Siegel der Universität Heidelberg
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Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

aufgrund des Universitätsgesetzes und des neugefaßten Kammergesetzes (Ärzte) hat die Universität Heidelberg die Ethik-Kommissionen in eigener Kompetenz geregelt und neu strukturiert. Nach wie vor ist eine Ethik-Kommission an der Medizinischen Fakultät Heidelberg angesiedelt und eine zweite an der Fakultät für Klinische Medizin Mannheim. 1994 haben sie zusammen über 300 Anträge beraten, verbessert, beschieden oder auch abgelehnt. Vorwiegend handelt es sich um Anträge zur Prüfung von Heilmitteln und Heilverfahren an Patienten und für Patienten, die unter Anwendung des Arzneimittelgesetzes und entsprechend den internationalen Deklarationen und Praxisvereinbarungen gewissenhaft und zügig zu behandeln waren. Es sind bis zu 25 Anträge im Monat. Als Neuerung ist eine weitere Ethik-Kommission für die Natur- und Sozialwissenschaften etabliert worden und eine gemeinsame Senatskommission für grundsätzliche Ethikfragen. Die Ethik-Kommissionen und ihre Arbeit, auch wenn sie sehr zeitaufwendig ist, haben sich bewährt. Sicherheit wird vermittelt und Vertrauen geschaffen. Aber nicht nur im medizinischen Bereich muß Neuland vorausschauend geprüft und in seinen Folgen abgeschätzt werden. Das gilt auch für andere Wissenschaftsbereiche, ja eigentlich für alle, die innovative Wertschöpfungen anstreben. Im technischen und biologischen Bereich geschieht dies durch die Stuttgarter Akademie zur Technologiefolgenabschätzung, die den komplexen und verbundenen Systemen besondere Aufmerksamkeit schenkt. Medizin, Biologie und Technik sind, wie alle anderen Bereiche innovativer Wertschöpfung, in eine Vielzahl von Gesetzen und Regelungen, nicht immer bündig, eingebettet, manchmal auch durch sie eingeschränkt. Zudem werden spezielle Wissenschaftsbereiche gezielt und besonders restriktiv reglementiert, wie sich am Gentechnikgesetz zeigen läßt. Auch das Gesundheitsstrukturgesetz schränkt freie Berufsgruppen und ganze Industriezweige empfindlich ein. Das hat nicht nur direkte Auswirkungen auf Fortschritt und Anwendung, sondern behindert Standorte und Arbeitsplätze.

Gesetze wirken sich nicht nur in ihrem Geltungsbereich aus, sondern weltweit und, oft unerwartet, ganz anders als beabsichtigt. Gesetzesfolgenabschätzung scheint immer notwendiger und wird erwartet. Innovative Wertschöpfung unterliegt auch der Wertung durch die Öffentlichkeit und damit ganz wesentlich dem Einfluß der Medien. Medieneinfluß ist rasch und effektiv, manchmal auch vorschnell und unausgewogen. Er kann zudem absichtsausgerichtet, einseitig ausfallen. Die vielzitierte Medienvielfalt aber ist ein schlechter und träger Regulator, und die schüchterne Selbstkontrolle scheint zumeist auf das Innenverhältnis bedacht. Eine objektive Medienfolgenabschätzung tut also ebenfalls not.

Fazit ist, daß jeder, der etwas bewirkt, auch die Folgen seiner Effekte, nah und fern, einfach und komplex, abschätzen muß und sein Forschen, Entwickeln und Handeln danach auszurichten hat. Beurteilung und Abschätzung durch nichtbeteiligte Gremien sind hilfreich und nötig. Davon bin ich überzeugt.

Ernst G. Jung, Prorektor

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