„Heute ist ein Tag, an dem Zukunft greifbar wird.“ Mit diesen Worten wandte sich der Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Dr. h.c. Bernhard Eitel, an die Festgäste, die zum traditionellen Spatenstich ins Neuenheimer Feld gekommen waren (Foto: Philipp Rothe). Der Spatenstich markierte den symbolischen Baubeginn für das European Institute for Neuromorphic Computing (EINC), das den im Human Brain Project engagierten Heidelberger Wissenschaftlern einen Forschungsneubau mit rund 2200 Quadratmetern Nutzfläche bescheren wird. Das Human Brain Project – ein Großvorhaben der Europäischen Kommission – hat nichts weniger als das menschliche Gehirn zum Vorbild und zielt darauf ab, ein integriertes Verständnis der Hirnstrukturen und -funktionen mit Hilfe neuartiger Informations- und Kommunikationstechnologien zu erlangen.
Beim Spatenstich waren neben Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und Gisela Splett, der Staatssekretärin im Finanzministerium, die drei privaten Förderer vertreten, die mit sechs Millionen Euro die Finanzierung des künftigen EINC-Gebäudes sichern. Für diese großherzige Unterstützung brachte der Rektor seinen Dank gegenüber Dr. Hans-Peter Wild sowie Beate Spiegel, Geschäftsführerin der „Klaus Tschira Stiftung“, und Katrin Tönshoff, Leiterin der „Dietmar Hopp Stiftung“, ausführlich zum Ausdruck.Hans-Peter Wild, Ehrensenator der Ruperto Carola, trägt das Vorhaben mit drei Millionen Euro mit, die beiden Stiftungen steuern jeweils 1,5 Millionen Euro bei. Die Gesamtbaukosten sind mit rund 18 Millionen Euro veranschlagt; die Hälfte davon werden bestritten aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Zuständigkeitsbereich des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums, das weitere zwei Millionen Euro zuschießen wird. Die Universität Heidelberg selbst bringt eine Million Euro aus Eigenmitteln auf. In etwa zwei Jahren soll der EINC-Neubau stehen.
Für den besonderen finanziellen Einsatz der Stifter dankten auch Staatssekretärin Splett und Ministerin Bauer. In einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten sei es gelungen, die Realisierung des EINC-Gebäudes zu ermöglichen, betonte Gisela Splett. Der Spatenstich sei ein „wunderbarer Beleg“, wie aus einer verbindenden europäischen Idee ein konkretes europäisches Projekt werde, sagte Theresia Bauer. Die Ministerin warb in diesem Zusammenhang nachdrücklich für eine vernetzte, freie und internationale Wissenschaft. Ein Grußwort adressierte ebenso der Erste Bürgermeister der Stadt Heidelberg, Jürgen Odszuck, an die Gäste; eingeläutet hatte die Feierstunde der Leitende Baudirektor Bernd Müller vom „Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Mannheim und Heidelberg“ mit Begrüßungsworten.
Das EINC-Gebäude soll eine Nutzfläche von rund 2200 Quadratmetern mit einer große Maschinenhalle vereinen und entsteht in unmittelbarer Nachbarschaft zum neu errichteten Centre for Advanced Materials (CAM), dem materialwissenschaftlichen Forschungszentrum der Ruperto Carola. Platz wird das European Institute for Neuromorphic Computing bieten für die Wissenschaftler um Prof. Dr. Karlheinz Meier vom Kirchhoff-Institut für Physik – unter seiner Leitung realisieren sie im Human Brain Project gemeinsam mit Kollegen aus verschiedenen Forschungseinrichtungen Europas eine technologische Plattform für neuromorphes Rechnen, deren Prototyp im vergangenen Jahr vorgestellt und zur Nutzung freigegeben wurde.
In einer kurzen Ansprache gewährte Karlheinz Meier einen Einblick in die Arbeit der Heidelberger Forscher. Demnach haben sie ein neuartiges Konzept für neuromorphe Computer entworfen und umgesetzt, das auf radikale Weise alle etablierten Prinzipien konventioneller Computer hinter sich lässt und durch neue physikalische Modelle neuronaler Schaltkreise ersetzt. Nur drei Gruppen weltweit seien derzeit in der Lage, so Meier, große Systeme dieser Art zu konstruieren. Ziel seien kognitive Computer nach dem Vorbild des Gehirns, die ausgeprägte Lernfähigkeiten aufweisen, komplexe Daten analysieren können und in der Lage sind, erlerntes Wissen für Vorhersagen zu nutzen.
Das im Jahr 2013 gestartete Human Brain Project ist eine von zwei „FET Flagship“-Initiativen für zukunftsweisende Technologien, die von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen wurden. Das Großprojekt will ein integriertes Verständnis der Gehirnstrukturen und -funktionen auf Basis neuartiger Informations- und Kommunikationstechnologien herstellen. Sechs Technologieplattformen bilden die Grundlage für breitangelegte Kollaborationen von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Experten aus der klinischen Praxis von über 110 europäischen und internationalen Forschungseinrichtungen und Firmen sowie zusätzlich gut 20 „Collaborating Partners“. Das Human Brain Project soll fast 1,2 Milliarden Euro beanspruchen und ist auf zehn Jahre angelegt.
Siehe auch: „Neuromorphes Rechnen: Sechs Millionen Euro für ein neues Forschungsgebäude“ mit Statements der Stifter
Siehe auch: „Spatenstich für das European Institute for Neuromorphic Computing“