Die Berliner Sing-Akademie muss als Eigentümerin des vom Maxim-Gorki-Theater genutzten Gebäudes in Berlin ins Grundbuch eingetragen werden. So titelt „Die Welt“ wenige Stunden nach dem Spruch des V. Senats des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe.
Nach der etwa einstündigen Führung durchs Haus ist die Gruppe Heidelberger DAAD-Stipendiaten in den Sitzungssaal zurückgekehrt, um die Verkündung des Urteils in der Sache Singakademie gegen das Land Berlin zu verfolgen. Die vier angehenden Professoren aus Chile, Italien, Griechenland und der Türkei nicken ein paar Mal bei den Ausführungen der Vorsitzenden Richterin. Nachher wird dann mit den Anwälten diskutiert: Über den Fall, der ja ein sehr deutscher Fall ist – es geht um die russische Besatzung, die DDR, die Teilung und Wiedervereinigung – aber auch über Rechtsprechung in Deutschland an sich; und über die Rolle des Bundesgerichtshofs bei dieser Rechtsprechung.
Alle haben sich heute früh auf den Weg gemacht, um die Revisionsverhandlung vor dem höchsten deutschen Zivilgericht zu verfolgen. Ein durchaus spannender Fall, zumal wenn man auf Prozessrecht spezialisiert ist wie zwei der Professoren der Gruppe. Und auch ein Hochschullehrer hat nicht jeden Tag die Gelegenheit, eine solche Verhandlung selbst mitzuerleben. So ist der Ausflug nach Karlsruhe – im Jahr zuvor war die Gruppe beim Bundesverfassungsgericht – einer der Höhepunkte des Programms, das seit drei Jahren jeweils fünf hoch qualifizierte Nachwuchswissenschaftler mit einem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) finanzierten Stipendium für drei Monate an die Juristenfakultät der Ruperto Carola führt. Das Programm soll die Verbindungen der Wissenschaftler mit Deutschland verbessern – alle Veranstaltungen finden deswegen auf Deutsch statt, und es gibt Abendessen, bei denen wichtige Heidelberger Rechtswissenschaftler zu Gast sind.
„Das Einmalige an Heidelberg ist ja, dass man hier mit Wissenschaftlern Kontakte knüpfen kann, die bei uns Legende sind“, sagt Elena D‘Alessandro aus Italien, letztjährige Stipendiatin des Programms. „Und natürlich die guten Bibliotheken hier.“ Aber es geht bei dem Programm nicht nur darum, den Wissenschaftlern eine intensive und ungestörte Forschung zu ermöglichen, sie sollen auch Erfahrungen im deutschen Lehrbetrieb sammeln. So bietet jeder auf einem Gebiet, das ihn besonders interessiert, ein Seminar für Studierende an. Und das ist nicht nur für die jungen Akademikerinnen und Akademiker bereichernd sondern auch für die Dozenten selbst. „Durch das Seminar hatte ich die Gelegenheit, die deutsche Universitätslandschaft wirklich von innen kennenzulernen; das finde ich sehr gut, das macht das Programm für mich besonders“, so Georgios Matsos aus Griechenland.
Bevor die Gruppe in Karlsruhe den Sitzungssaal verlässt, zückt einer der Stipendiaten das Mobiltelefon. Hinter dem Richterpult sitzt auf einem Sockel ein Bundesadler des Künstlers Markus Lüpertz. Sofort kommt die Saaldame: „Bitte keine Fotos in den Innenräumen!“ So muss die Gruppe ohne Bild des deutschen Nationalsymbols zurück nach Heidelberg fahren. Nein, stimmt nicht, ein Erinnerungsfoto mit Adler gibt es dann doch noch: Vor dem Gebäude darf fotografiert werden.