Siegel der Universität Heidelberg
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Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

spektakuläre Fälle von Fehlverhalten in der Wissenschaft haben im vorigen Jahr in der Presse hohe Wogen geschlagen; in den Wissenschaftsorganisationen führten die Ereignisse zu Diskussionen darüber, wie ein solches Fehlverhalten künftig vermieden werden kann.

Eine Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis erarbeitet. Auf deren Basis beschloß die Mitgliederversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Jahr 1998, DFG-Fördermittel zu verweigern, wenn eine Hochschule oder Forschungseinrichtung gegen Sinn und Zweck der genannten Empfehlungen gravierend verstößt. Die Universitäten wurden aufgefordert, die Empfehlungen der Kommission umzusetzen.

Um die Verantwortung in der Forschung und die damit unmittelbar verknüpften Aufgaben in Lehre und Nachwuchsförderung wahrzunehmen, hat der Senat der Universität Heidelberg jetzt eine Satzung verabschiedet. Die Satzung basiert auf den "Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten" der Universität Konstanz sowie den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz "Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen". Die Satzung basiert außerdem auf den Beschlüssen des Senats der Max-Planck-Gesellschaft "Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft (Verfahrensordnung)" sowie der Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis".

Es ist nicht einfach, Fehlverhalten in der Wissenschaft zu definieren. In einer Satzung kann Fehlverhalten deshalb nur allgemein umschrieben werden. Grauzonen gilt es, im Einzelfall zu erkennen und zu diskutieren. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, daß ein Fehlverhalten vorliegt, wenn beim wissenschaftlichen Arbeiten bewußt oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht, wenn das geistige Eigentum anderer verletzt oder deren Forschungstätigkeit in anderer Weise vorsätzlich geschädigt werden.

Was ist unter diesen Begriffen im Einzelnen zu verstehen? Als Falschangabe gilt beispielsweise, wenn Daten erfunden oder verfälscht oder wenn unerwünschte Ergebnisse ausgewählt und zurückgewiesen werden, ohne sie offenzulegen. Auch die Manipulation einer Darstellung oder Abbildung ist eine Falschangabe. Grob fahrlässige Falschangaben sind unrichtige Angaben in einem Bewerbungsschreiben oder einem Förderantrag. Ein Fehlverhalten ist auch dann festzustellen, wenn wissenschaftliche Ergebnisse nicht durch eigene Erkenntnisse, sondern auf der Grundlage von Plagiat oder Ideendiebstahl entstanden sind.

Wie soll nun verfahren werden, wenn der Verdacht auf Fehlverhalten in der Wissenschaft besteht? Abweichend von den Regelungen anderer Universitäten, bestellt die Universität Heidelberg nicht einen, sondern drei Ombudsleute. Sie sind Ansprechpartner für Angehörige der Universität. Es wurde als sinnvoll erachtet, daß die Ombudsleute verschiedenen Fachrichtungen angehören. Um möglichst viel Sachverstand zu vereinen, können die Ombudsleute Experten zur Beratung hinzuziehen. Als Vertrauenspersonen beraten die Ombudsleute diejenigen, die sie über ein vermutetes Fehlverhalten in der Wissenschaft informieren, und sie prüfen, wie plausibel die Vorwürfe sind.

Das Rektorat setzt zusätzlich eine ständige Kommission ein, die Vorwürfe hinsichtlich Fehlverhaltens in der Wissenschaft untersucht. Der Kommission werden als Vorsitzender ein Prorektor, drei Professoren (einer davon mit der Befähigung zum Richteramt), zwei Angehörige des wissenschaftlichen Dienstes, die Ombudsleute als Gäste mit beratender Stimme und (auf Wunsch der Kommission) Sachverständige mit beratender Stimme angehören. Die Kommission soll auf Antrag eines Ombudsmanns oder des Kommissionsvorsitzenden aktiv werden. Besteht der Verdacht auf ein Fehlverhalten in der Wissenschaft, können sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler direkt an die Ombudsleute oder an den zuständigen Prorektor wenden, ohne den Dienstweg einhalten zu müssen.

Bei den Beratungen des Senats hat nicht nur der Verdacht auf Fehlverhalten eine Rolle gespielt. Als unerläßlich wurde angesehen, daß die Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis bereits in der Ausbildung beginnt. Der Senat hat empfohlen, der Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses besondere Aufmerksamkeit zu schenken und eine angemessene Betreuung sicherzustellen. Dazu gehören auch regelmäßige Besprechungen und die Überwachung des Arbeitsfortschrittes.

Die Universität Heidelberg geht davon aus, daß es sich bei dieser Satzung um eine Vorsichtsmaßnahme handelt, von der kein Gebrauch gemacht werden muß. Dennoch ist es sehr wichtig, sich des Themas anzunehmen. Das Ziel dabei ist, die Sensibilität für einen guten Umgang mit der Wissenschaft zu schärfen.

Heinz Horner
Prorektor

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