Von Magdalena Tonner (Text und Foto)
Eine Palme begrünt sein Büro. Das ist aber schon alles, was an seinen bisherigen Arbeitsplatz erinnert – Kalifornien. Seit dem vergangenen Wintersemester ist Professor Michael Gertz am Institut für Informatik der Universität Heidelberg. „Die Informatik in Heidelberg ist zwar, im Vergleich zu München oder Karlsruhe, eher klein. Aber das hier“, und er deutet mit einer Handbewegung über das Neuenheimer Feld, „ist ein ideales Spielfeld!“
Geologen, Geographen, Mediziner, Computerlinguisten, Physiker – alles in der Nachbarschaft zu seinem Büro produziert Unmengen an Daten, die er mit seinen Studenten zusammentragen und aufbereiten helfen möchte. Denn wenn Wissenschaftler bis zu 80 Prozent ihrer Zeit mit dem Aufstöbern, Anfragen, ins richtige Format bringen und Zusammenführen der für sie relevanten Daten um die Ohren haben, dann will Gertz da Abhilfe schaffen.„Wenn die Studenten sehen, wie man die Wissenschaftler durch unsere Problemlösungen glücklich machen kann, dann motiviert auch die das wieder.“ Gertz ist ein aufgeschlossener Anpacker, der neugierig auf immer neue Probleme und ihre Lösungen ist. Führen ihn Projekte in komplexe Bereiche wie die Kosmologie oder die Klimaforschung, hindert ihn kein falscher Stolz, sich selbst in die Vorlesungen der Kollegen zu setzen, um die Grundlagen des Forschungsbereichs zu verstehen.
Denn allein damit, die Datenpakete zu verwalten, die Satelliten, Sensoren oder Bojen sekündlich senden, ist es oft nicht getan. Man muss schon verstehen, was hinter den Daten steckt, um sie zum Beispiel übers Internet in einer Karte sinnvoll abrufbar machen zu können.
1965 in Wuppertal geboren, studierte Gertz von 1986 bis 1991 während der „Sturm und Drang“-Phase in Dortmund Informatik und wurde 1996 in Hannover promoviert. Das Fach war damals in etwa so angesagt wie heutzutage „Pop-Star“ zu werden. Tausende strömten in die Unis, aber wirklich zu Ende brachten es nur wenige der Computer-Freaks, denn dass Informatik mehr war, als Spiele zu programmieren, hatten viele nicht bedacht. „Der Theorie fehlte die Praxis. Mathematik muss man nicht lieben, aber doch mögen, denn sie ist äußerst nützlich“, so Gertz – und gibt auch gleich ein Beispiel wofür: „Navigationsgeräte – die stecken voller Algorithmen!“
Mit zwölf Jahren bekam Michael Gertz seinen ersten Computer; und er lächelt in Erinnerung an dieses Uraltmodell, das damals der letzte Schrei der Technik war. Lösungen für selbstgestellte Probleme zu finden faszinierte ihn schon damals – und so ließ der Zwölfjährige auch nicht locker, bis „Schiffe versenken“ adäquat in Programmiercode umgesetzt war.
Um sich vorzustellen, mit welchen Datenmengen Gertz jedoch heute jongliert, würde noch nicht einmal der Vergleich einer einzelnen Ameise zur Anzahl des gesamten Ameisenstaats ausreichen. Tera-Byte (eine Eins mit zwölf Nullen), wenn nicht sogar Peta-Byte (eine Eins mit 15 Nullen) an Daten führte Gertz in einem Klimaforschungsprojekt in Nord-Kalifornien täglich zusammen.
Gerade das Interesse der Industrie war es, das Gertz nach seiner Promotion in die USA lockte. Während in Deutschland niemand etwas von seinem Forschungsbereich wissen wollte, rannten ihm in Kalifornien die Firmen die Türe ein. Seitdem die „Dotcom-Blase“ jedoch geplatzt ist, glänzt auch im „Golden State“ der USA nicht mehr alles. Was mit ein Grund war, warum Gertz mit seiner Frau und seinen beiden Kindern nach elf Jahren wieder zurück nach Deutschland kam.
Im Vordergrund stand für ihn aber im Hinblick auf seine Familie die immer noch hervorragende Schulausbildung hierzulande. Heidelberg böte sich da geradezu an, habe die Stadt doch alles, was er vermisste: vielfältige Kulturangebote, eine herrliche Umgebung und eine breit gefächerte Volluniversität mit Stoff für viele neue Projekte.