Von Oliver Fink
In fast 3000 Kurzbiographien hat Dr. Dagmar Drüll-Zimmermann (Foto: Thewalt) alle an der Universität Heidelberg seit ihrer Gründung 1386 bis zum Jahr 1986 tätigen und besoldeten Professoren vollständig dokumentiert – im Wortsinne ein Jahrhundertwerk. Jetzt wurde die Historikerin und Mitarbeiterin des Universitätsarchivs in den Ruhestand verabschiedet. Dagmar Drüll-Zimmermann studierte Geschichte und Germanistik an der Universität Bochum und wurde dort mit einer Arbeit zum mittelalterlichen „Codex Cumanicus“ 1978 promoviert. Nach einer Bibliotheksausbildung in Köln für den höheren wissenschaftlichen Dienst wechselte sie 1981 an die Ruperto Carola. Hier ist ihr Wirken in erster Linie mit der Arbeit am besagten „Heidelberger Gelehrtenlexikon“ verbunden. Das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Eike Wolgast vom Historischen Seminar wurde 1981 mit Blick auf die bevorstehende 600-Jahr-Feier der Universität ins Leben gerufen. Vier Bände sind seitdem erschienen – der erste im Jubiläumsjahr 1986, der letzte 2009.
Frau Drüll-Zimmermann, 600 Jahre Wissenschaftsgeschichte in biographischer Perspektive vermittelt das Heidelberger Gelehrtenlexikon. Wie sind Sie seinerzeit zu diesem Projekt gekommen und was hat Sie daran besonders gereizt?„Aufmerksam geworden auf das Vorhaben bin ich über die damalige Stellenanzeige in der FAZ, mit der eine wissenschaftliche Mitarbeiterin gesucht wurde. Da mich historische Biographien schon immer fasziniert haben und es bis heute tun, habe ich mich beworben und gelangte so von der ersten Hochschulneugründung nach dem Zweiten Weltkrieg – der Universität Bochum, an der ich studiert habe – an die älteste Universität Deutschlands.“
Insgesamt 2843 Biographien haben Sie als Autorin für das Lexikon verfasst. Das klingt nach einer eher einseitigen Tätigkeit ohne große Abwechslung.
„Da muss ich widersprechen. Der Zugriff auf biographische Daten und deren Verfügbarkeit ist je nach Epoche ganz unterschiedlich, was mich immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt hat. Für den letzten Teil musste ich auch Kontakt zu noch lebenden Wissenschaftlern aufnehmen. Und die Lebensgeschichten selbst, die im Gelehrtenlexikon dokumentiert werden, sind äußerst spannend und alles andere als eindimensional. Mitunter begegnen einem auch geradezu dramatische Geschichten. So wurde Hieronymus von Prag, der Anfang des 15. Jahrhunderts an der Universität Heidelberg lehrte, aufgrund seiner kirchenkritischen Äußerungen als Ketzer hingerichtet. Bedrückend sind auch die Schicksale von Wissenschaftlern während der nationalsozialistischen Diktatur.“
Das Projekt wurde 2009 mit Erscheinen des vierten Bandes abgeschlossen. In diesem Jahr noch wird eine überarbeitete Neuauflage des Bandes veröffentlicht, der 1986 als erster erschienen ist und den Zeitraum von 1803 bis 1932 umfasst. Warum gibt es eine überarbeitete Version und wie wird sie sich gegenüber der Erstauflage unterscheiden?
„Neben einer Aktualisierung der Literaturhinweise werden die Biographien wesentlich ausführlicher ausfallen, so wie es auch in den übrigen drei Bänden der Fall ist. Der erste Band war gewissermaßen noch eine Art Probelauf. So habe ich in der Folgezeit etwa mehr Gewicht auf die Dokumentation sozialer Netzwerke gelegt, zum Beispiel durch das Aufzeigen von Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Wissenschaftlern, wodurch auch Gelehrtendynastien leichter erkennbar sind. Das holen wir nun für den ersten Band nach.“