Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Japan in Schwarzweiß

Während seines mehr als zehnjährigen Aufenthalts als Deutschlektor in Japan hat der spätere Heidelberger Kunsthistoriker Dietrich Seckel (1910 bis 2007) seine damaligen Studenten und Kollegen, aber auch Alltagsszenen, Landschaften und Architektur fotografiert. Nun hat das von ihm an der Ruperto Carola gegründete Institut für Kunstgeschichte Ostasiens zu seinem zehnten Todesjahr fast eintausend Fotografien aus den Jahren 1936 bis 1942 als Online-Archiv frei zugänglich gemacht.

Die Schwarzweiß-Bilder Dietrich Seckels sind zunächst einmal als historische Dokumente äußerst wertvoll: Unter ihnen befinden sich etwa Aufnahmen aus Hiroshima vor der Bombardierung durch die USA im August 1945; auch viele der fotografierten Tempel-, Schrein- und Wohngebäude existieren heute nicht mehr. Darüber hinaus bilden die Fotos als Ganzes zugleich den visuellen Bericht eines Deutschen im Japan der Vor- und Kriegszeit – und der Betrachter erhält damit einen ganz besonderen Einblick in den persönlichen Werdegang des Wissenschaftlers. In ihrer im vergangenen Jahr vorgelegten Master-Arbeit hat die Studentin Anne-Laure Bodin diesen fotografischen Nachlass erstmals ausführlich analysiert und einzelne Aufnahmen in Beziehung zu überlieferten Briefen Seckels aus jener Zeit gesetzt. Die Studie mit dem Titel „Japan durch die Augen eines deutschen Kunsthistorikers gesehen“ ist ebenfalls online frei abrufbar.

Im Anschluss an seine Promotion war der 1910 in Berlin geborene Dietrich Seckel 1935 als Deutschlektor nach Japan gegangen und lebte dort zuerst in Hiroshima, später in der Nähe von Tokyo. Nach seiner Rückkehr elf Jahre später habilitierte er sich dann 1948 an der Universität Heidelberg und begann hier, die Kunstgeschichte Ostasiens am Kunsthistorischen Institut als Disziplin institutionell aufzubauen. 1965 wurde er der deutschlandweit erste Lehrstuhlinhaber auf diesem Fachgebiet.

Straßenszene, aufgenommen 1937 in der japanischen Stadt Nirasaki.
Foto: Dietrich Seckel

Auch nach seiner Emeritierung 1976 nahm Seckel regen Anteil am akademischen Leben der Ruperto Carola, richtete einen Fonds zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlern ein, wurde zum korrespondierenden Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt und wirkte überdies im Kuratorium des hiesigen Völkerkundemuseums. An seinem 95. Geburtstag legte er den dritten und abschließenden Band eines monumentalen Alterswerks über das Porträt in Ostasien vor.

Personengruppe vor dem Schloss in Hiroshima, das durch die Atombombe 1945 zerstört wurde.
Foto: Dietrich Seckel

Wie Prof. Dr. Lothar Ledderose, der bei Seckel studiert hat und später selbst Direktor des Instituts für Kunstgeschichte Ostasiens war, in seinem Nachruf auf den 2007 verstorbenen Kunsthistoriker betont, hat dieser dem Fach als „Pionier“ neue Forschungsfelder erschlossen: so die ostasiatische Schriftkunst, die Raumdarstellung in der Malerei und das Porträt. Vor allem Dietrich Seckels Arbeiten über buddhistische Kunst begründeten sein internationales Renommee.

Die Japan-Fotografien Dietrich Seckels im Internet:
http://heidicon.ub.uni-heidelberg.de/pool/zo_dsa

Anne-Laure Bodins Master-Arbeit „Japan durch die Augen eines deutschen Kunsthistorikers gesehen“:
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/4598