Vorlesungen, Seminare, Kurse, Hausarbeiten und Klausuren, lange Tage in der Bibliothek, am Schreibtisch oder im Labor, und dazu der Nebenjob: Nicht selten führt der dichtgedrängte Semesterkalender dazu, dass manches in der Hochschulstadt an den universitären Mauern vorbeizuziehen scheint. Einige der prägnantesten Ereignisse des vergangenen Jahres in Heidelberg, von denen auch die Ruperto Carola berührt wurde und wird, hat Mirjam Mohr hier zusammengestellt:
Fast alle Heidelberger leben einer Umfrage zufolge gerne in ihrer Stadt. Bei der am 15. März veröffentlichten „Heidelberg-Studie“ geben 60 Prozent der Bürger an, dass sie sich „sehr wohl“ fühlen; 36 Prozent wählen die Kategorie „eher wohl“. Als Probleme werden neben den Verkehrsverhältnissen vorrangig Baumaßnahmen angeführt, wobei die Bürger vor allem den Neckarufertunnel fürchten, den die Stadt ursprünglich ab 2013 bauen wollte – eine Realisierung des Projekts ist zwischenzeitig eher unwahrscheinlich geworden.Ab 1. September 2011 haben das Theater und das Philharmonische Orchester der Stadt Heidelberg einen neuen Intendanten. Am 12. April unterzeichnete Holger Schultze (Foto: Dorn), der seit 2005 Intendant des Theaters Osnabrück ist, einen zunächst bis zum 31. August 2016 laufenden Vertrag mit der Stadt. Bei seinem Amtsantritt wird Schultze noch für ein Jahr das Programm in den Interims-Spielstätten Theaterkino und Opernzelt gestalten; im Herbst 2012 soll er dann das sanierte und um einen Zuschauersaal erweiterte Theater eröffnen. Schultze tritt die Nachfolge von Peter Spuhler an, der als Generalintendant an das Badische Staatstheater Karlsruhe wechselt.
Bernhard Schlink (Foto: Isolde Ohlbaum), der Autor des international erfolgreichen Romans „Der Vorleser“, übernahm die Poetik-Dozentur 2010 der Universität Heidelberg. Das Veranstaltungsprogramm mit dem Titel „Gedanken über das Schreiben“ umfasste vom 27. Mai bis 11. Juni drei öffentliche Vorträge, ein Filmgespräch sowie eine Lesung aus Schlinks aktuellem Buch „Sommerlügen“. Daneben war der in Heidelberg aufgewachsene Autor, der an der Ruperto Carola Jura studierte, Gesprächspartner in einem Hauptseminar am Germanistischen Seminar zum „Diskurs des Holocaust in der gegenwärtigen Literatur“. Die Poetik-Dozentur startete 1993 mit Martin Walser.
Am 10. Juni legt die Theater- und Orchesterstiftung Heidelberg den Grundstein für das neue Heidelberger Theater (Foto: Rothe). In das größte städtische Hochbauprojekt fließen mehr als 16 Millionen Euro an Spenden; insgesamt sind Kosten in Höhe von 53 Millionen Euro veranschlagt. Bis März 2011 sollen 5000 Kubikmeter Beton, 1000 Tonnen Stahl und mehr als 500 Fassadenteile verbaut werden, danach folgen die Installationen und Ausbauarbeiten. Im Frühjahr 2012 wollen die Theatermacher allmählich an ihren angestammten Platz zurückkehren, für Herbst 2012 ist die Wiedereröffnung geplant. Das Theater wird seit September 2009 saniert und baulich erweitert.
Nach vier Jahren Umbauarbeiten kann am 10. Juli der neu gestaltete Friedrich-Ebert-Platz mit einem Sommerfest eingeweiht werden (Repro: Stadt Heidelberg). Der Platz war der letzte der Heidelberger Altstadtplätze, der zum Parken genutzt wurde; jetzt können dort 256 Autos auf drei Ebenen einer Tiefgarage abgestellt werden. Der Wegfall der früheren Kolonnaden im Zuge der Neugestaltung war in der Stadt umstritten gewesen. Heute erinnert am nördlichen Eingang zur Tiefgarage ein in Beton gegossenes Bildnis an den Namenspatron: den ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik und gebürtigen Heidelberger Friedrich Ebert (1871 bis 1925).
Der Autor Sven Hillenkamp (Foto: Marijan Murat) bekommt am 20. Juli für seinen Essay „Das Ende der Liebe. Gefühle im Zeitalter unendlicher Freiheit“ den mit 10 000 Euro dotierten Clemens-Brentano-Förderpreis der Stadt Heidelberg verliehen. Der 1971 geborene Hillenkamp war zunächst Redakteur bei der „Zeit“ und lebt heute als freier Autor in Berlin und Stockholm. Der Preis wird seit 1993 jährlich im Wechsel in den Sparten Erzählung, Essay, Roman und Lyrik an deutschsprachige Autoren vergeben, die mit ihren Erstlingswerken bereits Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. In der Jury sitzen neben professionellen Literaturkritikern auch Germanistik-Studierende der Ruperto Carola.
Im neuen Heidelberger Wohn- und Forschungsstadtteil Bahnstadt, der auf dem ehemaligen Rangier- und Güterbahnhof zwischen Weststadt, Bergheim und Pfaffengrund entsteht und eine Gesamtfläche von 116 Hektar hat, beginnt am 22. Juli der Bau der ersten Wohnhäuser auf den „Schwetzinger Terrassen“ (Foto: Rothe). Dereinst sollen in der Bahnstadt im dann weltweit größten Stadtteil mit energiearmen Passivhäusern 5000 Menschen wohnen und 7000 Menschen einen Arbeitsplatz finden. Auf dem „Campus II“ des neuen Stadtteils will man außerdem Raum schaffen für zukunftsweisende Forschungseinrichtungen, wissenschaftsnahe Unternehmen und einen Technologiepark.
Das Aus für die geplante Erweiterung der Stadthalle Heidelberg (Repro: Stadt Heidelberg): Bei einem Bürgerentscheid am 25. Juli stimmt eine Mehrheit von 67,1 Prozent gegen einen Ausbau der historischen Stadthalle zu einem Kongress- und Kulturzentrum. Die Wahlbeteiligung liegt bei 38,9 Prozent. Im April 2008 hatte der Gemeinderat entschieden, an dem Altstadt-Standort ein Konferenzzentrum zu errichten, nachdem es zuvor nicht gelungen war, eine tragfähige Lösung für ein solches Zentrum am Bahnhof zu finden. Zwei Jahre später, im April 2010, hatten mehr als 18 000 Heidelberger in einem Bürgerbegehren gefordert, mit einem Bürgerentscheid über die Erweiterung abzustimmen.