In der Jury-Begründung heißt es: „Wolfgang Herrndorf gelingt mit ‚Tschick‘ eine anrührende Geschichte zweier Halbwüchsiger, die sie als zwei moderne Taugenichtse in die bundesdeutsche weite Welt schickt. Sie begeben sich auf eine hochkomische Tour durch die deutsche Provinz. Herrndorfs Sprache nimmt den Jugend-Slang auf und verwandelt sich in bleibende Literatur.“
Kathrin Passig konstatierte bei der Preisverleihung: „Dass Wolfgang Herrndorf diesen Preis verdient, war eigentlich schon 2006 klar.“ Damals, so die Autorin, veranstaltete die Zentrale Intelligenz Agentur im Zuge ihrer Weiterbildungsreihe „Berlin Bunny Lectures“ einen kontrollierten Versuch, mit dem die Frage „Wer ist eigentlich der beste Autor?“ endgültig beantwortet werden sollte. Verschiedene Autoren seien in den entscheidenden Disziplinen „Metaphern-Jeopardy“, „Romananfänge“, „Berufsangemessene Kleidung“, „Protagonistennamen“ und „Lyrisches Schaffen“ gegeneinander angetreten. Wolfgang Herrndorf habe sich dabei unter anderem gegen Joachim Lottmann und Jens Friebe durchsetzen können und dürfe sich seither „Bester Autor von allen“ nennen. Passig: „Ich freue mich, dass sich die Stadt Heidelberg diesem Urteil anschließt.“
Bürgermeister Joachim Gerner unterstrich bei der Verleihung die Bedeutung des Heidelberger Literaturförderpreises, dessen Besonderheit die Zusammensetzung der Jury sei: Deutschlandweit einmalig stehen professionelle Literaturkritikerinnen und -kritiker in konstruktivem Austausch mit Studentinnen und Studenten des Germanistischen Seminars der Universität. Das, so Gerner, hebe den Preis aus der Flut der Literaturpreise heraus.
Für die studentischen Mitglieder der Jury sprach Annika Helena Siewke vom „existenziellen Trost“, den Herrndorfs Roman im Stande sei zu spenden. Siewke: „Wie tröstlich es ist, zu lesen, dass unsere Welt – ob verkörpert durch gesellschaftliche Randfiguren oder gezeigt an brach liegenden, vergessenen Landstrichen – dass also diese unsere Welt so schlecht gar nicht ist.“
Wolfgang Herrndorf, geboren 1965 in Hamburg, studierte Malerei in Nürnberg. Er arbeitete als Illustrator beim Haffmanns Verlag und für die Zeitschrift „Titanic“. 2002 veröffentlichte er seinen Debütroman „In Plüschgewittern“ (Zweitausendeins), 2007 folgte der Erzählband „Diesseits des Van-Allen-Gürtels“ (Eichborn Verlag). Von Wolfgang Herrndorf, der bei der Preisverleihung nicht anwesend sein konnte, wurde die Filmsequenz einer Lesung aus dem Roten Salon der Berliner Volksbühne vom November 2010 eingespielt.
Der Clemens Brentano Preis der Stadt Heidelberg wird seit 1993 jährlich im Wechsel in den Sparten Erzählung, Essay, Roman und Lyrik an deutschsprachige Autorinnen und Autoren vergeben, die mit ihren Erstlingswerken bereits die Aufmerksamkeit der Kritik und des Lesepublikums auf sich gelenkt haben. Der Preis ist deutschlandweit einmalig, da die Jury sowohl mit professionellen Kritikern als auch mit Studierenden des Germanistischen Seminars der Universität Heidelberg besetzt ist. Die bisherigen Preisträger sind Sven Hillenkamp, Andreas Stichmann, Felicia Zeller, Ann Cotten, Clemens Meyer, Stefan Weidner, Anna Katharina Hahn, Raphael Urweider, Andreas Maier, Doron Rabinovici, Sabine Peters, Hendrik Rost, Oswald Egger, Norbert Niemann, Benjamin Korn, Daniel Zahno, Jörg Schieke, Barbara Köhler, Gabriele Kögl und Günter Coufal. Der Jury gehörten in diesem Jahr die Literaturkritiker Ursula März (Berlin) und Marius Meller (Berlin), der Schriftsteller Burkhard Spinnen (Münster), die Hochschüler Scarlett Meyer, Annika Helena Siewke und Julian Klevesath sowie als Leiter und Moderator Uwe Kossack (Literatur-Redakteur, SWR Baden-Baden) an.