Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Eine der ganz großen Doktorandenschmieden

Von Ute Müller-Detert und Oliver Fink

Maßnahmen zur Qualitätssicherung im Promotionsverfahren sind ein zentrales Thema des neuen Landeshochschulgesetzes (LHG), das Ende März vom baden-württembergischen Landtag verabschiedet wurde. An der Ruperto Carola haben Qualitätssicherung und -entwicklung in der Doktorandenausbildung schon länger einen hohen Stellenwert (Fotos: Roodini/photocase.com und Universität Heidelberg). Und im Zuge des universitätsweiten Qualitätsmanagementsystems „heiQUALITY“ wird das Thema Nachwuchsförderung in den kommenden Monaten in den Mittelpunkt rücken und damit nochmals an Bedeutung gewinnen. Für Kritik an der LHG-Novelle sorgen neue Regelungen, mit denen das alleinige Promotionsrecht der Universitäten zugunsten einer Experimentierklausel für die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften aufgehoben wurde.

„An der Universität Heidelberg sind Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung permanente Bestandteile des Wissenschaftsprozesses; sie wurden nicht erst mit ihrer Verankerung im Landeshochschulgesetz oder mit der Bologna-Reform eingeführt“, sagt Prof. Dr. Óscar Loureda, der als Prorektor für diesen Bereich in der Universitätsleitung verantwortlich ist. In „heiQUALITY“, das für alle universitären Leistungsbereiche implementiert wird, stellt das Thema Nachwuchsförderung neben Studium und Lehre, Forschung und Administration ein eigenes Aufgabengebiet dar. Gemeinsam mit dem Council for Graduate Studies sollen im Zusammenwirken mit den Fakultäten und der Graduiertenakademie die hohen Standards der Doktorandenausbildung und die Bedingungen für die Doktoranden weiter verbessert werden.

Zu den Maßnahmen im Landeshochschulgesetz, die auf bessere Rahmenbedingungen und damit auf eine Qualitätssicherung in der Graduiertenausbildung zielen, erklärt Prof. Dr. Beatrix Busse, Prorektorin für Studium und Lehre und Vorsitzende des Council for Graduate Studies: „Vieles von dem, was mit der Novelle des LHG verbindlich eingeführt wird, hat die Universität Heidelberg bereits vorweg genommen.“ Dazu gehören die verbindliche Einführung von Betreuungsvereinbarungen, transparente Zulassungs- und Begutachtungskriterien oder die Benennung von Ombudspersonen für Konfliktfälle. Seit zehn Jahren wird an der Ruperto Carola außerdem an einer kontinuierlichen Verbesserung der Infrastruktur in der Doktorandenausbildung gearbeitet. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten die seit 2005 bestehende Graduiertenakademie und der 2013 eingerichtete Council for Graduate Studies, der Rat für Graduiertenausbildung.

„In der Doktorandenausbildung hat sich an der Universität Heidelberg in den vergangenen zehn Jahren unglaublich viel getan“, bestätigt Dr. Joachim Gerke. Er ist Administrativer Direktor der Graduiertenakademie und befasst sich nicht nur in dieser Funktion intensiv mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und speziell dem Thema Promotion. Neben der Einbindung in die Grundlagenforschung erfordert eine hochqualifizierte Doktorandenausbildung ein exzellentes Forschungsumfeld sowie eine hervorragende Infrastruktur der Betreuung.

„Die Universität Heidelberg ist eine der ganz großen Doktorandenschmieden in Deutschland“, so Gerke. Neben den drei Graduiertenschulen in den Natur- und Lebenswissenschaften, die aus Mitteln der Exzellenzinitiative finanziert werden, gibt es das Promotionsprogramm des Exzellenzclusters „Asien und Europa“ sowie die Heidelberger Graduiertenschule für Geistes- und Sozialwissenschaften (HGGS). Darüber hinaus existieren an der Ruperto Carola mehr als 30 strukturierte Promotionsprogramme. Im Jahr 2012 wurden 1152 Promotionsverfahren erfolgreich abgeschlossen; der Anteil internationaler Promotionen lag bei 22 Prozent – einer der höchsten Werte deutschlandweit.

„Bereits vor der Exzellenzinitiative haben wir uns intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie Doktoranden verstärkt gefördert werden können, wie sich Promotionsphase und Betreuung verbessern lassen“, erläutert Joachim Gerke, der in seiner Hauptfunktion das Dezernat Internationale Beziehungen an der Universität leitet. Aus diesen Überlegungen heraus entstanden die „Leitenden Empfehlungen des Senats zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Universität Heidelberg“ (pdf), die im Juli 2005 verabschiedet wurden und bis heute Basis des Handelns sind. Eine der dort vorgesehenen Maßnahmen war die Gründung einer Graduiertenakademie.

Die Akademie fungiert als Dachorganisation für alle Promotionsprogramme und als zentrale Koordinationsstelle der überfachlichen Beratungs-, Weiterbildungs- und Förderangebote für die Doktorandinnen und Doktoranden. Es gibt ein Servicecenter, gerade auch für Doktoranden aus dem Ausland, und die Akademie organisiert Kurse und Seminare zu fächerübergreifenden Zusatzqualifikationen. Sie unterstützt Doktoranden finanziell mit Stipendien, Abschlussbeihilfen und Reisekostenzuschüssen, berät die Fakultäten bei der Einführung von Promotionsprogrammen und wirbt im Ausland um den wissenschaftlichen Nachwuchs. Im Jahr 2005 eingerichtet, konnte die Graduiertenakademie 2007 für das erfolgreiche „Zukunftskonzept“ mit Mitteln aus der Exzellenzinitiative ausgebaut werden.

Zusätzlich zu einer zentralen Serviceeinrichtung sollte auch ein Gremium entstehen, das die Universität in Grundsatzfragen der Doktorandenausbildung berät. Diese Aufgabe wurde zunächst vom Kuratorium der Graduiertenakademie wahrgenommen. In dessen Nachfolge hat im Jahr 2013 mit Beschluss des Senats der Council for Graduate Studies seine Arbeit aufgenommen (pdf). In diesem Rat für Graduiertenausbildung – nach den Worten von Joachim Gerke eine Art „Think-Tank“ – sind alle zwölf Fakultäten vertreten, ebenso die vier Graduiertenschulen. Zu den gewählten Mitgliedern des Council gehören ebenfalls vier Repräsentanten der Doktoranden.

Eine der in diesem Council vertretenen Doktorandinnen ist Anita Galuschek, deren interdisziplinäres Dissertationsprojekt „Motivation of Personal Recognition“ in der Philosophie und Ethnologie angesiedelt ist. Bereits seit zwei Jahren engagiert sie sich zudem im Doktorandengremium der HGGS: „Durch die Gremientreffen und Diskussionen mit den Professoren konnten wir Einfluss auf die Politik der Graduiertenschule nehmen.“ Hier setzt auch die Arbeit in dem neuen Council an. Die Doktoranden sollen einbezogen werden, wenn es um Hochschulentscheidungen geht, die ihre Belange betreffen. Anita Galuschek sieht daher in der Einrichtung des Council eine „gute Entscheidung“. Ihre Erfahrungen mit der Beteiligung und der Transparenz in den Sitzungen bezeichnet sie als „durchgehend positiv“.

Mit den vom Senat, dem Kuratorium der Graduiertenakademie und dem Council for Graduate Studies eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Doktorandenausbildung hat die Universität Heidelberg eine Reihe von Forderungen in die Praxis umgesetzt, deren Realisierung nun mit der LHG-Novelle im Gesetz vorgeschrieben wurden. Dies gilt auch für die Benennung von Ombudspersonen, die in Konfliktfällen vermitteln, oder den Abschluss von schriftlichen Promotionsvereinbarungen. Besonders wichtig ist den Verantwortlichen jedoch die Formulierung von universitätsweit geltenden Qualitätsstandards, von denen nicht nur die strukturierten Promotionsprogramme sondern auch die Individualpromotionen profitieren.

Für Kritik sorgt im neuen LHG der Passus, künftig den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) „nach evaluations- und qualitätsgeleiteten Kriterien das Promotionsrecht befristet und thematisch begrenzt“ zu verleihen. Die Landesrektorenkonferenz hatte gegenüber diesen „Änderungen wesentlicher Strukturen der Wissenschaftslandschaft“ in einem offenen Brief an die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen im Landtag „ernste Bedenken“ geäußert. Die Rektoren der neun Landesuniversitäten sprachen sich stattdessen dafür aus, die Programme für kooperative Promotionskollegs weiter auszubauen sowie eine Kooptation hervorragender HAW-Professoren an Universitäten zu forcieren.

www.graduateacademy.uni-heidelberg.de

Themenseite des Wissenschaftsministeriums zum neuen Landeshochschulgesetz