Von Mirjam Mohr
Seit einigen Jahren diskutieren Geowissenschaftler darüber, ob bereits ein neues Erdzeitalter namens Anthropozän angebrochen ist, in dem der Mensch die Umwelt global gesehen entscheidend verändert. Das Thema Anthropozän bildet auch einen Schwerpunkt in der Arbeit des Geochemikers Prof. Dr. Frank Keppler (Foto: privat), der vor Kurzem mit einer Heisenberg-Professur an seine Alma Mater zurückgekehrt ist. Mit der neuen Professur etabliert er das Forschungsgebiet der Biogeochemie an der Heidelberger Universität – eine fächerübergreifende Wissenschaftsdisziplin, die mit ihrer Verbindung von Geologie, Chemie und Biologie Frank Kepplers Werdegang widerspiegelt.
Denn in seiner beruflichen Laufbahn hat der Wissenschaftler einen Bogen von Fragen zur Entstehung der Erde bis zur Beschäftigung mit der Zukunft der Atmosphäre geschlagen: „Ich habe als Geologe, also als ‚Steineklopfer‘, begonnen, bin dann in die organische Umweltgeochemie gelangt, habe mich anschließend mit Pflanzen und Vegetation beschäftigt und jetzt mit Atmosphärenprozessen und Klimagasen. Das alles verbindet sich in der Biogeochemie.“ Die interdisziplinäre Systemwissenschaft befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Biosphäre, Hydrosphäre und Geosphäre sowie der sogenannten Anthroposphäre, dem vom Menschen geschaffenen Lebensraum. Konkret untersucht Frank Keppler die globalen Kreisläufe von Spurenstoffen.Mit der am Institut für Geowissenschaften angesiedelten Heisenberg-Professur, die als fünfjährige Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft eine wichtige Auszeichnung für hochqualifizierte Wissenschaftler ist, schließt sich für Keppler auch ein persönlicher Kreis: Er kehrt zurück an die Ruperto Carola, an der er von 1987 bis 1995 Geologie-Paläontologie studierte. Nach dem Studium arbeitete er zunächst freiberuflich in der Baugrunduntersuchung und Altlastenerkundung, bevor er ans Institut für Umweltgeochemie ging und dort mit einer Arbeit über die Bildung Ozon zerstörender Gase des Bodens promoviert wurde.
Nach der Promotion führte Frank Kepplers Weg mit einem Marie-Curie-Fellowship an die Queen’s University in Belfast, wo er sich zwei Jahre lang den Bereichen Food Science und Environmental Engineering widmete. „Dort habe ich angefangen, mich speziell mit Klimagasen zu beschäftigen, die in der Vegetation entstehen und für die Atmosphäre eine Rolle spielen“, erzählt er. Dabei kam ihm die Idee, dass nicht nur Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff das Treibhausgas Methan bilden – sondern auch Pflanzen.
Beweisen konnte er seine Vermutung aber erst, als er wieder in Deutschland war und am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg forschte. Seine spektakuläre Entdeckung, die von globaler ökologischer Bedeutung ist, bescherte Frank Keppler ein großes Medienecho genauso wie mehrere Wissenschaftspreise – und spielte sicher auch eine ausschlaggebende Rolle dabei, dass er den European Young Investigator Award erhielt, den Vorläufer des ERC Grants des Europäischen Forschungsrats.
Mit dem Award wechselte Keppler an das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, an dem er eine eigene Arbeitsgruppe aufbaute, die die Bildung von klimarelevanten, flüchtigen organischen Verbindungen und deren Lebenszyklus untersuchte. Doch während seiner sieben Jahre in Mainz hielt der Wissenschaftler, der mit seiner Familie in der Nähe von Heidelberg seinen Wohnsitz hat, stets mit der Ruperto Carola Kontakt und leitete so seine Rückkehr ein.
In seinem neuen Aufgabenfeld freut er sich auch auf die Lehrverpflichtungen: „Man kann Studierende für das Forschungsgebiet gewinnen, und neben den analytischen Grundlagen möchte ich vor allem auch den im Moment recht kontrovers diskutierten Begriff des Anthropozäns vermitteln. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass wir in einer Zeit leben, in der der Mensch massiv die Erdoberfläche verändert und neu gestaltet; und dass wir eine Verantwortung haben.“
Verantwortung für das eigene Handeln und dessen Folgen ist ein wichtiges Thema für Frank Keppler – sowohl beruflich als auch privat. Aus diesem Grund hat er vor einigen Jahren die „Ein-Zehntel-Stiftung“ gegründet, die kleine soziale Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern unterstützt. „Anlass war 2008 die Finanzkrise, als sich jeder über das Finanzsystem empört hat. Da habe ich mir überlegt, was man selbst tun kann, anstatt nur mit dem Finger auf andere und deren Fehler zu zeigen“, schildert der Wissenschaftler die Entstehung. Daraufhin gründete er zusammen mit einem Schulfreund die Stiftung, in die er als Stiftungskapital Geld aus Forschungspreisen einbrachte, das auch zur privaten Verwendung vorgesehen war.
Mittlerweile verfügt die Stiftung über einen Grundstock für zehn kleine Projekte, die mit jährlich 2500 Euro unterstützt werden – wie das „Eye Camp“, in dem 100 Menschen mit einer Augenoperation, die 20 Euro kostet, vor dem Erblinden gerettet werden. Frank Keppler: „Das ‚ein Zehntel‘ steht einfach fürs Teilen. Denn wenn man in einem Teil der Erde lebt, in dem es uns relativ gut geht, kann man auch einen Teil seiner Ersparnisse abgeben, um anderen zu helfen.“
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