Dr. Max Gawlich
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Dr. Max Gawlich
Historisches Seminar der Universität Heidelberg
Grabengasse 3-5
69117 Heidelberg
max.gawlich@zegk.uni-heidelberg.de
Forschungsprojekt
"Praktiken der Sorge im gesellschaftlichen Wandel. Kleinkindbetreuung in den 1970er Jahren im deutsch-deutschen Vergleich"
Im Zentrum der Untersuchung stehen Praktiken zwischen Kleinkindern und ihren BetreuerInnen, die an zwei Untersuchungsgegenstände bearbeitet werden. Erstens das Modellprojekt „Tagesmütter“ der Bundesregierung zwischen 1974 und 1980 sowie zweitens die Entwicklung eines Erziehungsprogramms und der begleitenden Krippenforschung am Institut für die Hygiene des Kindes- und Jugendalters der DDR zwischen 1968 und 1985. Das Projekt verfolgt die These, dass der Eindruck des sozialen, ökonomischen und kulturellen Wandels der ‚langen 1970er Jahre‘ – die Hervorbringung neuer Produktions- und Konsumverhältnisse im Strukturwandel – ebenfalls neue Sozialisationsverhältnisse ermöglichte, in welchen eine andere frühe Kindheit entstand.
Die Sozialisationsverhältnisse werden in Handlungen und Gebärden der Pflege, der Ernährung oder des Spieles - Praktiken der Sorge - erforscht. Wie der intime Bereich des Umgangs mit Kleinkindern durch die gesellschaftliche Dynamik der 1970er Jahre in der Bundesrepublik und der DDR verändert wurde, wird dabei vergleichend anhand der beiden, in ihrer Abgrenzung aufeinander bezogenen deutschen Staaten betrachtet. In Anlehnung an Weiterentwicklungen ethnomethodologischer und praxeologischer Überlegungen werden unter anderem die Visual History der dokumentarischen Fotografie der wissenschaftlichen Begleitforschung, die praxishistorische Rekonstruktion von Alltagshandeln, die text-kritische Analyse der entwicklungspsychologischen Berichterstattung und Oral History Interviews mit Tageseltern, WissenschaftlerInnen und Eltern miteinander verknüpft. Diese Kombination gestattet es den Wandel in der alltäglichen Form der frühen Kindheit in den 1970er Jahren zu erarbeiten. Historiographische Konzeptualisierungen wie die Verwissenschaftlichung des Sozialen, der Strukturwandel und die Entstehung der post-fordistischen Gesellschaft können so in ihren Wirkungen im sozialen Nahbereich erforscht werden.
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Dissertationsprojekt
"Eine Maschine, die wirkt. Die Elektrokrampftherapie und ihr Apparat (1938-1950)“
Die Einführung der Elektrokrampftherapie seit 1938 ging mit der Einführung von technischen Artefakten in den Anstaltsraum und der technischen Gestaltung von psychiatrischer Therapie einher. Die Untersuchung erfolgt an der kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Münsingen, der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar und dem Warlingham Park Hospital. Ärzte wie Anton von Braunmühl, Max Müller und James McGregor arbeiteten dort mit medizintechnischen Unternehmen wie der Siemens-Reiniger-Werke AG zusammen, um Geräte für die Therapie zu entwickeln. Die Einführung und Stabilisierung der Elektrokrampftherapie als Technik und Praxis wird vergleichend untersucht und die lokalen Entwicklungen im regionalen und nationalen Kontext verortet. Die historische Untersuchung erfolgt 1. anhand der unterschiedlichen Dokumentationsverfahren und Aufschreibetechniken welche zur Protokollierung sowie Steuerung der Behandlungsverfahren entwickelt wurden. 2. durch eine intensive technikhistorische Studie der Schalttechnik und des Designs der Geräte und 3. durch eine eingehende Analyse der therapeutischen Praktiken.
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Zur Person
2012-2014
Heidelberger Graduiertenschule für Geistes- und Sozialwissenschaften
2011
Magister Artium, Magistararbeit "Irresein im Kleinen. Der Rausch als Modellpsychose in der psychiatrischen Forschung der 20er Jahre"
2005-2011
Studium der Mittleren und Neuren Geschichte, Historischen Hilfswissenschaften und Jüdischen Studium
Stipendien
2017-2018
Forschungsstipendium der Fritz Thyssen Stiftung
2015
Promotionsstipendium Deutsches Historisches Institut London
Seit 2012
Promotionsförderung der Studienstiftung des Deutschen Volkes
Veröffentlichungen
2018
Eine Maschine, die wirkt. Die Elektrokrampftherapie und ihr Apparat, 1938–1950, 2018 Paderborn.
2015
Medizinisch handeln und wirken. Entwicklungen und Handhabungen der apparategestützten Elektrokrampftherapie 1939–1950, in Technikgeschichte 82(3) 2015, S. 225–252.
Tabellen, Kurven, Schocks. Somatische Therapien und ihre Aufschreibesysteme, in: Cornelius Borck, Armin Schäfer (Hgg.), Das psychiatrische Aufschreibesystem, 2015, S. 77-94.
Lehrtätigkeit
Sommersemester 2018
Proseminar mit Dr. Birgit Nemec: Chromosomen, Contergan und Kinderladen. Die Wissenschaftliche Neubestimmung des Kindes zwischen Boom und Krise der 1970er Jahre
Quellenübung: "Wenn Mutti frühs zur Arbeit geht". Debatten zur Erwerbs- und Sorgearbeit in Deutschland und der Arbeitsmarkt für Frauen in den 1970er Jahren.
Wintersemester 2016/17
Quellenübung: "Geschichte der Kindheit im 20. Jahrhundert"
Wintersemester 2015/16
Quellenübung mit Aysegül Argit: “Die Stadt und Universität Heidelberg im Ersten Weltkrieg”.