Keimzelle altorientalischer Hochkultur
Uruk-Warka-Sammlung
Kurzbeschreibung
Foto: Kristina Sieckmeyer
Bei der Uruk-Warka-Sammlung der Universität Heidelberg handelt es sich um eine Dauerleihgabe des Deutschen Archäologischen Instituts. Die dort enthaltenen Fundstücke stammen aus der einstigen Metropole Uruk, die sich im heutigen Südirak befindet. Sie gilt als eines der ersten urbanen Zentren der Welt und war vom 5. Jahrtausend vor bis in das frühe 1. Jahrtausend nach Christus besiedelt. Die ehemalige Residenz des legendären Herrschers Gilgamesch wird als Keimzelle der altorientalischen Hochkultur angesehen, ihre archäologischen Stätten zählen mittlerweile zum UNESCO-Welterbe. Zu den wissenschaftlich bedeutenden Objekten der Sammlung gehören Skulpturen, Bauschmuck und Architekturteile, aber auch Keramik, Siegel, Schmuck sowie vielfältige Kleinfunde, die das damalige Leben der Stadt widerspiegeln. Mit mehr als 3.000 Keilschriftdokumenten – darunter Verwaltungsurkunden, Königsinschriften und Schultexte – verfügt die Uruk-Warka-Sammlung darüber hinaus über ein einzigartiges Ensemble von Exponaten, die mehr als dreitausend Jahre Schriftgeschichte im Alten Orient veranschaulichen. Weltweit einzigartig ist zudem eine Gruppe von Artefakten, mit denen die Vor- und Frühgeschichte der ältesten Schrift der Menschheit dokumentiert werden kann. Daran zeigt sich, dass die Bedürfnisse einer rasch komplex gewordenen Administration die Erfindung der Schrift zu einer zwingenden Notwendigkeit werden ließen.
Umfang der Sammlung
Die Sammlung umfasst rund 3.400 Tontafeln und Fragmente. Hinzu kommen etwa 3.600 Kleinfunde, von denen beispielsweise unzählige Mosaikeinlagen und Schmuckteile in Fundgruppen zusammengefasst sind.
Existiert seit
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg begannen deutsche Archäologen mit Ausgrabungen in Uruk. In den 1950er und 1960er Jahren gelangte durch Fundteilung eine beträchtliche Anzahl von Objekten nach Deutschland. Aufgrund der politischen Gegebenheiten wurden die Funde nicht an das Pergamonmuseum im damaligen Ostberlin übergeben. Stattdessen kamen sie über den Assyriologen Adam Falkenstein, der an den Grabungen im Irak beteiligt war und als Professor an der Ruperto Carola wirkte, nach Heidelberg. Die Sammlung befindet sich in der Obhut des Seminars für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients/Assyriologie und ist organisatorisch dem Heidelberg Zentrum Kulturelles Erbe zugeordnet.
Nutzung in der Lehre
Die Sammlung wird in der Lehre intensiv genutzt. Nach Anfrage kann mit den Objekten, etwa in Seminaren, gearbeitet werden. Zudem wird die Sammlung im Rahmen der Master Class Keilschriftepigraphie genutzt, bei der Studierende aus dem In- und Ausland in einem einwöchigen Intensivkurs zusammenkommen, um gemeinsam Erfahrungen im Umgang mit Keilschriftdokumenten zu sammeln und um Techniken der Entzifferung und der zeichnerischen Dokumentation von Keilschrifttexten zu erlernen.
Nutzung in der Forschung
Die Objekte der Sammlung sind regelmäßig Gegenstand von Forschungsarbeiten. Die Vermittlung, etwa auch von Gastaufenthalten in Heidelberg, läuft in der Regel über das Deutsche Archäologische Institut.
Nutzung als Museum
Eine erste öffentliche Präsentation in Form einer Dauerausstellung der Sammlung erfolgte zwischen 1995 und 2013 in den Räumen des Seminars für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients/Assyriologie. Aufgrund umfangreicher Baumaßnahmen am neuen Standort der Sammlung in der Marstallstraße 6 ist sie derzeit nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Wiedereröffnung ist für den Herbst 2019 geplant. Die Uruk-Warka-Sammlung kann dann gemeinsam mit der Ägyptischen Sammlung besichtigt werden, die räumlich miteinander verbunden werden.
Das sagt die Kuratorin der Sammlung, Kristina Sieckmeyer:
„Die Uruk-Warka-Sammlung ist von immenser kulturgeschichtlicher Bedeutung und beherbergt einzigartige Exponate, welche die Geschichte der frühesten Schriftentstehung in Mesopotamien beleuchten. Mit ihren bedeutenden Objekten gehört sie europaweit zu den größten Sammlungen altorientalischer Kulturgüter. Nicht zuletzt mit der durch den Umbau angestrebten attraktiven Ausstellungskonzeption möchten wir die einzigartigen Exponate noch stärker publik machen. Und das gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Situation, in der so viele Kulturschätze in dieser Region zerstört wurden und noch immer zerstört werden, auch wenn sich die Situation gerade im Irak inzwischen spürbar verbessert hat.“
Das besondere Objekt
Foto: Kristina Sieckmeyer
Zu den weniger bekannten Objekten in der Sammlung gehören Metallgegenstände, so auch dieser Gefäßständer aus Arsen-Bronze (siehe Abbildung). Er stammt aus dem vierten Jahrtausend vor Christus – „einer sehr dynamischen Zeit voll technischer Innovationen, in der auch die Metallverarbeitung immer mehr Verbreitung fand“, wie Kristina Sieckmeyer erläutert. Gefunden wurde der einstmals konkave Gefäßständer im sogenannten Riemchengebäude, benannt nach einer bestimmten Ziegelart, mit der es errichtet wurde. Es handelt sich dabei um einen teilweise unterirdischen Bau, in dessen Gängen Archäologen zahlreiche Gebrauchsgegenstände und Kultinventar entdeckt haben. Die Funktion des Baus ist unklar, es könnte sich jedoch um eine Grablege gehandelt haben.
Traditionell werden solche verzierten Ständer als Untersetzer für Gefäße ohne festen Boden – etwa für rundbodige Schalen – betrachtet, die nicht nur der simplen Erhöhung eines Gefäßes dienten, sondern auch in kultischen Handlungen bei Opfergaben Verwendung fanden. Dies wird durch zahlreiche Funde in Tempelkontexten bestätigt, bei denen solche Gefäßständer zusammen mit wertvollen Stein- und Metallschalen gefunden wurden. „Das hier vorgestellte Exemplar ist mit dreieckigen Aussparungen versehen, einem Dekor, welches so vor allem aus dem keramischen Repertoire des 3. Jahrtausends bekannt ist. Hier hingegen ist 0.8mm dünnes Bronzeblech für die Fertigung verwendet worden, was zusammen mit dem Fundkontext auf die besonderer Bedeutung in seiner Verwendung hinweist“, betont Kuratorin Kristina Sieckmeyer.