Von Oliver Fink (Text und Foto)
Wenn Jürgen Schaffner-Bielich, seit kurzem Professor für Theoretische Physik an der Universität Heidelberg, auf seine Forschungsinteressen zu sprechen kommt, ist er zum einen schnell an der Tafel, zum anderen versteht er es, mit hübschen Vergleichen aus dem Alltagsleben auch einem Nicht-Physiker auf anschauliche Weise die komplexe Materie nahezubringen.
Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Materie ist nicht nur komplex, sie ist überhaupt einer der Hauptgegenstände, mit denen sich der neue Physikprofessor beschäftigt; genauer: „Was ich mir anschaue, ist Materie unter extremen Bedingungen, und zwar unter so extremen Bedingungen, unter denen sie sich in ihre Einzelbestandteile auflöst.“ Dann werden Quarks freigesetzt.Und da lassen sich spannende Beobachtungen machen, gerade bei Phasenübergängen – „so wie man das beispielsweise ja auch vom Kochen her kennt: fest, flüssig, gasförmig.“ Gerade hat Schaffner-Bielich zusammen mit einer Gruppe um Matthias Liebendörfer (Universität Basel) Simulationsrechnungen zum Phasenübergang bei der Supernova gemacht, also der Explosion eines Sterns am Ende seiner Lebenszeit. Das Sensationelle sei gewesen, dass die Bildung von Quarkmaterie eine Supernova erfolgreich auf dem Computer explodieren lässt, was man bis vor kurzem gar nicht oder nur sehr schwer mit konventionellen Ansätzen hinbekommen habe.
Experimentell werden Untersuchungen zur Materie vor allem auch mithilfe von Schwerionenkollisionen durchgeführt wie beispielsweise am LHC in Genf. Oder aber auch bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt. Am dortigen Teilchenbeschleuniger-Projekt FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) ist Schaffner-Bielich beteiligt.
Die Erkenntnisse, die man sich von solcher Grundlagenforschung erhofft, sind fundamentaler Natur: Einblicke in die Struktur der Materie und die Evolution des Universums sollen sie ermöglichen. Und das steht auch auf dem Programm der im Zuge der Exzellenzinitiative bewilligten Heidelberger Graduiertenschule „Fundamental Physics“, an der Schaffner-Bielich mitwirkt. Die Ausbildungsbedingungen für Doktoranden dort nennt er „phantastisch“ – so etwas habe es zu seiner Zeit „leider nicht gegeben“. Alles sei extrem gut durchorganisiert. Es gebe ein hochattraktives Begleitprogramm wie Graduiertentage oder Workshops. Hervorzuheben seien insbesondere auch die Vermittlung von soft skills und transferable skills wie Präsentation, Zeitmanagement und ähnliches. Selbst in den USA, in denen er viele Jahre an verschiedenen Universitäten geforscht hat, hätte er solch hervorragende Bedingungen für Doktoranden nicht erlebt.
Und wie ist eigentlich Jürgen Schaffner-Bielich, der an der Universität Frankfurt promoviert wurde und sich dort auch habilitiert hat, zur Physik gekommen? Die Entscheidung für das Studium stand für ihn frühzeitig fest. Bereits in der Schule gehörten Physik und Mathematik zu seinen Lieblingsfächern. Und in seiner Freizeit hat er sich, wie er berichtet, begeistert durch die Science Fiction-Literatur gelesen. Erst standen die Perry Rhodan-Hefte auf dem Programm, später kamen Klassiker wie etwa der deutsche „Zukunftsroman-Pionier“ Hans Dominik oder Isaac Asimov mit seiner berühmten Foundation-Trilogie dazu. Genießen kann er diese Geschichten auch heute noch, wenn auch gerade die Zeit neben der Wissenschaft etwas knapp bemessen ist. Die verbringt der zweifache Vater am liebsten mit seiner Familie. Und manchmal reicht es noch zum Karate-Sport.