Von Alexander Werschak (Text und Foto)
So schön kann Studieren sein. Für viele Heidelberger Hochschüler gehört die Marstall-Party genauso fest auf den Stundenplan wie das nächste Hauptseminar. Wo sonst kann man öde Tage in der Bibliothek, schwer verdauliche Vorlesungen oder missglückte Prüfungen besser vergessen.
Ob Ärger wegen der Auswirkungen der Bologna-Reform oder der faden Spaghetti Bolognese ein paar Stunden zuvor – im Marstallhof mitten im Zentrum der Heidelberger Altstadt löst sich immer wieder am Samstagabend alles blitzschnell in partyberauschtem Wohlgefallen auf. Und das bereits seit über 15 Jahren, denn so lange gibt es die Marstall-Party im „Haus der Studierenden“ mittlerweile schon.Den Ausdruck legendär darf man also ruhig verwenden, schließlich haben ganze Generationen von angehenden Akademikern hier ihr Hirn ausruhen lassen. Fünf bis sechs Mal im Jahr wird der Sandsteinbau am Samstag zwischen 22 und 3 Uhr zur Hochschul-Party-Meile – das nächste Fest ist am 10. April zum Auftakt der Vorlesungszeit des Sommersemesters.
Das Konzept der Partys ist ebenso genial einfach wie erfolgreich: Für drei Euro Eintritt, die sich selbst dem dürrsten studentischen Geldbeutel entlocken lassen, öffnet sich die Tür, die von aufgeräumten Security-Leuten bewacht wird. (Früh zu kommen empfiehlt sich wegen des großen Andrangs!) Im Obergeschoss gibt’s eine kostenlose Garderobe und im ersten Stock, der üblicherweise als Lesecafé des Studihauses dient, eine Cocktail-Bar: Hier kann man in den Sitzgrüppchen ausruhen, quatschen oder den Flirt vertiefen, der sich im Parterre zuvor angebahnt hat.
Dort nämlich, im Marstallcafé, ist die eigentliche Disco. Wer nur ein kleines bisschen Abkühlung vom brodelnden Hexenkessel braucht, kann sich das Treiben auch von der Galerie aus besehen, denn unten auf der Tanzfläche darf man Körperkontakt nicht scheuen. Den allerdings suchen die feierfreudigen Studierenden durchaus – so manche Hochschulbeziehung dürfte auf dem Marstall-Tanzboden ihren Anfang genommen haben.
Wer ein wenig schwerer in Stimmung kommt, freut sich da gewiss über die Mensa-günstigen Getränkepreise, die zumindest beim Blick ins Portemonnaie anderntags keine Katerstimmung aufkommen lassen. Hinter der Theke arbeiten übrigens ebenfalls Studierende – eine 16-köpfige Crew kümmert sich darum, dass die Party steigen kann.
Ihre Popularität – gerade auch bei ausländischen Jungakademikern – verdankt die Marstall-Disco aber nicht zuletzt den DJs Crool und Pendecho, die mit aktuellen Charts wie klassischen Party-Krachern stets den Tanz-Nerv ihres Publikums treffen, das in schwofiges Licht getaucht wird. Und die auch Wünsche der Feiernden entgegennehmen: Spätestens wenn bis 1 Uhr nicht „The Time of My Life“ gespielt wurde, kann man sicher sein, recken sich die ersten Köpfe dem DJ-Pult entgegen.