Von Oliver Fink
Der Name ist Programm: „Pro Bono“ haben Heidelberger Studierende ihre 2013 gegründete Rechtsberatung getauft, was für die lateinische Wendung „pro bono publico“ steht, also zum Wohle der Öffentlichkeit. Denn genau darum geht es dem gemeinnützigen Verein, der den diesjährigen „Preis der Freunde“ an der Ruperto Carola erhielt (Foto: Philipp Rothe): Menschen unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten in den Bereichen Zivil-, Arbeits-, Sozial- und Migrationsrecht zur Seite zu stehen.
Der Alltag steckt voller juristischer Tücken, und die Rechtslage ist für den Laien meist undurchsichtig. Ein Mieter fragt sich angesichts offensichtlicher Baumängel, ob diese nicht einen Grund für eine Mietminderung darstellen. Beim Umtausch eines gekauften Produkts kommt es zu Schwierigkeiten oder bei einer gebuchten Dienstleistung entstehen unerwartete Mehrkosten. Ein Rechtsanwalt kann in solchen Fällen weiterhelfen – doch der stellt eine Rechnung. Hier setzt „Pro Bono Heidelberg“ an: „Als erste Anlaufstelle wollen wir sozial Bedürftigen, die sich eine anwaltliche Beratung nicht leisten können, dabei helfen, ihre Rechte kennenzulernen und durchzusetzen“, erläutert Lisa Offermanns, die erste Vorsitzende der studentischen Rechtsberatung.Hereinkommende Fälle werden einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von „Pro Bono“ zugeteilt. Die Jura-Studierenden klären die aktuelle Rechtslage und erstellen ein Gutachten, in dem Ansprüche und Rechte der Mandanten genau formuliert sind. Bevor diese über das Ergebnis informiert werden, erfolgt noch eine juristische Prüfung des Gutachtens durch den Beirat des Vereins, dem vor allem praktizierende Anwälte aus der Region angehören. „Letztendlich sprechen wir unseren Mandanten eine Empfehlung aus, wie sie sich verhalten sollen, und geben eine Einschätzung, ob sich ein Rechtsstreit vor Gericht lohnt“, betont Lisa Offermanns.
Weiter ist „Pro Bono“ grundsätzlich bereit, die Mandanten beim Führen von Telefongesprächen mit Streitgegnern zu unterstützen oder auch Verträge einer juristischen Prüfung zu unterziehen. Liegt der Streitwert über 700 Euro oder handelt es sich um straf- oder steuerrechtliche Problematiken, darf die studentische Rechtsberatung allerdings nicht aktiv werden. Und kommt es zu einem Gerichtsverfahren, dann müssen die Studierenden die juristische Betreuung selbstverständlich professionellen Anwälten überlassen.
Ein weiterer Schwerpunkt der studentischen Rechtsberatung liegt auf dem Migrationsrecht. Dazu gehört die gezielte Vorbereitung von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf ihre Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). „Die Anhörung ist Grundlage für die Entscheidung, ob ein Asylverfahren in Deutschland eingeleitet werden kann. Um Flüchtlinge auf diesen Termin gezielt vorzubereiten, nutzen wir einen Fragenkatalog, der mit dem vom BAMF fast identisch ist. Wie wir festgestellt haben, sind für die Flüchtlinge die größten Probleme oft die Sprachbarriere und eine etwas andere Art der Gesprächskultur. Wir empfehlen unseren Mandanten generell kurze und klare Sätze sowie eine stringente Darstellung des Sachverhalts“, erklärt Timo Kettler, der zweite Vorsitzende von „Pro Bono Heidelberg“.
Darüber hinaus werden im Bereich des Asyl- und Migrationsrechts regelmäßig persönliche Beratungsgespräche und Workshops angeboten. Die Studierenden verfassen auch Klagebegründungen bei Überstellungsbescheiden in ein anderes EU-Mitgliedsland gemäß der Dublin-III-Verordnung, die regelt, welcher Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Diese Schriftstücke werden ebenfalls vom Beirat kontrolliert und geprüft.
Neben der juristischen Dienstleistung geht es den mehr als 150 Hochschülern der Rechtsberatung bei ihrem Engagement aber zugleich um einen anderen Aspekt: Die Mitarbeit bei „Pro Bono“ dient auch der Berufsvorbereitung. Den Jura-Studierenden zufolge sind die dabei gesammelten Erfahrungen noch wertvoller als bei einem klassischen Praktikum. „Bei einem Praktikum ist man eher Zuschauer und Zuarbeiter. Bei unserer Fallbearbeitung liegt die gesamte Verantwortung bei uns selbst, und wir lernen in direkter Weise den richtigen Mandantenumgang. Das ist natürlich sehr wichtig im Hinblick auf die spätere Berufspraxis und lässt sich im Studium trotz entsprechender Angebote nicht simulieren“, sagt Lisa Offermanns. „Außerdem ist der Lerneffekt höher und das Themenspektrum umfangreicher. Der soziale Aspekt trägt zudem zu einem verstärkten Engagement bei“, ergänzt Timo Kettler.
Die studentische Rechtsberatung, deren Arbeit von der Juristischen Fakultät in Heidelberg unterstützt wird, kommt nicht nur gut bei ihren Mandanten an. Sie wurde seit Gründung auch bereits mehrfach ausgezeichnet. So erhielt „Pro Bono“ unter anderem den „Echt Gut!“-Preis der Landesregierung und den „Engagementpreis“ der ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zuletzt wurden die Hochschüler Anfang des Jahres mit dem „Preis der Freunde“ der Gesellschaft der Freunde Universität Heidelberg (GdF) bedacht. Begründet wurde die Vergabe insbesondere mit „dem wichtigen gesellschaftlichen Beitrag“, den die Heidelberger Jura-Studierenden mit ihrem Einsatz leisten – zum Wohle der Öffentlichkeit.