Von Oliver Fink
Grenzüberschreitungen sind ein großes Thema im Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“. Im Mittelpunkt steht der Austausch – etwa von kulturellen Formen – zwischen beiden Kontinenten. Im Bereich der Kunstgeschichte lehrt und forscht dazu Prof. Monica Juneja (Foto: privat). Grenzüberschreitungen gehören bei ihr zum Alltag – und das nicht nur im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Arbeit.
„Ich habe eine richtig transkulturelle, transnationale Biographie“, erzählt sie mit einem Lächeln. Geboren in Kairo, ging Monica Juneja zunächst in Indien, dann in Italien zur Schule, wo sie auch ihr Abitur ablegte. Das Studium absolvierte sie an der Universität Delhi. Promoviert wiederum wurde sie an der Pariser École des Hautes Études en Sciences Sociales.Am dortigen Goethe-Institut machte Monica Juneja dann auch ihre erste Bekanntschaft mit der deutschen Sprache („Ich wollte die deutschen Kunsthistoriker im Original lesen“), die sie kurze Zeit später in einem Intensivkurs in Boppard am Rhein vertiefte und noch ein wenig später durch die Heirat mit einem Deutschen gewissermaßen privatisierte. Ihre Postdoc-Zeit verbrachte sie erneut an der Universität Delhi, zuletzt als Professorin.
Forschungsaufenthalte führten sie in der Folgezeit nach Halle, Bielefeld und Wien. Nach einer Professur an der Emory University im US-amerikanischen Atlanta ist Monica Juneja nun in Heidelberg angekommen – am hiesigen Karl Jaspers Centre for Advanced Transcultural Studies.
Um Phänomene wie Austausch, Begegnung, Verflechtung geht es ihr in ihrer wissenschaftlichen Arbeit vor allem – so beispielsweise bei der Beschäftigung mit indischen Künstlern, die sich mit christlicher Ikonographie auseinandersetzen. Aber auch um parallele Entwicklungen und Strukturen in unterschiedlichen Kulturen, die sich scheinbar ohne direkten Kontakt ergeben, wie etwa das religiöse Bilderverbot.
„Den Begriff des kunstgeschichtlichen Einflusses mag ich gar nicht“, erklärt die Wissenschaftlerin resolut, denn der setze eine starre Konstellation – mit einer aktiven und einer passiven Seite – voraus, die es so nicht gebe. „Reine Kulturen“, in der traditionellen Kunstgeschichtsschreibung oft als nationalstaatliche Einheiten beschrieben, kennt Monica Juneja nicht. „Ich verwende stattdessen den Begriff der Kontaktzone, die sich immer verschiebt und durchlässigere Grenzen hat, je nach historischen Umständen und Inhalten.“
Beim Auseinandernehmen und Untersuchen solch komplexer Beziehungsgeflechte erweist sich der Exzellenzcluster „Asia and Europe“ als ideale Arbeitsumgebung. „Starke Regionalstudien hat die Universität Heidelberg ja schon immer gehabt“, sagt die Kunsthistorikerin. „Aber hier im intensiven Dialog begegnen sich diese Fächer nun auf Augenhöhe und prüfen ihre Anschlussfähigkeit. Und das ist fruchtbar und wird neue Maßstäbe setzen“, ist Monica Juneja überzeugt. In der Voßstraße 2, wo der interdisziplinäre Forschungsverbund seinen Sitz hat, sind daher auch im buchstäblich räumlichen Sinne die Wege kurz zu Kollegen aus den benachbarten Disziplinen.
Und Heidelberg als Lebensraum? Zwar war ihr schon als Mädchen die Stadt als Ort einer Universität vage ein Begriff, erzählt sie. So richtig plastisch wurde ihr Bild aber erst, als sie als Jugendliche mit großer Begeisterung die Autobiographie „Of Human Bondage“ des englischen Romanciers Somerset Maugham las, der dort seine Heidelberger Studentenzeit ausführlich schildert.
Jetzt kann sich Monica Juneja selbst ein Bild von dieser Stadt machen. Und scheint dabei manchmal sogar auf den Spuren Mark Twains zu wandeln, der seinen ethnographischen Blick auf Heidelberg (und Deutschland im Allgemeinen) immer wieder mit witziger Sprachkritik verband. „Ich liebe die deutsche Sprache auch deswegen so sehr“, sagt Monica Juneja noch zum Abschluss des Gesprächs mit ironischem Augenzwinkern, „weil sie so wunderbare Wörter schafft wie Orchideenfach.“
Zwar sind Orchideen ja sehr hübsche Pflanzen, in der so formulierten Charakterisierung kleiner Fächer schwingt aber bekanntlich die Zuschreibung des Weltfremden mit. Auf die transkulturellen und transnationalen Forschungen am Jaspers Centre, an denen ebenfalls kleine Fächer beteiligt sind, trifft allerdings genau das Gegenteil zu.