Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Medizinstudium 2.0

Ist das eine Metastase? Wo befindet sich der Primärtumor? Gibt es weitere Auffälligkeiten bei diesem Patienten? In einem neuen und innovativen Kurs, der auf Wunsch zahlreicher Studierender konzipiert und eingerichtet wurde, lernen Heidelberger Mediziner höherer Semester, wie sie klinische Bilder von Patienten interpretieren und dabei ihre anatomischen Kenntnisse einsetzen. Unter kompetenter Anleitung erproben sie ihre diagnostischen Fähigkeiten an Röntgen- und Ultraschallbildern aber auch in der Computer-, Kernspin- oder der „Positronenemissionstomographie“.

Ein Teil der Studierenden kann dabei auf Erfahrungen aus den ersten Semestern zurückgreifen: Seit 2007 wird in Heidelberg – als Ergänzung zum traditionellen Präparierkurs – ein virtueller Anatomiekurs angeboten, da sich am Bildschirm Organe, Blutgefäße und Knochen zum Teil besser freilegen lassen als an Leichen. Dazu werden Computerprogramme benutzt, die Radiologen ursprünglich zur Vorbereitung schwieriger Operationen entwickelt haben.

„Der ständige Bezug zur Anatomie erleichtert die Orientierung auf radiologischen Bildern und die korrekte Identifizierung pathologischer Strukturen“, erklärt Dr. Frederik Giesel, Wissenschaftler der Abteilung Radiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Steht beim virtuellen Anatomiekurs aber noch die reine Anatomie im Vordergrund, so fokussiert der neue „Hands-On-Kurs“, der den Titel „Interdisziplinäre Radiologie - Befundung, Pathophysiologie und Virtuelle Anatomie“ trägt, auf die radiologische Diagnostik. Konzipiert wurde das neue Lehrangebot – auf Wunsch zahlreicher Studierender – von Dr. Frederik Giesel und cand. med. Fabian Rengier, beide Mitarbeiter der Abteilung Radiologie des Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg, in Zusammenarbeit mit Prof. Joachim Kirsch, Leiter des Instituts für Anatomie und Zellbiologie, und Prof. Hans-Ulrich Kauczor, Leiter der Abteilung Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Uniklinikums.
Wichtiges Lehrmittel für Mediziner: bestechend scharfe CT-Bilder in drei Dimensionen. Hier zeigen sie eine Metastase in der Leber.
Repro: DKFZ

In jedem der Seminare werden zwei häufige Krankheitsbilder präsentiert. Die radiologischen Original-Bilddatensätze zu diesen Fällen werden von den Teilnehmern zunächst selbstständig mittels einer speziellen Software interaktiv betrachtet und beurteilt. Anatomische und radiologisch-pathologische Checklisten geben Anhaltspunkte, was die Teilnehmer erkennen oder auch ausschließen sollen. Die Software bietet außerdem die Möglichkeit der dreidimensionalen Bildnachbearbeitung, die im klinischen Alltag immer häufiger eingesetzt wird. Erfahrene Dozenten besprechen dann die Befunde und Diagnosen. „Für die Studenten ist es wichtig, dass sie direkt Rückmeldung zu den selbstständig erarbeiteten Befunden erhalten“, unterstreicht Fabian Rengier. „Ein reines E-Learning-Angebot könnte diesen Kurs nicht ersetzen.“

Schon während des ersten Durchlaufs im vergangenen Sommersemester besuchten etwa 30 Studierende den Kurs; im aktuellen Sommersemester stehen bereits 80 Plätze zur Verfügung. Das neue Angebot hat bei den angehenden Medizinern offensichtlich einen hervorragenden Eindruck hinterlassen: „Die Rückmeldungen waren überwältigend. Die Studierenden haben immer wieder betont, wie sehr ihnen das hohe Maß an Interaktivität und selbstständiger Erarbeitung der Fälle gefallen hat“, resümierten die Kursleiter.

Kontakt:

Dr. Frederik Giesel
Deutsches Krebsforschungszentrum, Abteilung Radiologie
Im Neuenheimer Feld 280, 69120 Heidelberg
Tel. 0 62 21/56-39 461
E-Mail: f.giesel@dkfz.de

Weitere Infos:

www.klinikum.uni-heidelberg.de/Diagnostische-und-Interventionelle-Radiologie.106716.0.html

www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de/Institut-fuer-Anatomie-und-Zellbiologie.102626.0.html

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; und die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7000 Mitarbeiter – in mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1600 Betten werden jährlich rund 500 000 Patienten ambulant wie stationär behandelt. Derzeit studieren rund 3100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.