentrums Michael Hebgen: „Da der Rechenaufwand in Wissenschaft und Forschung sich in schnellen Schritten potenziert, bildet die interaktive Vernetzung von Rechnerpotenzial einen entscheidenden Schritt in die Zukunft der Informationstechnologie.“

Aktuell ist der Heidelberger Supercomputer noch in der Testphase. Insgesamt sind 1120 Prozessoren auf 140 Rechenknoten für paralleles Rechnen verfügbar. Jeder der Knoten besitzt großzügige 16 Gigabyte Hauptspeicher und ist über gleich zwei Netzwerke – Infiniband und Gigabit-Ethernet – mit jedem anderen Knoten verbunden. Das leistungsstarke Infiniband-Netzwerk ist die teuerste Komponente im Cluster: Blitzschnell werden hierüber Zwischenergebnisse unter parallel am gleichen Auftrag arbeitenden Knoten ausgetauscht. Das Gigabit-Ethernet wird für die Administration des Clusters und für das Lesen und Schreiben von Dateien genutzt.

Schnelle(r) Rechner mit URZ-Chef Prof. (Mostar University) Michael Hebgen, links, und Dr. Torsten Rathmann.
Foto: URZ

Alle Standorte in Baden-Württemberg sind bereits mit zehn Gigabit miteinander vernetzt, und jeder der Cluster lässt sich ansprechen. Große Modellrechnungen, die einen einzelnen Computer weit überfordern würden, fallen heute in allen Bereichen der Wissenschaft an, in denen reale Situationen analysiert, simuliert und optimiert werden – wie etwa in der Klimasimulation, der Astrophysik oder den Biowissenschaften. Das bwGRiD soll es Wissenschaftlern künftig ermöglichen, ihren Rechenauftrag abzugeben, ohne selbst nach dem Rechenstandort suchen zu müssen, an dem der Auftrag abgewickelt werden kann.

Derzeit wird eine so genannte „Middleware“ entwickelt, die zwischen Betriebssystem und Anwendungsprogrammen interagiert und Anfragen automatisch an die richtige Maschine verteilt, auf der zum Beispiel die erforderliche Software für den Auftrag installiert ist. Die Middleware stellt die Neuerung zum deutschlandweiten D-Grid dar, bei dem sich die Teilnehmer noch selbst den oder die passenden Standortcluster für ihre Aufträge suchen müssen. Das bwGRiD ist als eigenes Netz innerhalb des D-Grid konzipiert. Es wird abgerundet durch eine verteilte Speicherlösung, die organisationsübergreifend verwaltet und genutzt werden kann.

Das stellt eine große Herausforderung dar, denn Zuverlässigkeit und Stabilität sind extrem wichtig, und das Zusammenwirken lokaler und zentraler Speicherkomponenten ist noch Neuland. Darüber hinaus wird eine Spezialisierung der einzelnen Clusterstandorte auf jeweils einen Themenbereich angestrebt. „Für das Universitätsrechenzentrum Heidelberg ist das Projekt ein Einstieg in das moderne Hochleistungsrechnen in Zusammenarbeit mit dem Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR)“, so Rolf Bogus, stellvertretender Leiter des URZ und Projektkoordinator für das Heidelberger bwGRiD-Cluster.

Das bwGRiD-Projekt hat besonders die jahrzehntelange, enge Zusammenarbeit des URZ mit dem Rechenzentrum der Universität Mannheim weiter gestärkt, wo ebenfalls ein bwGRiD-Cluster steht. Die beiden Mitarbeiter, die die Cluster in Heidelberg und Mannheim betreuen, arbeiten seit April im Austausch an beiden Standorten. Torsten Rathmann, zuständig für die Anwendungsbetreuung, beschreibt den Vorteil, neben seiner Arbeit am URZ auch tageweise in Mannheim tätig zu sein: „Das am einen Standort gewonnene Know-how kann am anderen Standort gleich wieder eingesetzt werden.“ Dies bestätigt sein Mannheimer Kollege Steffen Hau: „Ein Austausch zwischen zwei Rechenzentren ist immer vorteilhaft und erweitert den Horizont.“

Claudia Duwe

www.urz.uni-heidelberg.de/server/grid