Zahlungsmittel und Zeitzeugnisse
Münzsammlung des Zentrums für Altertumswissenschaften
Foto: Münzsammlung des ZAW
Eine Goldmünze („solidus“) aus der Sammlung zeigt Flavius Arcadius, der zwischen 395 und 408 n.Chr. Kaiser der Osthälfte des "Imperium Romanum“ war. Auf der Rückseite ist der Herrscher mit dem "Labarum" dargestellt, der Hauptheeresfahne der spätantiken römischen Armee.Kurzbeschreibung
Die Sammlung, die sich im Antikenmuseum der Universität Heidelberg im Marstallhof 4 befindet, umfasst ausschließlich historische Münzen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die römische Kaiserzeit, aus der mehr als die Hälfte aller Objekte stammt, dazu gesellen sich Prägungen aus den Provinzen des römischen Reichs wie beispielsweise Ägypten. Ebenfalls umfangreich ist der Bestand an griechischen Münzen aus der Antike. Hinzu kommen außerdem einige wenige keltische Prägungen sowie diverse Münzen aus dem islamischen Kulturkreis, aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Anhand dieses Spektrums lässt sich das Entstehen und die Entwicklung des frühen Münzwesens über mehrere Jahrhunderte anschaulich darstellen. Die Münzen selbst stellen zugleich bedeutende Zeugnisse geschichtlicher Überlieferung dar, denn sie wurden zu ihrer Zeit nicht nur als Zahlungsmittel eingesetzt, sondern dienten auch als Kommunikationsmedien. So finden sich auf ihnen beispielsweise Abbildungen historischer Personen – insbesondere Herrscher –, aber auch historische Ereignisse werden dokumentiert. Seltenheit oder außergewöhnlicher Erhalt spielten beim Zusammentragen der Sammlung lediglich eine sekundäre Rolle. Dennoch enthält die Münzsammlung des Zentrums für Altertumswissenschaften (ZAW) eine Reihe außerordentlicher Prägungen, die sie für die numismatische Forschung wertvoll macht.
Umfang der Sammlung
Momentan verfügt die Sammlung insgesamt über rund 4.000 Münzen.
Existiert seit
Die Sammlung geht in ihren Ursprüngen auf Georg Friedrich Creuzer (1771 bis 1858) zurück, der von 1804 bis 1845 als Professor der Philologie und Alten Geschichte an der Universität Heidelberg wirkte. Durch spätere Ankäufe und Zuwendungen wuchs die Sammlung auf ihre heutige Größe an.
Nutzung in der Lehre
Die Sammlung war von Anfang an als Lehrsammlung konzipiert und wird in dieser Funktion bis heute eingesetzt. Insbesondere in den letzten Jahren konnte diese Nutzung noch intensiviert werden. Dozenten haben die Möglichkeit, mit ihren Studierenden anhand der Originale wissenschaftliche Fragestellungen zu bearbeiten. Zugleich können Fotografien einzelner Münzen für Präsentationen und Handouts verwendet werden. Dr. Susanne Börner, die Beauftragte der Sammlung, bietet auch explizit numismatische Kurse an.
Nutzung in der Forschung
Für ein von der Volkswagen Stiftung gefördertes Projekt an der Universität Frankfurt zur Herkunft von Metallen wurde kürzlich eine Auswahl von Münzen zur Beprobung zur Verfügung gestellt. Mit einigen Münzen involviert ist die Heidelberger Sammlung auch in ein DFG-Projekt zur Erschließung der antiken Münzen Thrakiens; geleitet wird es von Wissenschaftlern des Berliner Münzkabinetts und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Nutzung als Museum
Die Münzsammlung ist nicht öffentlich zugänglich. Nach Vereinbarung können aber Führungen für Gruppen und Schulklassen angeboten werden. Einzelne Objekte aus der Sammlung werden darüber hinaus immer wieder für verschiedene Ausstellungsprojekte verliehen. So werden beispielsweise im kommenden Jahr Prägungen aus der Heidelberger Sammlung in der Kaiser Nero-Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Trier zu sehen sein.
Das sagt die Sammlungsbeauftragte, Dr. Susanne Börner:
„Um die Münzsammlung wissenschaftlich zu erschließen und ihren Einsatz in der akademischen Lehre zu vereinfachen, haben wir die Online-Datenbank des Interaktiven Katalogs des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin übernommen und auf die Heidelberger Bedürfnisse angepasst. In dieser werden derzeit alle Heidelberger Münzen mit ihren Metadaten und Bildern erfasst und sollen langfristig auf diese Weise komplett publiziert werden. Damit wollen wir die Sammlung nicht zuletzt auch der Forschung noch besser zugänglich machen. Schon wäre, wenn zukünftig zumindest ausgewählte Stücke der Sammlung öffentlich zugänglich gemacht werden könnten, zum Beispiel in Form von Sonderausstellungen.“
Das besondere Objekt
Foto: Münzsammlung des ZAW
Das besondere Objekt: Prägungen aus dem Jahr 164 n. Chr. anlässlich des militärischen Erfolgs der Römer über den König in Armenien. Auf der Vorderseite der einen Münze ist Mitkaiser Lucius Verus zu sehen (links), auf der anderen Marc Aurel (rechts). Die Rückseite zeigt jeweils ein Bild der geschlagenen Armenia.Der römische Kaiser und Philosoph Marc Aurel (121 bis 180 n.Chr.) regierte nicht allein, sondern teilte sich die Herrschaft zwischen 161 und 169 n. Chr. mit seinem Mitkaiser Lucius Verus (130 bis 169 n. Chr.). Während Marc Aurel in der Stadt Rom blieb, war Lucius Verus für den Feldzug gegen das Volk der Parther verantwortlich. Da zeitgenössische schriftliche Quellen zu diesem Krieg kaum existieren, spielen vor allem Münzen als historische Überlieferungsträger bei der Rekonstruktion dieses Konflikts eine bedeutende Rolle. Ein im Jahr 164 in Rom geprägter Denar zeigt auf der Vorderseite (Avers) ein Porträt des Lucius Verus und auf der Rückseite (Revers) ein Bild der geschlagenen Armenia. Angespielt wird damit auf den militärischen Erfolg des römischen Kaisers über den von den Parthern – entgegen einer Absprache mit Rom – eingesetzten König in Armenien.
In der Münzsammlung des Zentrums für Altertumswissenschaften gibt es nun neben dieser Prägung noch ein weiteres Exemplar, das diesem Denar zum Verwechseln ähnlich sieht und aus dem gleichen Jahr stammt. Dort wird allerdings auf der Vorderseite nicht Lucius Verus, sondern Marc Aurel als siegreicher Feldherr gezeigt. Wie Susanne Börner erläutert, schmückt sich Marc Aurel hier „ein wenig mit fremden Federn“. Das wiederum erlaubt Rückschlüsse darüber, ob die Zusammenarbeit, das gemeinsame Regieren der beiden Kaiser wirklich auf Augenhöhe stattfand, so die Altertumswissenschaftlerin. Denn gleichzeitig gibt es keine Zeugnisse darüber, dass Lucius seinerseits mit entsprechenden Münzmotiven bedacht wurde, wenn es um speziell innenpolitische Belange ging. Die beiden Münzen gehören zu den Prachtstücken der Heidelberger Sammlung. Die trauernde Armenia sieht man hier mit ihrer typischen Kopfbedeckung und niedergestreckten Waffen.