Von Oliver Fink (Text) und Tobias Schwerdt (Foto)
Mit so manchen Eigenheiten der „Beamtenmentalität“ kommt er, wie er sagt, gar nicht gut zurecht. So störte ihn schon während seiner Ausbildung, dass im Finanzamt selbst dann pünktlich Schluss oder Pause gemacht wurde, wenn noch jemand mit der Steuererklärung vor der Türe saß. Dienst nur nach Vorschrift kommt und kam für Jürgen Brachmann nie infrage. Nach vier Jahrzehnten an der Ruperto Carola, zuletzt im Amt des Geschäftsleitenden Beamten, geht er dieses Frühjahr in den Ruhestand.
Seinen Dienst an der Universität Heidelberg trat er 1977 an – nach einer Ausbildung im gehobenen nicht-technischen Verwaltungsdienst sowie beruflichen Stationen in Karlsruhe beim Liegenschaftsamt und der Landesoberkasse und in Stuttgart beim Landesamt für Besoldung und Versorgung. Der Weg führte ihn an der Ruperto Carola anfangs in die Personalabteilung als Sachbearbeiter. Ein „absolutes Highlight“, wie er betont, waren für ihn als Mitglied des Organisationsteams die Jubiläumsfeierlichkeiten 1986 zum 600-jährigen Bestehen der Universität: „Ein sehr anstrengendes aber zugleich auch ein tolles Jahr, in dem ich viele interessante Menschen innerhalb und außerhalb der Uni kennengelernt habe. Das hat mir auch für meine Mitarbeit beim nächsten Jubiläum, der 625-Jahr-Feier, sehr geholfen.“Den Posten des Geschäftsleitenden Beamten übernahm Jürgen Brachmann 1988 und damit die Leitung der gleichnamigen Stabsstelle, zu deren vielseitigem Aufgabenspektrum auch die Abwicklung des Postversands über die Poststelle oder die Registratur gehören. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ruperto Carola lernen ihn meist zunächst als Dozenten kennen, der mit seinen Kursen kurzweilig ins Verwaltungswissen einführt.
Keine Frage, Jürgen Brachmann ist durch und durch ein kommunikativer Mensch, der immer den direkten Kontakt sucht: „Anstatt eine Mail zu schreiben, schaue ich lieber persönlich vorbei.“ Und so wird dieser Austausch mit den Kollegen, da ist er sich sicher, zu den Dingen gehören, die er nach seiner Pensionierung am meisten vermissen wird. Warum mit ihm, wie viele Kollegen bestätigen, immer gut auszukommen ist und er wiederum mit den meisten ein sehr gutes Verhältnis pflegt, erklärt sich Jürgen Brachmann so: „Der Sport hat mir unheimlich viel gebracht und geholfen im Umgang mit Menschen. Wenn du eine Mannschaft trainierst, geht es nicht zuletzt darum, eine gute Atmosphäre zu erzeugen, um gemeinsame Ziele zu erreichen.“ Womit die große private Leidenschaft des Jürgen Brachmann angesprochen ist – der Handball.
Angefangen hatte er als Schüler bei der KuSG Leimen. Doch seine Spielerkarriere in der Kreisliga währte nur kurze Zeit. Bereits mit Mitte 20 zwangen ihn Ischias-Beschwerden zur Aufgabe als Aktiver. So wurde Jürgen Brachmann Trainer, zuerst bei seinem Heimatclub, später auch als Coach der Kreisauswahl und bei anderen Vereinen wie der SG Walldorf Astoria, wo er gerade die weibliche A-Jugend betreut. Große Wirkung entfaltet er darüber hinaus als Funktionär, etwa als Vorsitzender des Handballkreises Heidelberg. „Hier wiederum habe ich sehr von meinen Erfahrungen in der Uni profitiert, vor allem im organisatorischen Bereich, aber auch, wenn es darum geht, bestimmte Angelegenheiten richtig einzuschätzen und zu beurteilen.“
Zu seinem Steckenpferd wurde dabei der Bereich des Sportrechts, mit dem er als Beisitzer im Kreissportgericht und im Verbandssportgericht in Berührung kommt. „Da geht es beispielsweise um Spielabbrüche oder Schiedsrichterbeleidigungen – spannende Fälle“, wie er erzählt. Vor zwei Jahren erhielt Jürgen Brachmann für seine zahlreichen Verdienste die Ehrennadel in Silber des Deutschen Handballbundes; in einem Artikel anlässlich seines 65. Geburtstags Anfang Dezember wurde er von der Rhein-Neckar-Zeitung anerkennend als „Handball-Boss“ der Region tituliert.
Mit einer Sache allerdings konnte er sich in der Vergangenheit offenbar nicht so recht durchsetzen. Dass seine drei erwachsenen Söhne allesamt Tennis dem Handball vorgezogen haben, nagt, wie er zugibt, schon ein kleines bisschen an ihm – auch wenn er darüber großzügig mit „Hauptsache Sport“ hinwegzusehen sucht. Bei seinem zwei Jahre alten Enkel soll es nun besser laufen. Ihm, berichtet Jürgen Brachmann schmunzelnd, hat er schon mal zur Sicherheit einen kleinen Handball geschenkt. Und von März an hat er im Ruhestand ausreichend Zeit, Brachmann junior von seinem Sport vollständig zu überzeugen.