Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat einstimmig ein Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf den Weg gebracht – die endgültige Entscheidung müssen die Regierungschefs von Bund und Ländern am 16. Juni treffen. Ziel des mit einer Milliarde Euro über 15 Jahre ausgestatteten Programms ist es, die Karrierewege junger Forscherinnen und Forscher (Foto: Oliver Fink) an den Universitäten besser planbar und transparenter zu machen. Außerdem soll es die internationale Attraktivität des deutschen Wissenschaftssystems steigern und den Hochschulen dabei helfen, die besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus dem In- und Ausland gewinnen und dauerhaft halten zu können.
Zentrales Element des Programms ist die Stärkung der Tenure-Track-Professur, die nach einer erfolgreichen Bewährungsphase den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vorsieht. Die Finanzierung von 1000 zusätzlichen Tenure-Tracks will einen Beitrag dazu leisten, diese in Deutschland als eigenständigen Karriereweg neben dem herkömmlichen Berufungsverfahren zu etablieren. Die Professuren sollen auch nach Ende der Laufzeit des Programms erhalten bleiben; zudem wird die Zahl der unbefristeten Professuren ebenfalls um 1000 erhöht. Der wissenschaftliche Nachwuchs wird ferner dadurch gestärkt, dass antragstellende Universitäten ein Personalentwicklungskonzept vorlegen müssen, das systematische Überlegungen zur Weiterentwicklung der Karrierewege enthält.
„Sehr wichtig ist uns auch die familienpolitische Komponente des Programms: So kann beispielsweise die Tenure-Track-Phase bei Geburt von Kindern um bis zu zwei Jahre verlängert werden. Dies stärkt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit die Chancengerechtigkeit auch in der Wissenschaft“, sagte die Vorsitzende der GWK, Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka. Die stellvertretende GWK-Vorsitzende und Wissenschaftssenatorin von Bremen, Prof. Dr. Eva Quante-Brandt, betonte: „Eine langfristige strategische Personalplanung für den wissenschaftlichen Nachwuchs lohnt sich. Sie kommt der gesamten Universität zugute. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Förderung ist daher ein Strategieaufschlag. Diesen können die Universitäten zum Beispiel dazu nutzen, ihre Personalstruktur so weiterzuentwickeln, dass sie die Tenure-Track-Professuren optimal ergänzt und auch Karrierewege außerhalb der Professur aufzeigt.“
Das Programm soll bis 2032 laufen. Zur Finanzierung stellt der Bund ab dem kommenden Jahr bis zu einer Milliarde Euro während der Laufzeit zur Verfügung; das jeweilige Bundesland muss die Gesamtfinanzierung sichern. Über die Anträge der Universitäten soll in einem wissenschaftsgeleiteten Auswahlverfahren entschieden werden, wobei pro Bundesland eine maximale Fördersumme bestimmt wird.
BMBF: „Eine Milliarde Euro für den wissenschaftlichen Nachwuchs“
MWK: „Neues Bund-Länder-Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs – mindestens 125 zusätzliche Professuren in Baden-Württemberg
HRK: „Nachwuchspakt und Programm ‚Innovative Hochschule‘: Bedarfe der Hochschulen nicht ausreichend getroffen“
German U15: „Klar strukturierte Karrierewege sind entscheidendes Wettbewerbskriterium“
Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe für eine Straßenbahntrasse auf dem Campus im Neuenheimer Feld kassiert. Das Gericht begründete seine im Mai bekanntgegebene Entscheidung damit, dass die Belange der Universität, von nachteiligen Wirkungen des Vorhabens in ihrer grundrechtlich geschützten Forschungsfreiheit möglichst verschont zu bleiben, bei der Abwägung unzureichend berücksichtigt worden seien. Auch die mangelnde Prüfung von Planungsalternativen rügten die Richter. „Insbesondere habe sich das Regierungspräsidium über das tatsächliche Ausmaß der vom Vorhaben auf die vorhandenen Forschungseinrichtungen und in Betracht kommenden Erweiterungsflächen der Universität ausgehenden nachteiligen Wirkungen selbst keine Gewissheit verschafft.“
Die Ruperto Carola hatte sich mit einer Klage gegen den im Planfeststellungsbeschluss ausersehenen Trassenverlauf gewehrt – nicht gegen die Straßenbahn an sich (Foto: Philipp Rothe). Um Beeinträchtigungen des laufenden Forschungsbetriebs zu vermeiden und Entwicklungsmöglichkeiten des Wissenschaftsstandorts zu erhalten, müsse die Straßenbahn von der Kopfklinik an über die Alternativtrasse südlich des Klausenpfads geführt werden, argumentierte die Hochschule.
Demgemäß begrüßte die Universität die Klarstellung und den Verweis des Gerichtshofs darauf, dass der nach wie vor wirksame Bebauungsplan aus den 1960er-Jahren in diesem Sondergebiet für die Wissenschaft keine öffentlichen Verkehrsflächen vorsieht. Für die Ruperto Carola und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit sei es von großer Bedeutung, dass mit dem Urteil die zu erwartenden erheblichen Beeinträchtigungen des Forschungsbetriebs sowie weitreichende Gefährdungen für die weitere Entwicklung des Standorts abgewendet worden seien.
Die Universität betonte aber gleichfalls, dass sie das Straßenbahnprojekt keineswegs grundsätzlich ablehne. Ihre Einwände richteten sich nicht gegen die Realisierung an sich sondern gegen die geplante Führung und Ausgestaltung der Trasse.
Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtshofs (pdf)
Siehe auch: „Ruperto Carola reicht Klage wegen Trassenverlauf ein“
Nach zehnjähriger Planungs- und Bauzeit hat ein neues Universalgerät für astronomische Beobachtungen am Large Binocular Telescope in den USA seinen Testeinsatz erfolgreich hinter sich gebracht. Das komplexe Instrument mit der Bezeichnung LUCI erlaubt es, Bilder und Spektren im Infraroten mit herausragender Qualität aufzunehmen. Entwickelt wurde es von Forschern des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) gemeinsam mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik in Garching; beteiligt waren auch Wissenschaftler der Hochschule Mannheim und des Astronomischen Instituts der Ruhr-Universität Bochum.
Das Large Binocular Telescope (LBT) auf dem rund 3200 Meter hohen Mount Graham in Arizona umfasst als Hauptelemente zwei Spiegel mit einem Durchmesser von je 8,4 Metern, die in einem frei drehbaren Schutzgebäude von etwa 60 Metern Höhe montiert sind (Foto: Large Binocular Telescope Observatory). Das LBT erreicht so das Lichtsammelvermögen eines Zwölf-Meter-Teleskops und ist damit das derzeit größte Einzelteleskop der Welt. Um sein Potenzial optimal nutzen zu können werden spezielle Messinstrumente angekoppelt wie LUCI; die Abkürzung steht für „Large Binocular Telescope Near-infrared Utility with Camera and Integral Field“. Die Apparatur kann sowohl Infrarot-Bilder einer Himmelsregion aufnehmen als auch das Licht einzelner Objekte spektral zerlegen, so Dr. Walter Seifert von der Landessternwarte Königstuhl, der maßgeblich an dem Projekt mitwirkte.
Die gesamte Optik von LUCI befindet sich in einem Kryostaten, der die Komponenten auf minus 200 Grad Celsius kühlt. „Dies ist notwendig, um störende infrarote Wärmestrahlung der verschiedenen Bauteile zu vermeiden, die sonst das extrem schwache Infrarotlicht der untersuchten astronomischen Objekte überstrahlen würde“, erläutert Prof. Dr. Jochen Heidt von der Landessternwarte. LUCI besteht aus zwei speziellen Kameras, die für infrarote Direktaufnahmen des Himmels und Spektroskopie astronomischer Objekte eingesetzt werden. Eine dritte Kamera wurde für die Aufnahme von besonders scharfen Bildern konzipiert und wird in Kombination mit dem adaptiven Teleskop-Sekundärspiegel des LBT verwendet. Eine Besonderheit sind laut Heidt die zehn festen und bis zu 23 austauschbaren Masken, die der sogenannten Langspalt- und der Multi-Objekt-Spektroskopie dienen und es ermöglichen, bis zu zwei Dutzend Objekte gleichzeitig zu beobachten.
Nach der abschließenden Kalibrierung des Messsystems wird LUCI weit entfernte Galaxien ins Visier nehmen, deren Licht durch die kosmische Rotverschiebung im infraroten Spektralbereich zu finden ist. Das Gerät soll auch Einblicke in die Geburtsstätten von Sternen gestatten, die von intergalaktischem Staub verhüllt sind, den nur infrarotes Licht durchdringen kann. Die Wissenschaftler erhoffen sich von LUCI außerdem neue Erkenntnisse zur Entstehung von Planeten, die ferne Sterne umkreisen.
Vor 200 Jahren – im Mai 1816 – sind rund 850 Handschriften der ehemaligen Pfalzgräflichen Bibliothek nach Heidelberg heimgekehrt. Eine päpstliche Urkunde, die sich in den Beständen des Heidelberger Universitätsarchivs befindet, vermeldet die Rückkehr der Codices, die einst zu einer der berühmtesten und bedeutendsten Büchersammlungen Deutschlands gehörten: der „Bibliotheca Palatina“. In der abgebildeten Urkunde von Papst Pius VII. vom 16. Mai 1816 wird Prorektor und Senat der Ruperto Carola die Rückgabe der Palatina-Handschriften kundgetan (Foto: Universitätsarchiv).
Die Heidelberger „Bibliotheca Palatina“, deren Anfänge bis in das Jahr 1386 zurückreichen, gilt als eine der wichtigsten und umfangreichsten deutschen Bibliotheken des Mittelalters und der Frühen Neuzeit – zu ihrer Blütezeit im 16. und 17. Jahrhundert wurde sie als „Mutter aller Bibliotheken“ weithin gerühmt. Entsprechend ein sehr begehrtes Objekt, wurde sie 1622 zur Kriegsbeute: Nach der Eroberung Heidelbergs durch die Katholische Liga als Folge des Dreißigjährigen Krieges ließ Papst Gregor XV. Tausende Handschriften und Drucke der Pfalzgräflichen Bibliothek nach Rom bringen, um sie in die Vatikanische Bibliothek einzugliedern.
Fast zwei Jahrhunderte lang blieben alle Bemühungen, ihre Rückgabe zu erreichen, erfolglos. Erst im Zuge des Wiener Kongresses gelang es 1815/1816, zumindest einen Teil der Bibliothek für die Universität zu sichern. Im Oktober 1815 nahm Friedrich Wilken als Prorektor der Ruperto Carola 39 Codices in Paris entgegen, und am 13. Mai 1816 fanden 848 deutsche und vier lateinische Handschriften der Palatina ihren Weg von Rom zurück nach Heidelberg. In der Urkunde hebt Papst Pius VII. nicht nur auf die Rückgabe der Handschriften ab sondern bekräftigt auch seine Verbundenheit mit der Universität.
Der Versuch, die restlichen Palatina-Teile ebenfalls nach Heidelberg zu holen, scheiterte jedoch. Bis auf 29 griechische und 16 lateinische Codices lagern alle nicht-deutschsprachigen Handschriften und sämtliche Drucke noch heute in den Tresoren der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom. Die Universitätsbibliothek Heidelberg führt die Bestände der Palatina jedoch virtuell wieder zusammen: Nachdem bereits alle Handschriften deutscher Sprache in digitaler Form vorliegen, werden aktuell mit Unterstützung der Manfred-Lautenschläger-Stiftung die lateinischen Bestände digitalisiert, die in der Vatikanischen Bibliothek verwahrt sind.