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Projekte

Hier finden Sie Informationen zu den Projekten, die derzeit von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe bearbeitet werden.

 

Regulation und Furcht: Zur Klassifikation von Cyberangriffen

Das Internet ist in der vergangenen Dekade auch zu einem Medium des Konfliktaustrages zwischen Staaten und nicht-staatlichen Akteuren geworden. Berichte über Cyberangriffe beeinflussen zunehmend die Sicherheitswahrnehmung von Gesellschaften. Die gesellschaftliche Debatte über diese neue Art von Verwundbarkeit ist dabei vielfach durch Alarmismus geprägt, der sich in der Verwendung von Begriffen wie Cyberkrieg oder Cyberterrorismus zeigt. Auch die kürzlich vom Bundesministerium des Innern veröffentlichte „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV) macht sich diese Diktion zu Eigen und bezeichnet Cyberangriffe, neben möglichen konventionellen terroristischen Angriffen und dem Einsatz von ABC-Waffen, als eine konkrete Bedrohung. Bislang sind Cyberangriffe mit kinetischen Folgen aber höchst selten. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Cybergewalt herrscht deshalb offener Dissens darüber, wie bedrohlich welche Art von Angriffen für welche gesellschaftlichen Werte ist. Hier setzt das Projekt an, indem es durch den Aufbau eines kategoriengestützten Datensatzes und erste Hypothesentests eine gesicherte systematische empirische Grundlage für die weitergehende interdisziplinäre Forschung schafft. Eine transparente, systematische und öffentlich zugängliche Datenbasis sind darüber hinaus essentiell für die praktische individuelle, gruppen- und organisationsspezifische sowie gesamtgesellschaftliche Regulation des Umgangs mit Cyberangriffen. Das Projekt integriert Erkenntnisse aus der in Heidelberg bereits etablierten quantitativen politikwissenschaftlichen Konfliktforschung, der konkreten Expertise des URZ zu Cybersicherheit und dem FoF-4-Projekt „Cyberspace(s) and Netizens“. Das Projekt entwickelt diese weiter, indem bis zum Projektende 2017 ein mehrdimensionales Klassifikationsschema entwickelt sowie ein Datensatz aufgebaut wird, der die Cyberangriffe der Jahre 2016 und 2017 systematisch erfasst (Quelle, Art, Wirkung), um weitergehende interdisziplinäre Projektverbünde zur Regulation und Selbstregulation im Hinblick auf Angriffe im Cyberraum anzustoßen.

ProjektleitungProf. Dr. Sebastian Harnisch und Prof. Dr. Vincent Heuveline

Beteiligte Mitarbeiter:Stefan Steiger, M.A., Stefan Artmann, M.A.

Projektzeitraum: November 2016 bis Dezember 2017

Dieses Projekt wird im Rahmen der Exzellenzinitiative (Field of Focus 4: Selbstregulation und Regulation: Individuen und Organisationen) gefördert.

 

 

Cyberspace(s) and Netizens – Die Regulation virtueller Räume und die Selbstregulation der Netzbürger zwischen transnationalem Freiheitsversprechen und informationeller Fremdbestimmung

Bis in jüngste Zeit konnte gelten, dass eine geringe wissenschaftliche Durchdringung des Internets als eines Gegenstands politisch-rechtlicher Regulierung mit einer ebenso geringen gesellschaftlichen Aufmerksamkeit einhergegangen ist. Beides hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Allerdings lässt die internetbezogene sozial-, rechts- und verhaltenswissenschaftliche Forschung immer noch eine substantielle Lücke erkennen. Haben sich auf der einen Seite verschiedene Gestaltungs- und Regulierungsaspekte des Internets unter dem Rubrum Netzpolitik zunächst als Politik- , dann auch als Forschungsfeld durchaus etabliert, finden sich auf der anderen, der Akteursseite mehr und mehr Untersuchungen zu den Nutzungs- und Verhaltensgewohnheiten im Netz. Zwischen diesen Schlaglichtern wissenschaftlicher Betrachtung bleiben die ko-konstitutiven Zusammenhänge von Struktur und Akteur, von Regulation und Selbstregulation jedoch im Dunkeln. Genau hier will das Projekt ansetzen.
Um den Wandel von Zielen, individuellen und kollektiven Praktiken sowie regulativen Strukturen in virtuellen Räumen besser zu verstehen, adressiert das Projekt drei grundlegende Fragen:

  1. Wie verändern sich die sozialen und politischen Rollen von Staaten/Regierungen gegenüber anderen Staaten und nichtstaatlichen Akteuren insbesondere ihren Bürgern?
  2.  Wie wandeln sich das individuelle Selbstverständnis und die Rolle der Netzbürger gegenüber Staat und Unternehmen in virtuellen Räumen?
  3. Welche Konfliktlinien werden bei der Regulierung virtueller Räume in und zwischen Gesellschaften erkennbar?

Das Kernprojekt fragt konkret danach, welche Hemmnisse Staaten und andere netzpolitische Akteure der Regulierung des Internets und insbesondere der Transnationalisierung netzpolitischer Governance-Prozesse entgegensetzen. Es wird dabei untersucht, wie aktuell beobachtbare Schließungstendenzen, die sog. Balkanisierung oder Vergrenzung des Netzes, zu erklären sind. Dies geschieht durch eine methodische Kombination aus quantitativen und qualitativen Verfahren der Diskurs- und Dispositivforschung. Analysiert werden sowohl Metadaten als auch Inhalte politischer Online-Kommunikation.
In einer weiterführenden Untersuchung soll zudem gezeigt werden, wie die Netzbürger in der Interaktion mit Staat und Unternehmen zwar neue (transnationale) Gestaltungsmöglichkeiten erhalten, aber auch Kontroll- und Regelungsverluste erleiden, so dass veränderte politische Forderungen und soziale Handlungen in eine Balkanisierungs-, Transnationalisierungs- oder Demokratisierungsentwicklung münden.
Über die genannten Punkte hinaus bietet das Projekt vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten und Schnittstellen für weitere Forschungsvorhaben, die aus der interdisziplinären Zusammenarbeit erwachsen mögen. So wird eine Kombination aus politik- und rechtswissenschaftlichen Untersuchungen existierender und sich ausbildender Regulierungsstrukturen und -konflikte mit psychologischen und soziologischen Ansätzen zur Mikrofundierung des sozialen Handelns im Netz angestrebt. Um entsprechende Kooperationen anzustoßen, wird während des Projektzeitraums ein regelmäßiges Kolloquium für alle an dem Projekt Beteiligten sowie Interessierten stattfinden.

Projektleitung: Dr. Wolf J. Schünemann, Prof. Dr. Sebastian Harnisch und Prof. Dr. Ekkehart Reimer

Beteiligte Mitarbeiter/Doktoranden: Stefan Artmann, M.A., Stefan Steiger, M.A. und Sebastian Stier, M.A.

Das Projekt wird in Kooperation mit PD Dr. Marcus Müller (Projekt Discourse Lab) durchgeführt.

Projektzeitraum: Dezember 2014 bis Mai 2016

Dieses Projekt wird im Rahmen der Exzellenzinitiative (Field of Focus 4: Selbstregulation und Regulation: Individuen und Organisationen) gefördert.

 

 

Cybersicherheit und Rollenwandel – eine rollentheoretische Diskursanalyse der internationalen Internet Governance im Lichte des NSA-Skandals

Die USA haben in den vergangenen Jahrzehnten der Internetentwicklung eine Treuhänderrolle eingenommen. Aus Sicht vieler verbündeter Staaten und Bürger haben sie diese Rolle im Zuge der Terrorabwehr missbräuchlich erweitert. Die leitende Hypothese des Projekts ist, dass es daher zu einer Transformation der Treuhänderrolle der USA in der Internet Governance kommt, die durch den Verlust des Vertrauens der internationalen Gefolgschaft vorangetrieben wird. Zu ihrer Überprüfung wird eine rollentheoretische Diskursanalyse (RDA) angewandt. Die RDA führt zwei an der Heidelberger Universität interdisziplinär stark vertretene Forschungsansätze zusammen. Das Projekt untersucht den für die jüngere Zeit angenommenen Rollenwandel der USA in den entsprechenden internationalen Verhandlungen. Konkret lassen die Befunde des Projekts neue Erkenntnisse in der außenpolitischen Rollentheorie (Rollentransformation, Bedeutung von Vertrauen), der Diskursanalyse (interaktionistische Erklärungen für Akteursverhalten) sowie für die aktuelle gesellschaftspolitische Debatte (Freiheit vs. Sicherheit im Internet) erwarten.

Im Rahmen des Forschungsprojekts wird ein Set von quantitativen und qualitativen Instrumenten für eine rollentheoretische Diskursanalyse (RDA) entwickelt und getestet. Im Untersuchungsprozess geht eine korpuslinguistische Analyse, die der empirischen Exploration dienen und für rollentheoretische Erklärungen relevante Zusammenhänge aufzeigen soll, einer wissenssoziologischen Diskursanalyse ausgewählter Korpuselemente voraus. Als Daten für die zu bildenden Datenkorpora sind zum einen die relevanten Regierungsdokumente (Strategiepapiere, Presseerklärungen, Verhandlungsprotokolle) der US-amerikanischen Exekutive systematisch für die softwaregestützte Analyse zusammenzutragen. Zum anderen gelten uns die verbündeten Staaten Deutschland und Großbritannien rollentheoretisch als ‚Signifikante Andere‘, die sich voneinander im Hinblick auf politische Strukturen und Prozesse in der Cybersicherheit unterscheiden und die gerade hinsichtlich der enthüllten US-Geheimdienstaktivitäten unterschiedliche Gegenrollen einnehmen. Für die beiden Länder sind entsprechende Korpora zu erstellen.

Projektleitung: Prof. Dr. Sebastian Harnisch, Dr. Wolf J. Schünemann

Beteiligte Mitarbeiter/Doktoranden: Stefan Artmann, M.A. und Stefan Steiger, M.A.

Das Projekt wird in Kooperation mit PD Dr. Marcus Müller (Projekt Discourse Lab) durchgeführt.

Projektzeitraum: Januar bis Dezember 2015

Dieses Projekt wird im Rahmen der Exzellenzinitiative (Innovationsfonds FRONTIER) gefördert.

Material: Übersicht der Quellen

 

 

Privatsphäre und Datenschutz in Europa: Traditionen, Praktiken, Diskurse

Datenschutz ist in den vergangenen Jahren zu einem Gegenstand politischer Auseinandersetzung geworden. Eine transnationale Kampagne für den Schutz der Privatsphäre hat sich herausgebildet und Unterstützung gewonnen. Mit einer grundlegenden EU-Regulierung (EU-Datenschutzgrundverordnung) soll ein harmonisiertes europäisches Datenschutzregime etabliert werden. Haben wir durch die zugehörigen Lobby-Kämpfe in Brüssel sowie durch die Enthüllungen auch Einblicke in die ökonomischen wie staatlichen Interessen in diesem neuen und komplexen Feld des Internet Governance-Makrokosmos erhalten, wissen wir doch nur wenig über die soziopolitische Wirklichkeit von Privatsphäre und Datenschutz. Zudem fehlen Erkenntnisse darüber, wie diese zwischen verschiedenen Gesellschaften, selbst innerhalb der Europäischen Union variieren. Ohne ein entsprechendes Wissen sind sowohl die demokratische Legitimität europäischer Rechtsetzung als auch die Chancen und Hindernisse internationaler Regulierung nur schwer zu bewerten.
Vor diesem Hintergrund soll dieses kollaborative Projekt eine substantielle Analyse politischer Strukturen und Diskurse von Privatsphäre und Datenschutz in unterschiedlichen europäischen Staaten erarbeiten. Es wird in Kooperation mit dem John-Stuart-Mill-Institut für Freiheitsforschung in Heidelberg durchgeführt. Dabei orientieren wir uns an folgenden Leitfragen:

  • Welche Deutungsmuster finden sich in aktuellen Debatten über Privatsphäre und Datenschutz in Europa?
  • Welche optimistischen oder pessimistischen Narrative werden in der Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des digitalen Zeitalters artikuliert?
  • Welche Traditionen und Praktiken lassen sich in Diskursen über Privatsphäre und Datenschutz erkennen?

Als Ausgangspunkt organisieren wir im November 2015 einen internationalen Workshop zum Projektthema [CfPAdobe]. Gemeinsam werden wir hochwertige Beiträge aussuchen, die später zu einem Herausgeberband zusammengeführt werden können.

Projektleitung: Dr. Wolf J. Schünemann, Dr. Max-Otto Baumann (John-Stuart-Mill-Institut für Freiheitsforschung e.V.)

Projektzeitraum: 2015-2016

 

 

Die Auswirkungen von Anonymität im Internet auf die Meinungsäußerung im politischen Diskurs am Beispiel der Landtagswahlen 2016 in Baden-Württemberg

Mit der Nutzbarmachung des Internets als Massenkommunikationsmedium hat sich eine neue Form des Informations-, aber auch des Meinungsaustausches entwickelt. Die sozialen Netzwerke des Web 2.0 haben das Potential, den politischen Diskurs und die demokratische Partizipation in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens zu erleichtern. Allerdings bleiben sowohl Quantität als auch Qualität der politischen Beteiligung in Form von internet-basiertem Diskurs hinter diesen optimistischen Erwartungen des Net Empowerment zurück. Das interdisziplinäre Projekt verbindet Erkenntnisse und Verfahren psychologischer und politikwissenschaftlicher Kommunikationsforschung, um in Anknüpfung an das bereits laufende Forschungsprojekt Cyberspace(s) und Netizens (s. o.) den Einfluss situativer sozialpsychologischer Einflussfaktoren auf der Individualebene als Erklärungsfaktoren dieses Phänomens zu untersuchen. Die Anonymität, die verschiedene Formen internet-basierter Kommunikation den Nutzern bieten, wird als eine zentrale Erklärungsvariable vermutet. Die Forschungshypothese konstatiert eine Verringerung sozial-adäquaten Kommunikationsverhaltens weg von einem konsensorientierten Meinungsaustausch hin zu einer konfliktbereiten Meinungsexpression unter Bedingungen anonymer Kommunikation.

Im Vorfeld der Landtagswahlen 2016 in Baden-Württemberg wird in einer experimentellen Untersuchung sowohl online als auch im Labor durch Kontrolle des Anonymitätsgrades in der Kommunikation systematisch getestet werden, wie sich verschiedene Ausprägungsgrade virtueller Anonymität auf die Bereitschaft zur politischen Meinungsäußerung und deren Qualität auswirken. In der Analyse wird die Kommunikation der Studien-Teilnehmer untersucht, die dazu eingeladen sind, über verschiedene wahlrelevante Themen (z.B. Einstellung zur Homoehe, Flüchtlingsaufnahme etc.) auf dem Wege der bereitgestellten Online-Foren zu diskutieren. Das Projekt arbeitet damit eine Lücke bestehender Forschung auf, in der empirische Arbeiten, die sich dezidiert der Überprüfung der dem Web 2.0 zugeschriebenen deliberativen Rolle widmen, bislang noch selten sind.

Projektleitung: Dr. Jan Rummel, Prof. Dr. Sebastian Harnisch, Dr. Wolf J. Schünemann

Projektzeitraum: November 2015 bis Juni 2016

Dieses Projekt wird im Rahmen der Exzellenzinitiative (Field of Focus 4: Selbstregulation und Regulation: Individuen und Organisationen) gefördert.

 

 


Die Rolle(n) der USA und der NATO in der Cyber-Sicherheitspolitik (Arbeitstitel Dissertation Stefan Artmann)

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Cyberspace(s) – Internet Governance im Spannungsfeld von transnationaler Offenheit und strukturellen Schließungstendenzen (Forschungsprojekt Wolf J. Schünemann)

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Deutsche und britische Cyber-Sicherheitspolitiken im Vergleich: Eine rollentheoretische Analyse (Arbeitstitel Dissertation Stefan Steiger)

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Netzpolitik und Regimetyp – Demokratien und Autokratien im multidimensionalen Vergleich (Arbeitstitel Dissertation Sebastian Stier)

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Letzte Änderung: 02.11.2016
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