Aus der Stiftung Universität Heidelberg
Beim Rückblick auf die ersten zehn intensiven Arbeitsjahre des Internationalen Wissenschaftsforums der Universität Heidelberg denke ich zunächst an das Team, dem das Gelingen dieser gewagten, im Jubiläumsjahr 1986 begonnenen Unternehmung vornehmlich zu verdanken ist. Das Mitarbeiterteam, unermüdlich bemüht, "Gastgeber der Wissenschaft" im Namen unserer Universität zu sein, wird mir, wenn nun die Aufgabe des Direktors einem Kollegen aus meiner Fakultät übergeben wird, als reiche und schöne Erfahrung in Erinnerung bleiben. In den Briefen der Veranstalter der Symposien und Tagungen, die wir betreuen und beherbergen konnten, spiegelt sich wider, wie stark die Atmosphäre und Einsatzfreude eines Teams von den Gästen empfunden wird und wie sie auch indirekt die Bereitschaft zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit und zum Austausch in den Arbeitssitzungen der Symposien und Kolloquien fördern hilft. Das Internationale Wissenschaftsforum soll, inmitten einer modernen Massenuniversität, ein von der Universität bereitgestelltes und verantwortetes Zentrum für den kritischen Austausch und die Erprobung neuen Forschungswissens unter hiesigen sowie auswärtigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sein. Die oft beklagte "Massenuniversität" - der Zustand der meisten Universitäten heute - ist zwar keineswegs zur konstruktiven Forschung weniger geeignet als die nicht selten idealisierten kleinen Universitäten der Vergangenheit, aber es ist sicher richtig, daß es heutigen Universitätssystemen an Gelegenheit zum Austausch mangelt. Diesem Mangel will das Heidelberger Forum abhelfen.
Die ersten zehn Jahre des Forums mit mehr als 500 Veranstaltungen haben gezeigt, daß die Chancen zum kritischen Austausch wirklich wahrgenommen werden. Mir ist dabei aufgefallen, daß die Grenzen zwischen "fachspezifischen" und "interdisziplinären" Symposien oder Konsultationen unscharf gewesen sind. Bei der klaren Unterscheidung zwischen den beiden Veranstaltungstypen: "Symposion" und "Kolloquium" - das erste als offizielle Veranstaltung der Universität durch das Kuratorium des Wissenschaftsforums genehmigt, das zweite ein eher interdisziplinäres Unternehmen, von der Leitung des Forums selber verantwortet - waren wir anfangs noch davon ausgegangen, daß die Differenzierung wirklich Sinn macht. Inzwischen habe ich Zweifel an dieser Unterscheidung. Manche der offensichtlich sehr erfolgreichen und in Buchform veröffentlichten 119 Symposien im Wissenschaftsforum hatten den Charakter des kontrollierten Austauschs zwischen zwei, drei und mehr benachbarten Spezialgebieten, sie waren damit nicht im herkömmlichen Sinn "interdisziplinär", aber sie waren auch nicht nur fachspezifisch. Sie sahen ihr Themenfeld an den Nahtstellen zwischen verwandten Spezialforschungen, wobei oft zu erkennen war, daß ein übergeordnetes Rahmenthema die Gesamtdiskussion und ihre heuristischen Methoden steuerte. Auf der anderen Seite gab es 392 sogenannte Kolloquien - die damit also keine offiziellen Veranstaltungen der Universität waren -, deren Fachspezifität und hohe Qualität den eigentlichen Symposien in nichts nachstanden. Trotzdem glaube ich, daß sich die Unterscheidung zwischen Symposien, die dem Kuratorium zur Beurteilung vorgelegt werden müssen, und anderen, oft kürzeren Veranstaltungen, in den nächsten Jahren weiter durchhalten läßt.
Großes Gewicht wurde besonders bei den Symposien auf die internationale Zusammensetzung sowie auf die Anwesenheit von jüngeren Teilnehmern gelegt. Die Symposien dauern drei bis fünf Tage und haben durchschnittlich etwa 40 Teilnehmer. Je nach Anzahl der Teilnehmer aus fernen Ländern und Kontinenten können die Veranstaltungen recht teuer werden. Zwar haben die DFG oder die bekannten großen Stiftungen seit der Gründung des Wissenschaftsforums im Jahr 1986 den Löwenanteil der Kosten übernommen, doch mußten häufig zum Teil beachtliche Defizite von der "Stiftung Universität Heidelberg" ausgeglichen werden. Zudem hat die Stiftung Universität Heidelberg bei der Finanzierung von Computern, die wir in den Apartments installierten, geholfen. So verbinden sich mit der Geschichte des IWH auch die Namen von Prof. Kurt Lotz, Prof. Paul Kirchhof, den Vorständen der Stiftung, sowie von Karl Mathes, dem Geschäftsführer. Manche Veranstalter sind schon ein, zwei, drei Mal mit ihren Symposien im Internationalen Wissenschaftsforum gewesen. Das begrüßen wir natürlich, wiewohl wir uns mit einigen Briefkampagnen schon mehrmals an die Dekane und Institutsleiter gewandt haben, um für eine breiter gestreute Nutzung des Forums zu werben. Diesem Ziel diente auch unter anderem die festliche Veranstaltung zum zehnten Jahrestag der Gründung am 24. April dieses Jahres.
Meinem Nachfolger - zu meiner Freude ist es der mir seit Jahren befreundete Kollege Prof. Michael Welker - kann ich ein fabelhaft eingespieltes Mitarbeiterteam unter der Geschäftsführung von Dr. Theresia Reiter und ein Institut übergeben, das sich mit dem Rektorat, der Verwaltung, mit vielen Kolleginnen und Kollegen in der Universität und mit vielen Stiftungen und Institutionen in bestem Kontakt befindet, und ich verbinde damit meine allerbesten Wünsche für die Zukunft des Internationalen Wissenschaftsforum Heidelberg.
Prof. Dietrich Ritschl
ehemaliger Direktor des Internationalen Wissenschaftsforums Heidelberg