Auf der Suche nach einer zweiten Erde
Ein hochkomplexes und neuartiges astronomisches Gerät, mit dessen Hilfe erdähnliche Planeten aufgespürt werden sollen, ist jetzt erfolgreich in der Praxis getestet worden: Nach fünfjährigen Vorarbeiten kam CARMENES, so der Name, vergangenen November am 3,5-Meter-Spiegelteleskop des Calar Alto Observatoriums (Foto: Max-Planck-Institut für Astronomie Heidelberg) nahe Almería in Südspanien zum Einsatz. Das Instrument wurde von einem internationalen Konsortium aus elf deutschen und spanischen Institutionen geplant und gebaut; an Konstruktion und Betrieb sind Wissenschaftler des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) maßgeblich beteiligt.
Das Messgerät besteht aus zwei Spektrographen, die das sichtbare und infrarote Licht von astronomischen Objekten analysieren können und für die Entdeckung von Planeten naher Sterne optimiert wurden. „Mit der Suche nach Planeten außerhalb unseres Sonnensystems wollen wir verstehen, wie und wo diese Himmelskörper entstanden sind und ob sie lebensfreundliche Bedingungen bieten. Inzwischen wurden schon etwa 2000 entdeckt. Allerdings sind die meisten von ihnen eher lebensfeindlich“, erklärt der Leiter des CARMENES-Projekts und Direktor der Landessternwarte Königstuhl im ZAH, Prof. Dr. Andreas Quirrenbach.
Vielversprechend sind Planeten, die um sogenannte M-Sterne kreisen. Dabei handelt es sich um kleinere und leuchtschwächere Sterne, die Planeten in sternnahen Bahnen moderate Temperaturen bieten. Weil M-Sterne viel kühler sind als unsere Sonne, senden sie ihr Licht hauptsächlich im nah-infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums aus. Deshalb konstruierten die Forscher einen Spektrographen, der für diese Infrarotstrahlung empfindlich ist. Kein anderes Instrument sei derzeit dazu in der Lage, betont Quirrenbach.
Der direkte Nachweis von Planeten auf Himmelsaufnahmen ist sehr schwierig, da sie von ihren Muttersternen überstrahlt werden, die eine Milliarde Mal heller sind und sich zudem ganz in der Nähe befinden. Um Planeten aufzuspüren, macht sich die Wissenschaft daher die Wirkung der Schwerkraft zunutze, die ein Planet auf seinen Stern ausübt.
Stern und Planet umkreisen sich, wenn man so will, wie Eiskunstläufer, die sich gegenseitig die Hände reichen und umeinander rotieren. Ist aber einer der Läufer sehr klein und leicht, dann dreht sich der größere und schwerere fast genau um seine eigene Achse und bewegt sich nur wenig auf den Zuschauer zu oder von ihm weg.
Im Falle von Sternen und Planeten ist der Massenunterschied so gewaltig, dass sich der Stern nur mit einer Geschwindigkeit von wenigen Metern pro Sekunde bewegt. Im Gegensatz dazu ist der Planet mit vielen Kilometern pro Sekunde unterwegs. Es ist aber die langsame Bewegung des Sterns, die durch die sogenannte Doppler-Verschiebung von dunklen Linien im Sternspektrum die Existenz des Planeten verrät. Die abwechselnde Bewegung des Sterns auf den Beobachter zu und wieder von ihm weg bewirkt periodische Änderungen der Spektralfarbe des Sterns. „Durch seine ausgeklügelte Technologie und extrem hohe Stabilität kann CARMENES diese kleinen Veränderungen messen“, erläutert Dr. Walter Seifert, Astronom an der Landessternwarte Königstuhl und verantwortlich für die Konstruktion des visuellen Spektrographen.
Weil die Daten beider Spektrographen kombiniert werden, erhalten die Wissenschaftler erheblich mehr Informationen als mit ähnlichen Vorgängerinstrumenten. Andreas Quirrenbach von der Landessternwarte Königstuhl im Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg rechnet damit, dass CARMENES in den kommenden Jahren Dutzende Planeten außerhalb unseres Sonnensystems in der habitablen also potenziell bewohnbaren Zone entdecken wird. Innerhalb von vielleicht fünf Jahren sollen alle notwendigen Daten gesammelt und ausgewertet sein.
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Am CARMENES-Projekt sind auf deutscher Seite die Landessternwarte Königstuhl im ZAH, das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, die Thüringer Landessternwarte Tautenburg, das Institut für Astrophysik der Universität Göttingen und die Sternwarte der Universität Hamburg beteiligt. Auf spanischer Seite sind dies das Instituto de Astrofísica de Andalucía in Granada, das Institut de Ciències de l'Espai in Barcelona, das Departamento de Astrofísica der Universidad Complutense de Madrid, das Instituto de Astrofísica de Canarias auf Teneriffa und das Centro de Astrobiología in Madrid. Eingebunden ist außerdem das deutsch-spanische Centro Astronómico Hispano-Alemán in Calar Alto.
CARMENES wird finanziert von der Max-Planck-Gesellschaft, dem Consejo Superior de Investigaciones Científicas und den Mitgliedern des CARMENES-Konsortiums. Weitere Unterstützung kommt vom spanischen Forschungsministerium, dem Land Baden-Württemberg, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Klaus Tschira Stiftung, der Regierung von Andalusien und von der Europäischen Union durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung.