Wie der Leiter der Forschungsstelle, Prof. Dr. Stefan Weinfurter vom Historischen Seminar, bei der Eröffnung betonte, verfolgt die Ausstellung vor allem drei Ziele. Zunächst gehe es darum, die Geschichte des Papsttums generell wieder stärker in das kulturelle Gedächtnis zurückzuholen. Ein weiteres wichtiges Anliegen sei es, die Bedeutung der Päpste für die europäische Geschichte zu vergegenwärtigen: „Europa gäbe es ohne sie in der heutigen Form nicht.“ Das Papsttum habe nicht nur die theologische Entwicklung sondern als quasi transnationale und globale Institution auch die Herausbildung des lateinischen Abendlandes nachhaltig geprägt – sei es als politische Schutz- und Ordnungsmacht, als zentrale Rechtsinstanz oder auch als Förderer der mittelalterlichen Universitäten und der Wissenschaft.
Veranschaulicht wird in Mannheim, auf welche Weise das Papsttum in der Nachfolge des Apostels Petrus entstanden ist und wie es sich im Laufe der Jahrhunderte etablieren und behaupten konnte. Dass diese Entwicklung nicht geradlinig verlief, davon zeugen immer wieder Krisen wie etwa das Große Abendländische Schisma. Auch die Papstkritik, so Stefan Weinfurter, ist keine Erfindung der Reformatoren des 16. Jahrhunderts. Allerdings war deren Kampf gegen die päpstliche Autorität erfolgreich – und führte schließlich zum Auseinanderbrechen der Einheit der lateinischen Welt.
Das Spektrum der rund 330 Exponate, die in der Ausstellung gezeigt werden, reicht von mittelalterlichen Handschriften über Gemälde und Skulpturen bis zu kunsthandwerklichen Artefakten und Textilien – darunter ein Ornat des Papstes Nikolaus V., das die besondere Prachtentfaltung der Päpste im Zeitalter der Renaissance belegt. Zu den außerordentlichen Attraktionen zählt auch der sogenannte Papst-Kaiser-Rotulus, der erstmals in seiner vollen Länge von knapp sieben Metern öffentlich zu sehen ist. Dabei handelt es sich um eine Pergamentrolle aus dem 15. Jahrhundert, die Universalgeschichte über einen Zeitraum von mehr als 1400 Jahren in grafischer Form nachzeichnet – mit 232 Papstbildern und 133 Abbildungen von Kaisern und Königen. Ein Drittel der gezeigten Leihgaben stammt aus den verschiedenen Sammlungen des Vatikans. Neben kostbaren Objekten werden darüber hinaus originalgetreue Rekonstruktionen – zum Beispiel der Basilika Alt-St. Peter und der Petrusmemorie – präsentiert. Zum multimedialen Angebot gehören nicht zuletzt zahlreiche Filmsequenzen.
Die mitausrichtende Forschungsstelle „Geschichte und kulturelles Erbe“ mit Sitz in der Heidelberger Villa Poensgen verbindet Kulturwissenschaft und Kulturvermittlung. Sie ist einerseits eine Einrichtung der Universität Heidelberg, angesiedelt am Historischen Seminar, andererseits steht sie in enger Verbindung mit den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Finanziert wird sie von der Curt-Engelhorn-Stiftung. Wissenschaftlich ist die FGKE auf die Erforschung kultureller und transkultureller Prozesse ausgerichtet – im Mittelpunkt steht der Zeitraum von der Spätantike bis zur Renaissance. Die Schwerpunktthemen werden im Verbund mit den rem erarbeitet, Kooperationen gibt es aber auch mit anderen Institutionen wie etwa der Weltkulturerbestätte Kloster Lorsch. Durch internationale Kongresse, Workshops und eigene Forschungen wird der wissenschaftliche Stand erfasst; die Ergebnisse werden mit Ausstellungen, aber auch in Form von Filmproduktionen, Publikationen und Vorträgen einem breiten Publikum zugänglich gemacht.
Die Ausstellung „Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt“ ist noch bis 26. November im Museum Zeughaus C5 der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim zu sehen, Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen.
www.paepste2017.de
Enorme finanzielle Anstrengungen
Für Stefan Weinfurter (Foto: Fink), Leiter der Forschungsstelle „Geschichte und kulturelles Erbe“, ist die aktuelle Päpste-Ausstellung das „größte und anspruchsvollste Unternehmen“, an dem er in diesem Bereich bislang mitgewirkt habe, so der bekannte Historiker im Interview mit Oliver Fink:
Herr Professor Weinfurter, welche Aufgabe übernimmt die Forschungsstelle bei Ausstellungsprojekten?
„Wir sorgen in erster Linie für die wissenschaftliche Begleitung und Absicherung eines solchen Vorhabens. So haben wir während der rund fünfjährigen Vorbereitungsphase der Päpste-Ausstellung vier große Tagungen organisiert, deren Ergebnisse bereits veröffentlicht wurden. Auch zwei Doktorarbeiten zu Themen aus der Papstgeschichte sind in dieser Zeit an der Forschungsstelle entstanden. Somit können wir in Mannheim neueste Forschungsergebnisse integrieren und darstellen. Der Austausch mit den rem und ihrem Generaldirektor Prof. Dr. Alfried Wieczorek ist dabei auf allen Ebenen sehr eng.“
Was macht das Format Ausstellung eigentlich so besonders?
„Für eine Ausstellung steht uns eine breite Palette verschiedener Medien und Techniken zur Verfügung, die wir für die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse einsetzen können. An erster Stelle stehen natürlich die Exponate mit ihrer ganzen Aura und Zeitgenossenschaft. Sodann können wir Texte und Bilder wie zum Beispiel Infografiken zur Erläuterung und Kontextualisierung nutzen. In der Päpste-Ausstellung haben wir außerdem mehrere Medienstationen aufgestellt – wir präsentieren Film- und Tondokumente, sogar Comics. Auch spezielle Visualisierungstechniken und dreidimensionale Modelle tragen dazu bei, die einzelnen Themen leicht verständlich zu veranschaulichen.“
Werden solche Ausstellungen eigentlich auch innerhalb der Fach-Community diskutiert?
„Ja. Zum einen geht es dabei um methodische Fragen, also auf welche Weise historische Themen auch einem interessierten Laienpublikum anspruchsvoll und zugleich wissenschaftlich abgesichert vermittelt werden können. Zum anderen wird aber auch die Frage gestellt, ob man in Zukunft überhaupt noch große kulturgeschichtliche Ausstellungen wird machen können.“
Was spricht dagegen?
„Die bislang außerordentlich große Nachfrage könnte beispielsweise abnehmen, das Interesse sich vielleicht auf andere Themen verlagern, die vermeintlich näher am alltäglichen Leben liegen. Eine besondere Herausforderung besteht aber nicht zuletzt darin, herausragende Leihgaben zu bekommen. Das setzt viel Verhandlungsgeschick, gute Beziehungen und vor allem enorme finanzielle Anstrengungen voraus. Auch nehmen Einschränkungen in konservatorischer Hinsicht zu. So wird es leider immer schwieriger, Ausstellungen wie jetzt in Mannheim in dieser Form und mit diesem Umfang auf die Beine zu stellen.“