Die Verwendung der im Koalitionsvertrag verabredeten zusätzlichen neun Milliarden Euro für Kinderbetreuungseinrichtungen, für Bildung und Forschung sowie für die Hochschulen wurde auf den Weg gebracht: Im Zuge dessen übernimmt der Bund die Finanzierung des BAföG (Foto: Studentenwerk Heidelberg) vollständig und auf Dauer mit Beginn des nächsten Jahres. Bislang bezahlt der Bund die Ausbildungsförderung zu 65 Prozent, die Länder tragen 35 Prozent. Diese haben sich im Gegenzug dazu verpflichtet, die hierdurch jährlich freiwerdenden 1,17 Milliarden Euro für Hochschulen und Schulen zur Verfügung zu stellen. Wie viel des Geldes konkret bei den Hochschulen ankommen wird, dürfte aber nach den bisherigen Ankündigungen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausfallen.
Zudem wurde von Regierungskoalition und Ländern eine Grundgesetzänderung mit dem Ziel eines dauerhaften Engagements des Bundes für Forschung und Lehre an Hochschulen vereinbart. Hierfür soll der Artikel 91b neu gefasst werden, der Kooperationen von Bund und Ländern im Hochschulbereich derzeit nur befristet gestattet. „Der Weg für eine Grundgesetzänderung ist frei. Das ist ein großer Erfolg, der weit über den heutigen Tag hinaus wirkt und die Bedingungen an den Hochschulen in Deutschland nachhaltig verbessern wird. Wir haben völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten“, kommentierte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka das Verhandlungsergebnis.
Drei Milliarden Euro stehen gemäß Koalitionsvertrag für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Für Betreuung und Bildung sind insgesamt sechs Milliarden Euro vorgesehen. Davon sollen fünf Milliarden für Wissenschaft, Schulen und Hochschulen sowie eine Milliarde Euro für Kitas und Krippen eingesetzt werden. Der Bund finanziert die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, den Hochschulpakt, den Pakt für Forschung und Innovation sowie die Exzellenzinitiative weiter. Den Aufwuchs für die außeruniversitäre Forschung schultert er in Zukunft allein. Bund und Länder haben sich ferner darauf verständigt, bei Neuinvestitionen auch bestehende regionale Strukturungleichgewichte in der deutschen Forschungslandschaft zu berücksichtigen.
Ebenfalls angekündigt wurde eine Novelle des BAföG mit einer nennenswerten Anhebung der Förder- und Freibeträge. Wanka: „Es wird eine strukturelle und substanzielle BAföG-Novelle geben, die sich an der Lebenswirklichkeit der Studierenden und Schüler orientiert.“ Beabsichtigt ist die Gesetzesänderung indes erst zum Wintersemester 2016/17.
Siehe auch Bundesfinanzministerium: „Finanzierung prioritärer Maßnahmen im Bildungsbereich steht“
Siehe auch Deutsches Studentenwerk: „Einigung bei Bildungsfinanzierung: Bund und Länder müssen auch an die soziale Infrastruktur denken“
Siehe auch Deutsches Studentenwerk: „BAföG-Novelle kann jetzt angegangen werden“
Siehe auch „freier zusammenschluss von studentInnenschaften“: „BAföG-Reform für die Zukunft, nicht in der Zukunft“
Siehe auch Deutsche Forschungsgemeinschaft: „Allianz der Wissenschaftsorganisationen begrüßt Einigung von Bund und Ländern“
Siehe auch German U15: „U15 begrüßt Einigung über Bildungs- und Forschungsetat“
Siehe auch Hochschulrektorenkonferenz: „HRK fordert: Länder müssen freiwerdende BAföG-Mittel in Bildung investieren“
Siehe auch Hochschulrektorenkonferenz: „HRK fordert baldige Konkretisierung zur künftigen Bildungsfinanzierung“
Siehe auch HIS-HE: „Reicht die ,Finanzspritze‘ des Bundes, um das Defizit beim Bau- und Instandsetzungsbedarf der Hochschulen zu ,mildern‘?“
Umfangreiche Erbgutanalysen von Krebszellen haben gezeigt: Jeder Tumor ist anders und jeder Krebspatient muss individuell behandelt werden. Diesem Anspruch möchte das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg gerecht werden: Ab 2015 soll Patienten dort eine Erbgutanalyse ihrer Krebszellen angeboten und darauf aufbauend eine individuelle Therapie empfohlen werden (Foto: Philip Benjamin). Die Dietmar Hopp Stiftung unterstützt großzügig diese Initiative mit dem Ziel, die individualisierte Krebsmedizin langfristig von einem Forschungsvorhaben in die Regelversorgung zu überführen. Führende Technologieunternehmen wie die SAP AG, MolecularHealth und GATC Biotech sind an dem Projekt beteiligt.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das Universitätsklinikum und die Medizinische Fakultät Heidelberg sowie die Deutsche Krebshilfe haben mit dem NCT in den vergangenen zehn Jahren ein führendes Comprehensive Cancer Center etabliert. „Vor allem im Bereich der Genomforschung haben die Wissenschaftler entscheidende Impulse für die Entwicklung einer individualisierten Krebsmedizin gesetzt“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des DKFZ. So besitzt das Krebsforschungszentrum mittlerweile die zweitgrößte Sequenziereinheit Europas und bietet einer zunehmenden Zahl von Patienten eine vollständige Analyse des Erbguts ihrer Krebszellen an.
„Individuelle Unterschiede im molekularen Profil von Tumoren werden künftig immer häufiger als Basis für Therapieentscheidungen herangezogen“, erläutert Prof. Dr. Christof von Kalle, Sprecher des Direktoriums des NCT: „Auf dieser Grundlage möchten wir nun die individualisierte Krebsmedizin systematisch weiterentwickeln und das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der individualisierten Krebsmedizin ausbauen.“ DKFZ und Universitätsklinikum verfolgen die Absicht, ab dem kommenden Jahr jedem Patienten im Centrum eine Erbgutanalyse und darauf aufbauend eine individuelle Therapieempfehlung anzubieten: zunächst im Zuge klinischer Studien, später als erstattungsfähige Leistung in der Regelversorgung. Die erste Studie umfasst etwa 50 Patienten und ist als „Proof of Concept“ geplant, eine weitere mit rund 1000 Patienten soll anschließend den klinischen und gesundheitsökonomischen Nutzen beurteilen.
„Damit eröffnen wir allen Krebspatienten unserer Region und darüber hinaus die Möglichkeit, von den Fortschritten der individualisierten Krebsmedizin zu profitieren“, erklärt Dietmar Hopp die Förderung des Projekts mit 15 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Hopp: „Medizinische Entwicklungen zum Wohle von Patienten und Angehörigen sind ein ganz wichtiger Schwerpunkt der Aktivitäten meiner Stiftung.“
Mit den Ruprecht-Karls-Preisen ehrt die Stiftung Universität Heidelberg junge Forscher für herausragende wissenschaftliche Publikationen. Fünf Doktoranden konnten diese Auszeichnung jüngst im Zuge einer Festveranstaltung in der Aula der Alten Universität entgegennehmen. Gleichzeitig wurden der Fritz Grunebaum-Preis sowie der Umweltpreis der Viktor und Sigrid Dulger Stiftung verliehen (Foto: Philipp Rothe).
Die Träger der diesjährigen Ruprecht-Karls-Preise, die in der Regel für die fünf besten Doktorarbeiten des Jahres vergeben werden, sind Dr. Annemarie Becker (Biowissenschaften), Dr. Sebastian Dieter (Medizin), Dr. Andreas Max Ernst (Biowissenschaften), Dr. Michael Hanstein (Germanistik) und Dr. Matthias Valta (Rechtswissenschaften). Mit dem Fritz Grunebaum-Preis der Stiftung Universität Heidelberg für außerordentliche Arbeiten aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften und des Wirtschaftsrechts wurde der Rechtswissenschaftler Dr. Steffen C. Hörner bedacht.
Den Umweltpreis der Viktor und Sigrid Dulger Stiftung, mit dem herausragende Leistungen junger Heidelberger Wissenschaftler auf dem Gebiet der Umweltforschung gewürdigt werden, erhielt der Physiker Dr. Christoph J. Elsässer. Die Ruprecht-Karls-Preise sind mit jeweils 3000 Euro, der Fritz Grunebaum-Preis ist mit 2000 und der Umweltpreis mit 10 000 Euro dotiert.
In seinem Festvortrag „Vom Licht zum Wasserstoff: Neue Horizonte à la Jules Verne“ beschäftigte sich der Chemiker Prof. Dr. Matthias Drieß bei der Preisverleihung mit der Frage, warum die katalytische Wasserstoffgewinnung aus Sonnenlicht und Wasser so extrem schwierig ist, aber dennoch durch innovative neue Materialien gelöst werden kann. Der Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin, der an der Ruperto Carola studiert hat und heute Sprecher des Exzellenzclusters „Unifying Concepts in Catalysis“ ist, hat eine ganz besondere Beziehung zu den Ruprecht-Karls-Preisen: 1990 erhielt er für seine an der Universität Heidelberg entstandene Doktorarbeit die seinerzeit erstmals vergebene Auszeichnung.
Tonbänder und Audiokassetten aus der langjährigen Forschung des Heidelberger Ethnologen Dr. Friedhelm Scholz zur Sprache der Akha übergab jetzt das Universitätsarchiv Heidelberg an das Max-Planck-Institut (MPI) für Psycholinguistik in Nijmegen (Foto: Michael Schwarz). Die Akha sind eines der zahlreichen Bergvölker Südostasiens. Sie kamen aus der Grenzgegend von Birma und Yunnan nach Südostasien, wo sie heute in Nord-Thailand, Laos und Vietnam siedeln. Ihre Sprache gehört zur sino-tibetischen Sprachfamilie und kennt nur die mündliche Überlieferung ohne schriftliche Zeugnisse.
Friedhelm Scholz (1928 bis 2000) studierte ab Mitte der 1950er-Jahre Ethnologie und Vorgeschichte in Köln, wurde dort 1962 promoviert und arbeitete von 1962 bis 1964 als Assistent am Museum für Völkerkunde und am Schweizer Museum für Volkskunde in Basel (heute: Museum der Kulturen). Zwischen 1964 und 1993 forschte er am Südasien-Institut der Ruperto Carola.
Am MPI will nun ein Spezialist für nord-thailändische Sprachen die Tonbänder digitalisieren und bearbeiten. Wortlisten, Erzählungen und eine Vielzahl von Fotos der Arbeiten zu den Akha aus dem Nachlass von Scholz werden dazu im Universitätsarchiv erschlossen. Das Max-Planck-Institut für Psycholinguistik betreibt in erster Linie Grundlagenforschung der Strukturwissenschaften auf dem Gebiet der Linguistik. Es ist ein weltweit anerkanntes Zentrum, das mit seinem internationalen Archiv bedrohter Sprachen auch einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des gemeinsamen Kulturerbes der Menschheit leistet.
Die Zusammenarbeit mit dem Spracharchiv des MPI sei für beide Seiten von Vorteil, wurde betont. Das Institut erhalte wertvolles zusätzliches Tonmaterial zur Sprache der Akha, das Universitätsarchiv im Gegenzug die digitalisierten Tondokumente für seine Sammlung. Die Digitalisate kann es dann interessierten Forschern verfügbar machen. Neben Tausenden von Karteikarten zur Sprache und den schriftlichen Aufzeichnungen beinhaltet der Nachlass Hunderte von Rätseln, Märchen und Mythen der Akha. Ohne die Digitalisierung wäre es in Kürze nicht mehr möglich, die Tondokumente im Archiv auszuwerten, denn die passenden Abspielgeräte sind kaum mehr verfügbar und an den Kassetten und Bändern nagt der Zahn der Zeit, der in naher Zukunft die Nutzung des Materials unmöglich machen würde.