Im Januar möchte das baden-württembergische Wissenschaftsministerium das Hochschulrechtweiter-entwicklungsgesetz (HRWeitEG) in den Landtag einbringen (Foto: Landtag von Baden-Württemberg). Hinter dem sperrigen Namen steckt eine Novelle des Landeshochschulgesetzes (LHG), die einem Urteil des baden-württembergischen Verfassungsgerichtshofs Rechnung trägt. Dieser hatte vom Gesetzgeber gefordert, die Wissenschaftsfreiheit in der Hochschulgovernance deutlicher abzubilden.
Um dem Votum des Gerichtshofs zu entsprechen, will die Novelle ergänzend zur bisherigen Regelung im Landeshochschulgesetz ein exklusives Recht für die Gruppe der Professoren einführen: Im Falle einer tiefen Vertrauenskrise zwischen Rektorat und Professorenschaft dürfen die Hochschullehrer die hauptamtlichen Rektoratsmitglieder – im Zuge eines zweistufigen Verfahrens mit Quorum – in Form einer Ur-Abwahl des Amtes entheben. Hierfür muss die Mehrheit aller Professorinnen und Professoren sowie eine Mehrheit an mindestens der Hälfte aller Fakultäten oder Sektionen für eine Abwahl stimmen. Ferner sollen Dekane künftig nicht mehr qua Amt Mitglied im Senat sein sondern als gewählte Vertreter ihrer Fakultät.
Die LHG-Novelle setzt daneben neue Schwerpunkte: Erstmals sollen die Doktoranden eine eigene Gruppe bilden und einen eigenen Status in den Hochschulgremien erhalten – bislang verteilten sie sich je nach dem auf die Statusgruppe der Studierenden oder der Wissenschaftlichen Mitarbeiter. Laut Ministerium promovieren gegenwärtig rund 30 000 Doktorandinnen und Doktoranden an Baden-Württembergischen Universitäten. Außerdem erweitert der Gesetzentwurf die Möglichkeiten der Hochschulen, Unternehmensgründungen aus ihrem Umfeld zu fördern, indem es Gründerinnen und Gründern erlaubt wird, Einrichtungen ihrer Hochschule noch drei Jahre lang zu nutzen.
Nicht zuletzt sieht die Rechtsnovelle eine Einschränkung des bisherigen Paragraphen 65 LHG vor, der in Absatz 4 künftig implizit eine allgemeinpolitische Betätigung der Verfassten Studierendenschaft (VS) für unzulässig erklären soll – schon 1979 habe das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass ein allgemeinpolitisches, nicht hochschulbezogenes Mandat gegen das Grundgesetz verstoße, so das Ministerium. Gerade daran jedoch stößt sich die VS empfindlich, die zudem befürchtet, dass die Studierendengruppe durch den neuen Status der Doktoranden an Gewicht verlieren könnte, falls die Senate nicht entsprechend vergrößert würden. Im Heidelberger „StudierendenRat“ (StuRa) befasst sich ein Arbeitskreis LHG-Novelle mit dem Gesetzentwurf, zusätzlich hat die Referatekonferenz einen Gesetzeskommentar zum HRWeitEG verabschiedet. Um den Anliegen der Studierendenschaft Nachdruck zu verleihen, wurde vom „StuRa“ darüber hinaus eine Postkartenkampagne ins Leben gerufen, mit der man auf die politischen Entscheidungsträger einwirken will.
Anhörungsentwurf für das Hochschulrechtweiterentwicklungsgesetz (pdf)
Gesetzeskommentar der Verfassten Studierendenschaft der Universität Heidelberg zum
HRWeitEG (pdf)
Fördermittel von 10,7 Millionen Euro hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für den Sonderforschungsbereich/Transregio „Molekulare Architektur und zelluläre Funktionen von Lipid/Protein-Komplexen“ bewilligt, der damit für weitere vier Jahre seine Arbeit in der dritten Förderperiode fortsetzen wird. Sprecherhochschule des Verbunds, an dem das Biotechnology Center (BIOTEC) der Technischen Universität Dresden und das Paul-Langerhans-Institut Dresden, das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden sowie das Life & Medical Sciences Institute (LIMES) und das Institut für Angeborene Immunität der Universität Bonn beteiligt sind, ist die Ruperto Carola: Im Biochemie-Zentrum der Universität Heidelberg (BZH) werden die standortübergreifenden Arbeiten des SFB/Transregio 83 koordiniert.
Worum geht es bei diesen Arbeiten (Symbolbild: Universität Heidelberg)? Zwischen den unterschiedlichen Reaktionsräumen einer Zelle werden durch die abgrenzenden biologischen Membranen kontrolliert Substanzen und Informationen ausgetauscht. Diese Membranen setzen sich aus zwei wichtigen Bestandteilen – Lipiden und Proteinen – zusammen. Membranlipide galten ursprünglich als rein strukturelle Komponenten. „Es hat sich jedoch gezeigt, dass Lipide eine unerwartete Vielzahl physiologischer Funktionen sowohl beim Membrantransport als auch bei der Signalweiterleitung kontrollieren“, erläutert der Sprecher des Forschungsverbunds, Prof. Dr. Thomas Söllner vom BZH: „Eine entscheidende Rolle spielen dabei spezifische Protein-Lipid-Wechselwirkungen, von denen bislang aber nur ein verschwindend geringer Teil bekannt ist.“
Forschungsziel ist es, den Beitrag eines jeden Lipids für Struktur und Funktion einer biologischen Membran zu verstehen. Dazu analysieren die Wissenschaftler des SFB/Transregio 83 unterschiedliche Modellsysteme, etwa die Bildung von Viruspartikeln in der Zelle oder den Aufbau von sogenannten primären Zilien. Außerdem geht es um die Vorgänge der Signalweiterleitung an der Plasmamembran sowie um die kontrollierte Fusion von Membranen. Ein weiterer Arbeitsbereich sind ausgewählte Protein-Lipid-Komplexe.
Wissenschaftler der Ruperto Carola sind ferner nennenswert an dem von der DFG geförderten Sonderforschungsbereich „Molekulare Kodierung von Spezifität in pflanzlichen Prozessen“ (SFB 1101) beteiligt, der nun – unterstützt mit knapp zwölf Millionen Euro – seine Arbeit ebenfalls für weitere vier Jahre fortsetzen wird. Ziel des Verbunds ist es, präzise Voraussagen darüber zu treffen, wie in der Entwicklung der Pflanzen eine „Spezialisierung“ erfolgt, um auf diese Weise neue funktionelle Zelleigenschaften erzeugen zu können. Forscher der Universitäten Tübingen, Heidelberg und Hohenheim untersuchen dazu mit einem breiten Methodenspektrum molekulare Mechanismen, die während der Pflanzenentwicklung in Anpassung an abiotische und biotische Umweltfaktoren Spezifität herstellen.
www.uni-heidelberg.de/einrichtungen/forschung/sonderforschungsbereiche.html
Seiner Bestimmung übergeben wurde jüngst der Neubau für das Zentrum für Integrative Infektionsforschung – Center for Integrative Infectious Disease Research (CIID), das direkt mit dem Zentrum für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg verbunden ist. „Das neue Zentrum schafft mit seiner hochmodernen Mikroskopie-Infrastruktur sowie den Sicherheitslaboren ein exzellentes Umfeld, um von Heidelberg aus die Erforschung hoch-infektiöser Erreger wie Hepatitis, HIV, Zika, Virusgrippe oder Malaria maßgeblich voranzubringen. Damit leistet Baden-Württemberg einen maßgeblich Beitrag auf diesem Forschungsgebiet“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die mit Finanzstaatssekretärin Dr. Gisela Splett den Neubau an die Universität Heidelberg übergab (Foto: Universitätsklinikum Heidelberg). Die Hälfte der Baukosten von 21,5 Millionen Euro hat der Bund übernommen, die andere Hälfte das Klinikum und das Land.
Das vierstöckige Forschungsgebäude, geplant von der Dortmunder Gerber Architekten GmbH, bietet eine Hauptnutzfläche von 2734 Quadratmetern und umfasst Labore der Sicherheitsstufen 2 und 3. Insbesondere die S3-Laborflächen wurden wesentlich erweitert und bieten geschützte Bedingungen für die Arbeit an Mikroorganismen, die zu schweren Erkrankungen führen können, wie Hepatitis-, Dengue- oder HI-Viren. Im wissenschaftlichen Fokus stehen die Wechselbeziehungen zwischen Krankheitserregern und Wirt: Wie laufen die Infektionen ab und wie können Wirkstoffe diese verhindern? „Auf Einzelzell-Ebene und in Modellsystemen sind viele dieser Fragen bereits gut untersucht oder im Blickpunkt aktueller Forschung an vielen Orten“, erklärte Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich, Sprecher des Zentrums für Infektiologie, „unser Ziel ist es jedoch, den Infektions- und Krankheitsverlauf in komplexen Organsystemen oder sogar im lebenden Organismus zu verstehen.“
„Im Zusammenwirken von Universität Heidelberg und Universitätsklinikum ist es uns gelungen, auf dem Campus im Neuenheimer Feld an der Schnittstelle von den Lebenswissenschaften zu den anderen Naturwissenschaften einen international ausstrahlenden Kompetenzschwerpunkt zu schaffen. Für die bereits jetzt herausragende Infektionsbiologie wird mit dem neuen Gebäude für Forschung, Lehre und letztlich für die Qualität der medizinischen Versorgung eine Landmarke in einem exzellenten wissenschaftlichen Umfeld entstehen“, verlieh Prof. Dr. Bernhard Eitel, Rektor der Ruperto Carola, seiner Freude Ausdruck.
Bis zu 25 Gruppen mit rund 150 Mitarbeitern werden in den Forschungsbau einziehen. Die meisten sind Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung. „Das CIID ist direkt mit der tropenmedizinischen Ambulanz und den diagnostischen Einrichtungen des benachbarten Zentrums für Infektiologie verbunden. Davon werden sowohl Grundlagen- als auch translationale und klinische Forschung profitieren“, betonte Prof. Dr. Wolfgang Herzog, Dekan der Medizinischen Fakultät.
Das ist nicht zum Abfeiern: Die Stadt Heidelberg wird die Walpurgisnachtfeier auf der Thingstätte künftig untersagen. Damit zieht sie die Konsequenz aus mehreren Vorfällen in der jüngeren Vergangenheit mit einem Schwerverletzten und einem Waldbrand. Das populäre Fest in der Nacht zum 1. Mai mit bis zu 15 000 Besuchern auf dem Heiligenberg (Foto: Andreas Fink, Wikimedia Commons) hat keinen offiziellen Veranstalter, was viele gerade charmant fanden, aber auch kein grundlegendes Sicherheitskonzept. Eine von der Stadt in Auftrag gegebene Gefährdungsbeurteilung habe eine Reihe von hohen, zum Teil unzumutbaren Gefahrenquellen aufgezeigt, so das Rathaus. „Wir können die Gesundheit und die Sicherheit der Menschen nicht gewährleisten. Das Gelände ist unübersichtlich, nicht ausgeleuchtet, es gibt unzählige Sturzfallen und keinerlei Organisationsstruktur“, erklärte dazu Bürgermeister Wolfgang Erichson.
Zu diesem Schluss kommt auch die besagte Gefährdungsbeurteilung der Event Consult Europa. Der aktuelle Zustand sei für die Stadt und für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben nicht hinnehmbar: „In der Gesamtbetrachtung ist das Happening baulich und organisatorisch als mangelhaft einzustufen und kann in dieser Form auf keinen Fall weitergeführt werden.“ Das Unternehmen hat für sein Gutachten 23 Kategorien unter die Lupe genommen – von der Geländebeschaffenheit über Zu- und Abfahrtswege sowie Räumungsmöglichkeiten des Areals bis zum Besucherverhalten. Bei 17 Kategorien sehen die Gutachter „nicht zu vertretende und kalkulierbare Risiken“ (Tabelle mit der Risikoabschätzung als PDF) – die höchstmögliche von fünf Risikostufen.
Um das Verbot der Walpurgisnachtfeier auch wirksam durchsetzen zu können, soll die Thingstätte in der Nacht zum 1. Mai nächsten Jahres mit einem mobilen Zaun abgesperrt und von einem Sicherheitsdienst bewacht werden. Außerdem will die Stadt konkrete Gefahrenquellen ausleuchten. Zusätzlich sollen verstärkte Polizeipräsenz und ein Aufgebot städtischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Sicherheit sorgen.
Die Heidelberger Thingstätte auf dem Heiligenberg ist ein Beispiel für nationalsozialistische Architektur und eine nach dem Vorbild antiker griechischer Theater errichtete Freilichtbühne. Erbaut wurde sie 1934/1935 vom Reichsarbeitsdienst und Heidelberger Studierenden. Die Bühne sollte vor allem für Propagandaveranstaltungen herhalten, doch die Nationalsozialisten verloren schon bald das Interesse an der Anlage. Während des Zweiten Weltkriegs war die Thingstätte weitgehend ungenutzt. Heute fungiert sie als Denkmal, das frei zugänglich ist.
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