Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

„Bis unter die Schädeldecke zugekifft“

Von Alexander Hiller und Franziska Städter

Trotz des regnerischen Wetters machten sich Anfang November schaulustige Heidelberger auf den Weg in die Alte Aula der Ruperto Carola, angelockt von einer Frage, die viele neugierig gestimmt hatte: Soll Hirndoping an Universitäten verboten werden? Einfacher noch: Fehlt die Disziplin, hilft nur noch Ritalin?

Bereits im Vorfeld der Veranstaltung mussten sich die Organisatoren des Debating Club Heidelberg ungläubige Nachfragen gefallen lassen: „Nehmen Sie Ritalin?“, erkundigte sich eine Dame ein wenig verdutzt, nachdem sie einen Flyer in die Hand gedrückt bekommen hatte. „Noch nicht“, lautete die Antwort – und, so viel sei vorweggenommen, daran hat sich nichts geändert. Hinter der Aktion verbarg sich die sechste Ausgabe des Heidelberger Rededuells der Meister (Foto: Till Kroeger), das der Club nach vier Jahren des Ausrichtens von Turnieren und Erfolgen auf denselben wieder einführte.

Der Tradition folgend traten die Gastgeber, vertreten durch Tom-Michael Hesse, Kristina Seebacher und Sven Hirschfeld, als Regierung an. Als Opponenten waren Daniil Pakhomenko, Andrea Gau und Sarah Kempf vom Debattierclub Johannes Gutenberg aus Mainz angereist. Während der Heidelberger Club im vergangenen Sommer die deutsche Meisterschaft für sich entscheiden konnte, gewannen die Mainzer im November 2012 ebenfalls in der Alten Aula die baden-württembergischen. Doch nicht nur der Titel der Veranstaltung fand so seine Berechtigung – das Duell zwischen Heidelberg und Mainz gilt mittlerweile als ein Klassiker der Debattierszene.

Das Format der Offenen Parlamentarischen Debatte ist jedoch nicht komplett ohne freie Redner, die unabhängig von den Teams für oder gegen den Antrag der Regierung plädieren. Diese oft schwierige Rolle hatten auch dieses Mal Professoren der Ruperto Carola übernommen: Prof. Dr. Manfred Berg, Prof. Dr. Lutz Gade und Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Hommelhoff bewiesen dabei ihr großes rhetorisches Geschick.

Nach einem Grußwort von Prorektor Prof. Dr. Óscar Loureda begann das Rededuell, der mit Dr. Christian Duve, Honorarprofessor der Universität und Initiator des Heidelberger Verhandlungsworkshops, Wolfgang Berger, Leiter der hiesigen Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung und langjähriger Unterstützer des Debating Club, sowie Jürgen Popig, Leitender Schauspieldramaturg am Theater und Orchester Heidelberg, die Ehrenjury stellte. Ob die Einnahme von Ritalin den Wettbewerb verzerrt oder einfach nur Nachteile ausgleicht, ob wir uns damit in eine Spirale der Perfektionierungssucht begeben oder schlicht unser Potenzial besser nutzen – die großen Streitfragen der Debatte wurden von zwei phänomenalen Schlussreden zusammengefasst.

Neue Aspekte brachten die Hochschullehrer in die Auseinandersetzung ein und sicherten sich damit die Sympathie und Bewunderung des Publikums. „Den Lebenswandel der Studenten zu überwachen sei nicht Aufgabe der Universität“, meinte etwa Manfred Berg. Einen Schritt weiter ging Lutz Gade, der – freilich mit einem gewissen Augenzwinkern – erklärte, ihm sei ein Student lieber, der „bis unter die Schädeldecke zugekifft“ seine Prüfung schreibe, als wenn sich in seinem Büro die Becher mit den Urinproben auf der Fensterbank reihten; zumal Zimmerpflanzen ähnlich konzentrationsfördernde Wirkung haben könnten. Etwas differenzierter formulierte Peter Hommelhoff: Auch er verlieh seiner Befürchtung Ausdruck, dass sich junge Menschen mit Ritalin vergifteten; die Universität dürfe jedoch nicht verbieten sondern müsse den Gebrauch entsprechender Substanzen offen ächten und den Studierenden gegebenenfalls therapeutische Hilfe bieten.

Am Ende durften die Zuhörer über den besten Redner der Debatte abstimmen: Mit fast 50 Prozent der Voten fiel die Wahl auf Sven Hirschfeld, der mit seiner Abschlussrede und der finalen Frage „Wann ist ein Mensch ein Mensch?“ das Publikum für sich gewonnen hatte. Und zum besten Team bestimmte die Ehrenjury – ganz knapp – die Heidelberger Duellanten.

www.heidelberg-debating.de

Der Debating Club Heidelberg trifft sich jeden Dienstag um 20 Uhr in der Außenstelle Heidelberg der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg in der Plöck 22.