Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

„Die Fächer sollen voneinander profitieren“

Dank der erfolgreichen Systemakkreditierung kann die Universität Heidelberg die Qualität ihrer über 160 Studiengänge von nun an eigenverantwortlich sichern und fortentwickeln. 2003 hatten die Bundesländer eine verpflichtende Akkreditierung für die Bachelor- und Masterstudiengänge beschlossen, um zu gewährleisten, dass alle Studiengänge bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, etwa beim Konzept, der Studierbarkeit, den Prüfungen und der Ausstattung. Statt jeden Studiengang in der sogenannten Programmakkreditierung einzeln von damit beauftragten externen Agenturen begutachten zu lassen, können die Hochschulen auch ein eigenes Qualitätsmanagement aufbauen – wie es die Ruperto Carola tat. Über die Systemakkreditierung unterhielt sich Oliver Fink mit der Leitung des „heiQUALITY“-Center, mit Prof. Dr. Óscar Loureda, Prorektor für Qualitätsentwicklung der Universität Heidelberg, und mit Dr. Sonja Kiko für den Bereich „Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre“ (Foto: Benjamin) sowie mit Dr. Verena Schultz-Coulon, Leiterin des Dezernats Studium und Lehre.

Was bedeutet die Systemakkreditierung für die Universität Heidelberg und was ist damit gewonnen?

Kiko: „In erster Linie ist damit im Bereich Studium und Lehre zunächst einmal ein großes Stück Autonomie gewonnen. Wir sind damit in die Lage versetzt worden, Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung nach unseren eigenen Qualitätsstandards zu betreiben – natürlich im Rahmen der formalen und rechtlichen Vorgaben der Kultusministerkonferenz und des Akkreditierungsrats sowie des Landes.“

Loureda: „Die gewonnene Autonomie hat dabei zwei Dimensionen. Zum einen verfügen wir jetzt auf zentraler Ebene gewissermaßen über eine eigene Agentur zur internen Evaluation. Zum anderen haben damit auch die einzelnen Fächer ganz konkret an Autonomie gewonnen. Denn bislang mussten diese die erforderliche Evaluation – die Programmakkreditierung – durch externe Agenturen selbst organisieren und finanzieren. Durch die Systemakkreditierung sparen sie nun viel Geld, das in die Studiengänge investiert werden kann, und bekommen zugleich Unterstützung durch das universitätseigene Qualitätsmanagementsystem ‚heiQUALITY‘. In diesem Zusammenhang geht es aber nicht darum, Top-down-Instrumente und Maßnahmen zu entwickeln, sondern die Qualitätsentwicklung soll und muss primär in der Verantwortung der Fakultäten liegen – und von ihnen wahrgenommen werden.“

Schultz-Coulon: „Die erfolgreiche Akkreditierung erleichtert allen Studieninteressierten und Studierenden die Entscheidung, an der Universität Heidelberg zu studieren. Sämtliche mit der Qualität eines Studiums verbundenen Aspekte werden aus der Sicht aller Beteiligten in den Blick genommen. Die Studien- und Abschlussniveaus im nationalen wie internationalen Rahmen sind transparent und vergleichbar.“

Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung sind zwei zentrale Begriffe in diesem Verfahren. Was bedeuten sie konkret?

Kiko: „Bei Qualitätssicherung geht es um die Erfüllung der Mindeststandards: Studiengänge müssen studierbar sein, der Workload muss – im Hinblick auf die vergebenen Leistungspunkte, die Credits – angemessen sein, und generell sollen die Studierenden Dinge lernen, mit denen sie später in der Wissenschaft oder in Berufsfeldern außerhalb der Wissenschaft erfolgreich sein können. Mit ‚heiQUALITY‘ wollen wir aber natürlich deutlich mehr. Zur Qualitätsentwicklung gehören beispielsweise Überlegungen zur besonderen Profilierung eines Studiengangs oder dessen Einbindung in die Gesamtstrategie von Fakultäten.“

Schultz-Coulon: „Dazu gehören Fragen, in welchen Bereichen Fächer zusammenarbeiten und gemeinsame Lehrangebote anbieten können. So etwas spielt ja bei der Programmakkreditierung keine zentrale Rolle. Auch die gesamtuniversitäre Koordination und Optimierung der Prüfungsverwaltung über Fächer- und Fakultätsgrenzen hinweg gehört dazu.“

Loureda: „Unsere Systemakkreditierung erlaubt so viel Vielfalt wie möglich – die Fächer können sich profilieren, sich entwickeln. Aber gleichzeitig versuchen wir auch, Synergien zu schaffen. Dieser Doppeleffekt ist wichtig: Die Fächer sollen voneinander profitieren. Das Qualitätsmanagementsystem verwaltet, begleitet, entwickelt und fungiert zugleich als Moderator des zentral-dezentralen Dialogs. Das hat die Gutachter überzeugt.“

Die Systemakkreditierung wurde ohne Auflagen erteilt, zugleich wurden aber „Empfehlungen“ ausgesprochen. Was sind das für Empfehlungen und welche Rolle spielen sie in diesem Prozess?

Kiko: „Eine Empfehlung lautet beispielsweise, dass wir unsere IT-Infrastruktur noch besser nutzen sollten, etwa bei der Studienplan- und Raumorganisation. Die Überschneidungsfreiheit von Lehrveranstaltungen ist ein großes Thema.“

Schultz-Coulon: „Zu den Empfehlungen gehören generell Prozesse und Instrumente, die das System auf der operativen Ebene noch verbessern könnten. Sie stellen kein Muss dar, die Gutachter werden aber sehr genau hinschauen, ob und wie wir diese Empfehlungen umsetzen. Ein erster Prüfstein wird der Zwischenbericht sein, den wir 2017 vorlegen müssen. Da werden wir sicher auch Nachjustierungen des Gesamtsystems dokumentieren. Denn – auch das ist wichtig zu betonen – bei unserem jetzt für gut befundenen System handelt es sich nicht um etwas Statisches, sondern um ein lernendes System, das sich an Entwicklungen im Bereich Studium und Lehre anpassen soll.“

Die Systemakkreditierung gilt bis zum 30. September 2020. Was geschieht dann?

Loureda: „Vorgesehen ist eine System-Reakkreditierung. Die Gutachter werden prüfen, ob das System dann immer noch passt, ob es funktioniert und ob eventuelle Veränderungen der Vorgaben, beispielsweise ausgehend von der Kultusministerkonferenz, entsprechend umgesetzt wurden. Genaueres dazu lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Nun geht es erst einmal darum, unsere Hausaufgaben zu machen: Bis 2016 sollen rund 80 Prozent und nach Abschluss des Sommersemesters 2018 – wenn auch die Staatsexamens-Studiengänge der beiden Medizinischen Fakultäten und der Juristischen Fakultät das Verfahren durchlaufen haben – alle Studiengänge im Rahmen von ‚heiQUALITY‘ mindestens einmal universitätsintern evaluiert sein.“

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