Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Kritik an Isaac Newton

Von Tina Schäfer

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Existenz einer physikalischen Lehrsammlung an der Universität Heidelberg belegt. Die heutige Sammlung historischer Instrumente des Physikalischen Instituts illustriert die Wissenschaftsgeschichte des Fachs ebenso wie die Arbeit prominenter Forscher und ihre Entdeckungen. Ein Beispiel hierfür ist die „Klaviatur des optischen Spektrums“ (Foto: Sammlung), die Hermann von Helmholtz um 1860 eigenhändig gestaltet hat.

Die Sammlung des Physikalischen Instituts umfasst Instrumente und Messgeräte aus allen Teilbereichen des Fachs, vor allem aus der Zeit ab Mitte des 18. bis Ende des 19. Jahrhunderts – von Thermometern und Barometern über Entfernungsmesser und Spektrometer bis hin zu Strom- und Spannungsmessgeräten. An den rund 1900 Objekten, die teils auch in der Lehre zur Demonstration von physikalischen Phänomenen und Gesetzmäßigkeiten eingesetzt werden, lässt sich die Entwicklung einzelner Forschungsfelder und Theoriemodelle über die Jahrhunderte nachvollziehen.

Exponate wie die Lenard'sche Röhre, deren Entwicklung Philipp Lenard 1905 zum Nobelpreis für Physik verhalf, oder mehrere nach ihrem Erfinder Hermann von Helmholtz benannte Resonatoren dokumentieren Forschungsarbeiten und -durchbrüche prominenter Heidelberger Wissenschaftler. Mit der Weiterentwicklung des Fachs wird auch die Sammlung kontinuierlich um einzelne Objekte ergänzt, etwa um „aussterbende Zeitzeugen“ wie das Analogmultimeter zum Messen elektrischer Größen oder auch Bauteile aus Experimenten am Kernforschungszentrum CERN.

„In der Physik loten wir zwar die Grenzen nach vorne aus, wir sollten darüber aber nicht die Frage vernachlässigen, wo die moderne Wissenschaft herkommt“, sagt Privatdozent Dr. Maarten DeKieviet, Geschäftsführer des Physikalischen Instituts. Die etwa 200 Exponate, die derzeit im Institut ausgestellt sind, sollen daher in Zukunft mit ausführlichen Beschreibungen und einer Einordnung in den historischen Kontext versehen werden, um sie dann bei Führungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Längerfristig möchte DeKieviet auch 3D-Aufnahmen der Objekte im Internet für die Forschung bereitstellen.

Mit der „Klaviatur des optischen Spektrums“ beherbergt die Sammlung eine Arbeit von Hermann von Helmholtz (1821 bis 1894), mit der der Wissenschaftler akustische und optische Phänomene verband. Auf der Holztafel, die Helmholtz um 1860 eigenhändig gestaltet hat, ist das optische Spektrum über einer Klaviertastatur abgebildet – und zwar gerade so, dass sich die Spektralfarben über genau eine Oktave erstrecken. Helmholtz verdeutlicht mit dieser Darstellung, dass die Frequenzen des sichtbaren Lichts, also die einzelnen Farben, sich nicht genauso zueinander verhalten wie die Töne der Tonleiter, etwa im Hinblick auf die Intervalle, die zwischen ihnen bestehen. Die Tafel ist damit auch als Kritik an einer Farb-Ton-Zuordnung zu verstehen, die Isaac Newton entworfen hatte, und zeigt die kreative Arbeitsweise des interdisziplinär denkenden Forschers Helmholtz.

Als vielseitig interessierter Gelehrter stand Hermann von Helmholtz im wissenschaftlichen Austausch mit anderen führenden Heidelberger Forschern seiner Zeit. Dazu zählten auch der Physiker Gustav Robert Kirchhoff, der mit dem Spektroskop ein Gerät erfunden hatte, das Licht in seine Spektralfarben zerlegt, und der Chemiker Robert Wilhelm Bunsen, der einen besonderen Gasbrenner entwickelt hatte. Die beiden Begründer der Spektralanalyse hatten herausgefunden, dass die Farbmuster, die bei der Verbrennung von reinen Stoffen entstehen, charakteristische Linien der Elemente enthalten – so entdeckten sie das Caesium und das Rubidium.

Die Zusammenarbeit von Helmholtz, Kirchhoff und Bunsen hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Universität Heidelberg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts internationale Berühmtheit erlangte. Spuren dieser Zeit finden sich in der historischen Sammlung der Physik – unter anderem ist hier auch das Kirchhoff-Spektroskop als Meilenstein der Wissenschaftsgeschichte vertreten.

www.uni-heidelberg.de/unispiegel/sammlung_physik.html

Flyer der Sammlung (pdf)