Aus der Stiftung Universität Heidelberg
Transforming the Self: Conversion and Confession war das Thema eines Symposiums, das vom 9. bis 12. Juli 1996 im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg stattfand. Die Tagung war eine Gemeinschaftsveranstaltung des von der German-Israeli Foundation unterstützten mehrjährigen Projekts „Wandlungen des Menschenbildes in den Religionen der antiken Mittelmeerwelt“ und des Graduiertenkollegs „Religion und Normativität“ an der Universität Heidelberg und wurde darüberhinaus finanziell unterstützt durch die Stiftung Universität Heidelberg und das baden-württembergische Wissenschaftsministerium. Es handelt sich zugleich um eine Zusammenarbeit der beiden Partneruniversitäten Hebrew University Jerusalem und Universität Heidelberg unter Leitung von Guy Stroumsa (Department of Comparative Religion) und Jan Assmann (Ägyptologisches Institut).
Die antike Mittelmeerwelt und der nahe Osten waren in der Antike Schauplatz tiefgreifendster religiöser Veränderungen. Erste Erschütterungen dieser Art waren die monotheistische Revolution des Echnaton in Ägypten, die Religionsstiftung des Zornaster in Persien beziehungsweise Zentralasien, der prophetische Monotheismus in Israel und die Anfänge der Metaphysik und der Mysterien in Griechenland. Die entscheidenden Umbrüche erfolgten dann später mit der Heraufkunft der Erlösungsreligionen und apokalyptischen Bewegungen wie Urchristentum, rabbinisches Judentum, Islam, Gnosis, Hermetismus, Manichäismus. Entsprechende Wandlungen des Menschenbilds und Personbegriffs sind noch wenig untersucht. Eine der Leithypothesen der Tagung bestand in der Frage, ob die von Theo Sundermeier herausgearbeitete Unterscheidung zwischen Versöhnungs- und Erlösungsreligionen eine Entsprechung in den Anthropologien der Antike hat.
Die Tagung fokussierte diese Fragestellungen auf die Begriffe „Konversion“, Bekehrung, und „Konfession“ – das englische Wort bezeichnet zugleich „Bekenntnis zu“ einer Gottheit und „Bekenntnis von“ einer Schuld – die als besonders typische Phänomene eines gewandelten Menschenbilds im Rahmen neuer religiöser und philosophischer Bewegungen gelten können. Zugleich handelt es sich bei Bekehrung, Umkehr und Schuldbekenntnis um besonders charakteristische Formen und Erfahrungen persönlicher Wandlung im Rahmen des eigenen Lebens.
Eine Gruppe von Vorträgen behandelte Vorformen und Ansätze in Ägypten und Mesopotamien vom Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. bis zum Beginn des Hellenismus (J. Assmann, R. Meyer, F. Stolz), die nicht nur Vorläufer aufzeigen, sondern vor allem die Differenz zu den neuen Bewegungen deutlicher abschätzbar machen sollten. Diese wurden dann in Referaten zum sassanidischen Iran (Sh. Shaked), zum frühen Christentum (B. Biton-Ashkeloni, G. Stroumsa, P. v. Gemünden, G. Theißen), rabbinischen Judentum (A. Agus, S. Ruzer), Hermetismus und Gnosis (G. Filoramo) sowie Philosophie (H. Cancik, A. Charles-Saget) ausgeleuchtet. Einer der wichtigen Unterschiede, die dabei deutlich wurden, besteht im wesentlich restaurativen Charakter früher Riten persönlicher Wandlung, die ihr Ziel in der Wiederherstellung eines gestörten Heilszustands sehen („reforming“), gegenüber dem wesentlich innovativen Charakter der späteren Riten, deren Ziel die Wandlung in einen neuen Menschen bildet („transforming“).
Was die Unterscheidung zwischen Versöhnungs- und Erlösungsreligionen betrifft, ergaben sich eine Fülle von Obergängen und Querverbindungen. Das heißt aber keineswegs, daß die Unterscheidung als solche ungültig ist. Offensichtlich muß man sie nur rekursiv anwenden in dem Sinne, daß man nach erlösungsreligiösen Elementen in Versöhnungsreligionen und versöhnungsreligiösen Elementen in Erlösungsreligionen fragt. Es ist aber deutlich geworden, daß die anthropologischen Wandlungen, die sich mit dem Begriff des „inneren Menschen“ in Zusammenhang bringen lassen, auf die erlösungsreligiöse Seite gehören. Erst im Rahmen der Erlösungsreligion kommt der Wunsch nach radikaler Verwandlung in die Zielgestalt eines neuen, erlösten Menschen auf. Das Thema „Transforming the Self“ erwies sich als so ergiebig, daß es im Herbst 1997 in einer weiteren Tagung in Jerusalem fortgesetzt werden soll. Die Beiträge werden dann gemeinsam publiziert.
Jan Assmann