In der sogenannten großen Politik würde man von Superwahltagen sprechen: Mitte Juni waren die Studierenden der Ruperto Carola aufgerufen, die studentischen Mitglieder für den Senat der Universität sowie ihre Vertreter für die Fakultätsräte zu bestimmen (Symbolbild: Universität). Daneben benannten die Hochschüler die Listenvertreter für den „StudierendenRat“ (StuRa) sowie einige Fachschaftsplätze. Außerdem hatte der „StuRa“ den Heidelberger Studierenden eine Umfrage in die Wahlunterlagen gepackt, um die Bereitschaft zu einer kostenpflichtigen Kooperation mit dem Fahrradverleih „nextbike“ auszuloten.
Bei den Senatswahlen hat sich die Wahlbeteiligung mit 15,8 um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verbessert, bei den Wahlen zu den Fakultätsräten schwankte sie zwischen gut fünf und fast 30 Prozent. Vertreten werden vom 1. Oktober dieses Jahres an Paula Bröcker (Juso Hochschulgruppe), Anna Marie Maier (Liberale Hochschulgruppe - LHG) sowie Anja Popp und Moritz Nöltner-Augustin (GHG - Grüne Hochschulgruppe) die Studierenden im Senat der Universität Heidelberg; der RCDS und die Unabhängigen Medizinstudierenden büßten ihr früheres Mandat ein. Der Senat setzt sich aus den Vertreterinnen und Vertretern der Hochschullehrer, der akademischen Mitarbeiter und der Beschäftigten in Administration und Technik (mit einer jeweils vierjährigen Amtszeit) sowie den jährlich zu wählenden studentischen Senatoren zusammen. Neben diesen insgesamt 20 gewählten Mitgliedern hat der Senat weitere 19, die kraft Amtes dem Gremium angehören: der Rektor und die vier Prorektoren, die Kanzlerin, die Dekane aller zwölf Fakultäten sowie die Gleichstellungsbeauftragte der Universität.
Mit 15 Prozent und damit einem Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr fanden auch die Wahlen zum „StuRa“ einen größeren Zuspruch. Größere Verschiebungen zwischen den Listen rührten vor allem daher, dass die Grüne Hochschulgruppe in diesem Jahr nicht angetreten war, weil sie nicht genügend Kandidaten aufstellen konnte. Die Juso Hochschulgruppe und „Die Linke.SDS“ kamen auf je drei Sitze, die Liste der Medizinstudierenden, die Fachschaftsinitiative Jura, die Liberale Hochschulgruppe (LHG), die Fakultätsliste Biowissenschaften und der RCDS auf jeweils zwei, je einen Platz im nächsten „StudierendenRat“ besetzen „Die Liste“ und „Campus Bergheim“. Weitere 58 Räte entsenden die Fachschaften in die Studierendenvertretung.
Abschlägig wurde beim Urnengang die beabsichtigte Kooperation mit „nextbike“ von den studentischen Wählern beschieden, sozusagen ein vorgezogener „nexitbike“. Knapp 45 Prozent sprachen sich für eine mit Kosten verbundene Zusammenarbeit mit dem Fahrradverleih, 53 Prozent dagegen aus.
Ergebnis der Gremienwahlen 2016 an der Universität Heidelberg (pdf)
Bekanntmachung des Ergebnisses der Wahlen zum Studierendenrat (pdf)
Die vier Prorektoren der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Beatrix Busse, Prof. Dr. A. Stephen K. Hashmi, Prof. Dr. Dieter W. Heermann und Prof. Dr. Óscar Loureda, sind vom Senat der Ruperto Carola für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden. Für eine Fortsetzung ihrer Arbeit in der Hochschulleitung haben sich die Senatsmitglieder in der Sitzung am 21. Juni mit großer Mehrheit ausgesprochen. Die jeweils dreijährigen Amtszeiten beginnen am 1. Oktober dieses Jahres.
Die Anglistin Beatrix Busse, Jahrgang 1973, übernahm im Jahr 2011 eine Professur am Anglistischen Seminar und gehört zum Geschäftsführenden Direktorium der Heidelberg School of Education. Als Prorektorin für Studium und Lehre ist Beatrix Busse verantwortlich für die Steuerung der Studienangebote und für die Graduiertenausbildung. Zu ihrem Verantwortungsbereich gehört insbesondere die forschungsorientierte Lehre.
Der Chemiker A. Stephen K. Hashmi (Foto oben rechts), Jahrgang 1963, lehrt und forscht seit 2007 am Organisch-Chemischen Institut der Ruperto Carola. Als Prorektor vertritt er den Bereich Forschung und Struktur. Hierzu zählen neben Forschung und Forschungskooperationen die sogenannten Core Facilities sowie Kooperationsprojekte mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Stephen Hashmi ist ferner Erster Prorektor.
Der Physiker Dieter W. Heermann (Foto unten links), Jahrgang 1955, ist seit 1989 am Institut für Theoretische Physik tätig. Zugleich forscht er am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen. Dieter Heermann ist Prorektor für internationale Angelegenheiten – damit ist er zuständig für Auslandskontakte und Auslandskooperationen, zudem vertritt er die Universität in internationalen Wissenschaftsorganisationen.
Der Sprachwissenschaftler Óscar Loureda (Foto unten rechts), Jahrgang 1974, lehrt und forscht seit 2008 am Institut für Übersetzen und Dolmetschen (IÜD) und ist Geschäftsführender Direktor des IÜD. Außerdem gehört er dem Direktorium des Iberoamerika-Zentrums an. Als Prorektor für Qualitätsentwicklung ist Óscar Loureda verantwortlich für das alle universitären Leistungsbereiche umfassende Qualitätsmanagementsystem der Ruperto Carola.
Mit Förderung der Klaus Tschira Stiftung soll am Geographischen Institut der Ruperto Carola das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) entstehen: Aufgabe von „HeiGIT“ wird es sein, Erkenntnisse und Technologien zur Gewinnung von Geodaten aus der Grundlagenforschung in die Anwendung zu überführen. Dabei geht es etwa um die Frage, wie sich große und heterogene Datenquellen auswerten lassen, um diese Informationen in Katastrophenfällen für die humanitäre Hilfe nutzbar zu machen. Für die Aufbauarbeiten von „HeiGIT“ unter Leitung des Geoinformatikers Prof. Dr. Alexander Zipf, die jetzt im Juli begonnen haben, stellt die Stiftung Fördermittel von mehr als drei Millionen Euro zur Verfügung.
Das Team um Alexander Zipf hat für Notsituationen bereits Routing- und Navigationsdienste realisiert, die aus unterschiedlichen Datenquellen von „OpenStreetMap“ über „Twitter“ bis „Flickr“ und „Instagram“ gespeist werden und für jedermann verfügbar sind. Nach den verheerenden Erdbeben auf Haiti und in Nepal leisteten die Heidelberger Geoinformatiker auf diese Weise Soforthilfe, indem sie Rettungshelfern und Einsatzleitzentralen wichtige Fragen beantworten konnten. Neben der „Geoinformation für humanitäre Hilfe“ wollen sich die Wissenschaftler im Zuge von „HeiGIT“ zwei weiteren Themenbereichen widmen: den „Ortsbezogenen Diensten“, zu denen spezielle Routenplaner wie „OpenRouteService“ gehören (Karte: OpenRouteService.org), und der „Big Spatial Data Analysis“, bei der es um die Auswertung von großen Datenmengen geht.
„Nicht nur im Katastrophenmanagement, in der Gesundheitsplanung oder im Umweltmonitoring sind neue Methoden zur Gewinnung und Verarbeitung von Geodaten aus sehr großen und heterogenen Datenquellen unerlässlich“, betont Geoinformatiker Zipf, „auch in der Stadt- und Regionalplanung, etwa bei der Mobilitätsforschung, oder der Verkehrsplanung sind sie von großer Bedeutung.“ Laut Zipf zählt zur „Big Spatial Data Analysis“ auch die automatisierte Auswertung von Daten aus sozialen Medien, zu der das Heidelberg Institute for Geoinformation Technology ebenfalls forschen will. Diese Informationen sollen die Datenquellen von amtlichen Stellen genauso wie Satelliten- und Luftbilder ergänzen.
Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) wurde 1995 von dem Physiker Klaus Tschira (1940 bis 2015) gegründet. Sie fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik sowie die Wertschätzung für diesen Fächerkanon. Das bundesweite Engagement beginnt in Kindergärten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Dabei macht sich die KTS für neue Formen der Vermittlung naturwissenschaftlicher Inhalte stark. Sie unterstützt sowohl die Erarbeitung als auch die verständliche Darstellung von Forschungsergebnissen. Die Stiftung ist operativ wie fördernd tätig – sie verwirklicht eigene Projekte und vergibt Fördermittel.
Ein Impfstoff oder ein antiviral wirksames Medikament gegen das Zika-Virus steht bislang nicht zur Verfügung. Beides wird aber dringend benötigt, seit Infektionen mit dem Virus und die neu beobachteten Schädigungen von Ungeborenen im vergangenen Jahr gehäuft in Lateinamerika auftraten. Die Anfang August beginnenden Olympischen Spiele in Rio de Janiero rücken die Gefahr durch das Virus wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses – bereits Anfang Februar hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den „Öffentlichen Gesundheitsnotstand internationalen Ausmaßes“ wegen des Erregers erklärt.
Mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse und einem hochwirksamen Enzym-Hemmstoff ist es Wissenschaftlern der Universitäten Heidelberg und Lübeck jetzt gelungen, die Struktur eines Schlüsselenzyms des Zika-Virus auf atomarer Ebene zu bestimmen. Der Hemmstoff wurde von den Heidelberger Forschern Dr. Christoph Nitsche und Prof. Dr. Christian Klein entworfen und synthetisiert. Ihre Arbeiten sind Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts, das am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie (IPMB) der Ruperto Carola angesiedelt ist. Im Mittelpunkt steht dabei die Herstellung von Substanzen, die die Protease (Abbauenzym) von Flaviviren – dazu gehören neben dem Zika- auch das Dengue- und das West-Nil-Virus – mit hoher Wirksamkeit und Selektivität hemmen.
Die von den Heidelberger Forschern hergestellten Substanzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie außerordentlich fest an ihr makromolekulares Ziel binden: an die Protease der Viren (Abbildung: Hilgenfeld et al.), die für die Vermehrung essenziell ist. Wie Christian Klein ausführt, ist eine feste Bindung besonders wünschenswert, wenn Angriffspunkte von Infektionserregern wirksam ausgeschaltet werden sollen. Sie erleichtert darüber hinaus die Aufklärung der dreidimensionalen Struktur dieser gezielt geschaffenen Molekül-Komplexe, die im Fall von Zika aus dem Enzym-Hemmstoff und der Protease des Virus bestehen. Dieser Komplex bildete auch die Basis für die Untersuchungen der Lübecker Wissenschaftler, die mittels Röntgenstrukturanalyse die Struktur der Protease aufklärten.
Die Forscher erhoffen sich von den Ergebnissen, die im renommierten Journal „Science“ veröffentlicht wurden, Impulse für neue therapeutische Ansätze. Für die Entwicklung möglicher Arzneimittel sind jedoch weitere umfangreiche Studien erforderlich, betont Christian Klein: „Mit unserem Enzym-Hemmstoff und der von den Lübecker Kollegen entschlüsselten Struktur haben wir aber die Grundlage für eine zielgerichtete Suche nach passenden Wirkstoffen gelegt.“