Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Ohne den göttlichen Funken der Belebung

Von Oliver Fink

Das bekannteste Exponat der Geologisch-Paläontologischen Sammlung des Instituts für Geowissenschaften der Ruperto Carola ist gewiss der 1907 in einer Sandgrube bei Mauer entdeckte Unterkiefer des „Homo heidelbergensis“. Der Kieferknochen dieser Menschen-Art, die vor 600 000 bis 200 000 Jahren in unseren Breiten gelebt hat und zu deren Nachkommen der Neandertaler zählt, kann dabei zumindest als Kopie betrachtet werden; das wertvolle Original lagert in einem Tresor. Doch im Museum für Geowissenschaften, das als eine Art Schaufenster der Sammlung dient, gibt es noch viel mehr zu entdecken.

Im geologischen Teil des Museums, das sich Im Neuenheimer Feld 235 befindet, ist die Entwicklung der Erde der vergangenen 4,5 Milliarden Jahre vom Präkambrium bis heute dargestellt. Der paläontologische Abschnitt widmet sich verschiedenen Fossilfunden entsprechender Epochen. Thematisiert wird in diesem Zusammenhang auch die Evolution des Menschen. Einen dritten Schwerpunkt bilden Mineralien und Gesteine im mineralogischen Teil des Museums. Die Gründung der Sammlung erfolgte im frühen 19. Jahrhundert im Zuge der Einrichtung eines Lehrstuhls für Mineralogie und Geognosie: 1823 wurde im „Haus zum Riesen“ in der Heidelberger Altstadt – in der heutigen Hauptstraße 52 – mit dem Aufbau begonnen.

Die Sammlung beherbergte zunächst Buntsandstein- und Muschelkalk-Funde aus der Heidelberger Umgebung und konnte im Laufe der Zeit nach und nach erweitert werden. Mit dem Instituts-Umzug ins Neuenheimer Feld im Jahr 1971 wurde das heutige Museum zur öffentlichen Präsentation ausgewählter Stücke eingerichtet – in Lehre und Forschung der Heidelberger Geowissenschaftler spielt es ebenfalls eine wichtige Rolle. Zudem ist es mittlerweile Teil des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald. Die Ausstellung ist montags bis freitags zwischen 9 und 17 Uhr geöffnet; der Eintritt ist frei. Angeboten wird auch ein museumspädagogisches Programm, insbesondere für Kinder und Jugendliche.

Das Museum für Geowissenschaften verfügt aber nicht nur über kostbare Originale sondern auch über einige Objekte, die einem spektakulären Fälschungsskandal des 18. Jahrhunderts entstammen – die sogenannten Würzburger Lügensteine (Foto: Fink). Der Naturforscher Johann Beringer (1667 bis 1738) hatte mehr als 2000 dieser Steine von Jugendlichen erworben, die behauptet hatten, sie bei Ausgrabungen in der Umgebung gefunden zu haben. Die Objekte zeigen unter anderem Pflanzen und angeblich versteinerte Tiere, aber auch Schriftzeichen oder kosmologische Darstellungen. Der Würzburger Professor brachte die Stücke mit der aus der Antike stammenden Theorie der „vis plastica“ in Verbindung. Demnach seien alle Lebewesen in Stein präfiguriert; Fossilien wurden als unvollendete Versuche der Natur angesehen, denen der göttliche Funke der Belebung nicht zuteil geworden war.

1726 veröffentlichte Johann Beringer unter dem Titel „Lithographiae Wirceburgensis: specimen primum“ eine umfangreiche, mit detailgenauen Zeichnungen versehene Studie. Erst ein paar Jahre später kam ans Licht, dass es sich bei den vermeintlichen Fossilien um eine groß angelegte Fälschungsaktion gehandelt hatte. Beringer vernichtete daraufhin einen großen Teil der Steine und versuchte ferner, die Restauflage seines Buches zurückzukaufen. In der Folgezeit wurden die Lügensteine zu begehrten Sammlerobjekten, die sogar ihrerseits gefälscht wurden. Heute sind die erhaltenen Steine in verschiedenen naturkundlichen Sammlungen zu finden, darunter eben auch im Museum für Geowissenschaften der Universität Heidelberg.

Ein ausführlicheres Profil der Sammlung ist zu finden unter: www.uni-heidelberg.de/unispiegel/geowissenschaft.html

www.geow.uni-heidelberg.de/einrichtungen/museum
www.uni-heidelberg.de/einrichtungen/museen/geowissenschaften.html