Von Tina Schäfer
Wichtige Aufgaben in Lehre und Forschung erfüllen die Sammlungen an der Universität Heidelberg mit ihren wertvollen und zum Teil außergewöhnlichen Beständen. So wie die Papyrussammlung, die seit 1897 existiert – zunächst als Unterabteilung der Universitätsbibliothek, ab 1980 als eigenständige Institution. Seit dem Jahr 1999 wird die Papyrus-Sammlung digitalisiert und durch elektronische Kataloge erschlossen.
Die Sammlung Papyri, Pergamente und sogenannte Hadernpapiere aus Ägypten beherbergt die Papyrussammlung, vorrangig aus einem Entstehungszeitraum von 600 vor bis 720 nach Christus, außerdem das „Michaelbuch“. Die Texte reichen von literarischen Werken über offizielle Dokumente bis zu Zeugnissen der Alltagskultur und befassen sich mit allen Aspekten des Lebens der griechisch-römischen Antike. Gesetzestexte und Gerichtsurteile, Verträge und Rechnungen sind ebenso vertreten wie private Briefe und Notizen oder auch Kochrezepte. Einen weiteren Teil der Sammlung machen die Ostraka aus: Bruchstücke von Tongefäßen, die mit kurzen Texten beschriftet wurden wie beispielsweise Steuerquittungen.„Unsere Sammlung ist die zweitgrößte ihrer Art in ganz Deutschland, im Hinblick auf die Bestände arabischer Papyri sogar die zweitgrößte weltweit außerhalb Ägyptens“, erklärt Prof. Dr. Andrea Jördens, Direktorin des Instituts für Papyrologie und Leiterin der Sammlung. Die Mehrzahl der Schriftstücke sei in griechischer, arabischer und koptischer Sprache abgefasst, darüber hinaus seien auch Texte auf Aramäisch, Hebräisch, Latein und Syrisch sowie in hieratischer und demotischer Schrift vertreten.
Mit dem „Michaelbuch“ besitzt die Sammlung zudem ein einzigartiges Zauberbuch aus dem zehnten Jahrhundert nach Christus. Das 16-seitige Buch in koptischer Sprache enthält einen Lobpreis auf den Erzengel Michael und christliche Mächte und es thematisiert die Möglichkeiten, deren Wirksamkeit nutzbar zu machen. Dazu werden 21 Rezepte aufgelistet gegen verschiedene Leiden und Übel wie Krankheit, Missgunst, Ehebruch und Türzauber sowie Opfer, die zu deren Abwehr gebracht werden können. Das Pergament war ursprünglich mit liturgischen Texten beschrieben, die dann entfernt und überschrieben wurden. Neben den magischen Texten zeigt eine Seite auch eine großflächige bildliche Darstellung des Erzengels Michael (Foto: Universität).
Interessant ist das Zauberbuch gerade auch wegen seiner Sammlungsgeschichte: Bereits in den 1930er-Jahren befand es sich in den Heidelberger Beständen, seit 1945 war sein Verbleib jedoch unbekannt. Um 2000 tauchte das Werk wieder auf und wurde vom damaligen Besitzer Museen in London und Berlin angeboten, die seine ursprüngliche Herkunft erkannten und die Ruperto Carola informierten. Bis das Zauberbuch nach Heidelberg zurückgeholt und damit auch vor einem eventuellen Verschwinden in einer Privatsammlung bewahrt werden konnte, verging jedoch noch ein weiteres Jahrzehnt, in dem, wie Andrea Jördens berichtet, „viel Überzeugungsarbeit geleistet werden musste, um den Ankauf zu finanzieren.“ Als zentrales Stück einer Ausstellung über ägyptische Magie konnte das „Michaelbuch“ 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt werden und befindet sich seither wieder im Besitz der Heidelberger Papyrussammlung.
www.uni-heidelberg.de/unispiegel/papyrussammlung.html
Siehe auch: Ägyptische Magie im Wandel der Zeiten (Video)