Aus der Stiftung Universität Heidelberg
Im Jahr des 600jährigen Bestehens der Universität Heidelberg wurde das Internationale Wissenschaftsforum (IWH) als Zentrum für den wissenschaftlichen Gedankenaustausch gegründet. In einer schönen Jugendstilvilla im Zentrum von Heidelberg diskutieren Experten aus dem In- und Ausland in fachspezifischen Symposien, die in der Regel drei bis vier Tage dauern, ihre Forschungsergebnisse. Auch jüngere Gelehrte und fortgeschrittene Studentinnen und Studenten werden an diesem Austausch beteiligt. Die Aufnahme eines Vorhabens in das Symposienprogramm des IWH erfolgt nach sorgfältiger Prüfung durch ein Kuratorium. Neben den Symposien bietet das IWH auch den Rahmen für interdisziplinäre Konferenzen und Gespräche. Die Finanzierung erfolgt meist durch Mittel der Landes- und Bundesministerien und durch die verschiedenen Stiftungen. Eine Restfinanzierung wird häufig durch die Stiftung Universität Heidelberg übernommen. Seit der Gründung wurden 444 Veranstaltungen im IWH durchgeführt. In exemplarischer Absicht stellen wir einige Symposien vor, die 1994 im IWH abgehalten wurden beziehungsweise noch stattfinden werden. In den folgenden Ausgaben der Ruperto Carola werden wir über einzelne Symposien ausführlicher berichten.
Symposion on Merkel Cell Research Merkelzellen, über deren Struktur und Funktion in diesem Symposion diskutiert wurde, sind speziell differenzierte Zellen, die einzeln oder zu "Tastscheiben" gehäuft in der menschlichen und der tierischen Epidermis (Oberhaut) vorkommen, und sich auch zeitweise in der Dermis (Lederhaut) finden lassen. In der Embryologie der Hautentwicklung kommt ihnen Schrittmacherfunktion bei der Ausdifferenzierung zu. Die Merkelzellen machen im Laufe des Lebens Änderungen in Zahl und Funktion durch, wobei auch Umweltbelastungen (Lichtbestrahlungen) eine große Rolle spielen.
Europäischer Binnenmarkt: Internationales Privatrecht und Rechtsangleichung Im Zuge der europäischen Integration entsteht im Westen und Süden Europas ein Raum ohne Binnengrenzen. Um das dadurch bedingte Aufeinandertreffen verschiedener Rechtsordnungen zu regulieren, wird die Schaffung eines internationalen Privatrechts notwendig. Für dieses Symposion wählten die Veranstalter die deutsch- spanischen Rechtsbeziehungen aus, da beide Staaten eine föderale Kultur aufweisen, und sich an diesem Beispiel die Spannung zwischen dem Föderalismusgedanken und der Einheitsidee, aus der sich das europäische Bewußtsein formt, besonders gut aufzeigen läßt.
Interdisziplinäres Symposion zur Gründungsforschung Die Gründung neuer Unternehmen ist für die Bewältigung des wirtschaftlichen Strukturwandels und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze von großer Bedeutung. Die Gründungsforschung hat seit den 80er Jahren wesentlich an Bedeutung gewonnen. Bei diesem Symposion lag der Schwerpunkt auf dem Gründungsprozeß in den neuen Bundesländern. Jürgen Schmude hat dieses Symposion bereits ausführlicher in der Ruperto Carola 4/93 vorgestellt.
Franz Blei - Mittler der Kulturen Franz Blei, geb. 1871, begann nach seinen publizistischen Lehrjahren im Inselverlag, Zeitschriften zu gründen und auf vergessene Autoren und junge Talente aufmerksam zu machen. Bekannt wurde er besonders als Übersetzer von französischen und englischen Autoren. Zur Zeit des Nationalsozialismus floh Blei über Mallorca und Frankreich in die Vereinigten Staaten, wo er 1942 verarmt und vergessen starb. Das Symposion widmete sich der Nachlaßsicherung und Auswertung des Werkes von Franz Blei.
Biological Pattern Formation Aus der Modellierung biologischer Phänomene ergeben sich neue Fragen und Antworten für die Biologie. Andererseits liefern biologische Phänomene oft mathematisch interessante Modelle, deren Behandlung theoretische Fortschritte innerhalb der Mathematik bewirken. Insbesondere sind Fragen der Musterbildung bei biologischen und biochemischen Prozessen ein sehr aktuelles Themengebiet. Bei diesem Symposion wurden insbesondere Fragen der Morphogenese und Embryogenese ausführlich diskutiert.
The Astacins - Structure and Function of a new Protein Family Astacin wurde als proteinspaltendes Enzym aus dem Flußkrebs isoliert. Seine Funktion als Protease konnte weder in den benachbarten Tiergruppen noch in Säugetieren nachgewiesen werden. Dagegen zeigt die Aminosäuresequenz dieses Enzyms große Homologien mit verschiedensten Proteinen, zum Beispiel mit einem humanen Wachstumsfaktor und mit Proteinen, die in der Morphogenese und in der Embryonalentwicklung verschiedener Spezies eine Rolle spielen. Die Gruppe von Zinkproteinen, deren Strukturen mittlerweile aufgeklärt sind, stellen ein interessantes Modell für die molekulare Evolution dar.