RAN Newsletter 01/2025 „Ich glaube, dass der internationale Austausch für Forscher:innen von grundlegender Bedeutung ist“

Beatrice Bindi, Sprachen, Literatur- und Kulturwissenschaften

Doktorandin am Institut für Moderne Sprachen, Literaturen und Kulturen | Università degli Studi „G. d'Annunzio“, Chieti – Pescara

Von April bis September 2024 Doktorandin am Slavischen Institut der Universität Heidelberg

 

Wann und in welcher Position haben Sie sich an der Universität Heidelberg aufgehalten?

Ich habe von April bis September 2024 sechs Monate an der Universität Heidelberg verbracht. Dank eines DAAD-Kurzzeitstipendium hatte ich die Möglichkeit, im Rahmen meiner Promotion als Gastwissenschaftlerin an der Universität zu arbeiten.

Beatrice Bindi

Warum haben Sie sich für die Universität Heidelberg entschieden?

In erster Linie hat mich die Universität Heidelberg als Ganze fasziniert. Sie ist die älteste Universität Deutschlands und international für ihr Forschungsleistungen bekannt. Darüber hinaus ist sie mir aber auch aufgrund ihres Mottos „Semper Apertus“ ein Begriff, welches die Bedeutung der Vielfalt – sowohl menschlicher als auch geistiger Art – als Grundlage für Kreativität und Innovation unterstreicht. Da ich meinen gesamten Bildungsweg auf den Grundsätzen der Vielfalt und der Integration in mehrsprachige und multikulturelle Kontexte aufgebaut habe, hatte ich das Gefühl, dass mir die Ruperto Carola ein besonders einladendes und intellektuell anregendes Umfeld bieten würde.

Darüber hinaus verfolgt das Slavische Institut der Universität, an dem ich mich beworben hatte, eine Forschungsmethodik, die auf sprachlicher und kultureller Vielfalt beruht und einen starken Schwerpunkt auf einen vergleichenden und interdisziplinären Ansatz für slawische Sprachen legt. Da sich mein Promotionsprojekt in Italien speziell mit dem Paradigma des sprachlichen und kulturellen Kontakts aus einer vorwiegend vergleichenden Perspektive befasst, glaubte ich, dass sich ein Studienaufenthalt am Slavischen Institut nahtlos in meinen akademischen Werdegang einfügen und unschätzbare methodische Einblicke und Entwicklungsmöglichkeiten bieten würde.

 

Was haben Sie in Heidelberg gelernt? Welche Erfahrungen waren besonders wertvoll?

In Heidelberg hatte ich die Gelegenheit, nicht nur meine Forschung zu vertiefen, sondern auch in ein lebendiges akademisches Umfeld einzutauchen. Während meiner Zeit am Slavischen Institut hatte ich Zugang zu unschätzbaren bibliographischen Ressourcen und die Möglichkeit, an Seminaren und Workshops teilzunehmen, die meinen methodischen Ansatz verbessert haben. Durch den Austausch mit Professor:innen und Fachwissenschaftler:innen konnte ich insbesondere meine Fähigkeiten in der lexikografischen und lexikologischen Forschung verbessern, die für mein Promotionsstudium von zentraler Bedeutung sind.

Eine herausragende Erfahrung war das Kennenlernen interdisziplinärer Forschungsgruppen, in denen ich meine Projekte mit Expert:innen aus verschiedenen Bereichen teilen konnte. Ihre Einsichten haben meiner Analyse neue Perspektiven geboten und mich dazu inspiriert, über die Grenzen meiner Disziplin hinaus zu denken.

Darüber hinaus ermöglichte mir die internationale Atmosphäre der Universität, mit Studierenden und Forscher:innen aus der ganzen Welt in Kontakt zu treten. Diese Kontakte waren wichtig, um meinen Horizont zu erweitern und ein akademisches Netzwerk aufzubauen, das ich hoffentlich auch in Zukunft pflegen werde.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass meine Zeit in Heidelberg eine entscheidende Erfahrung auf meinem akademischen Weg ist, die es mir ermöglicht hat, mich als Forscherin weiterzuentwickeln und mein kulturelles und berufliches Rüstzeug zu erweitern.

 

Was hat Ihnen in Heidelberg am besten gefallen? Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie?

Heidelberg ist eine Universitätsstadt durch und durch, die alles zu bieten hat, was man für einen angenehmen und ruhigen Aufenthalt braucht. Die Atmosphäre ist lebendig und sehr international. Das große studentische Netzwerk macht es leicht und angenehm, neue Bekanntschaften zu schließen. Alle Orte sind dank eines gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrsnetzes leicht zu erreichen. Alternativ dazu verfügt die Stadt über zahlreiche Radwege: Leihen Sie sich in einem der vielen Geschäfte ein Fahrrad aus und Sie können überall hinfahren. Und schließlich sollte man sich Heidelbergs Naturschönheiten nicht entgehen lassen: Ein Spaziergang am Fluss mit Blick auf das Schloss oder eine Wanderung durch den Wald sind nur einige der Erlebnisse, die diese Stadt zu bieten hat. Ein Wermutstropfen: Heidelberg ist bei Studenten sehr beliebt, so dass es schwierig sein kann, eine Unterkunft zu finden, vor allem für kurze Zeiträume.

 

Wie beurteilen Sie das deutsche Wissenschaftssystem im Vergleich zu dem Ihres Heimatlandes oder zu dem anderer Länder, in denen Sie geforscht haben?

Meiner Erfahrung nach ist das deutsche Wissenschaftssystem durch eine starke Betonung von Forschungsexzellenz, interdisziplinärer Zusammenarbeit und solider institutioneller Unterstützung gekennzeichnet. Im Vergleich zu meinem Heimatland (Italien) habe ich festgestellt, dass Deutschland eine strukturiertere Unterstützung für Doktorand:innen und Postdoktorand:innen bietet. Entsprechende Programme sorgen für klare Rahmenbedingungen, Mentoring-Möglichkeiten und finanzielle Stabilität durch Stipendien oder Forschungsstellen, wie sie beispielsweise vom DAAD angeboten werden. 

Deutschland setzt sich auch stark für die Internationalisierung ein. Die Universitäten unterstützen aktiv die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und fördern den vielfältigen akademischen Austausch. 

Und schließlich schafft das deutsche akademische Umfeld ein stärkeres Gefühl der „wissenschaftlichen Gemeinschaft“ als in meinem Heimatland: Während in Italien von Doktorand:innen erwartet wird, dass sie ihre Forschung in einer eher zwanglosen und unabhängigen Weise durchführen, werden sie in Deutschland als aktiver und integraler Bestandteil des Universitätssystems angesehen.

 

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach der internationale Austausch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler?

Ich glaube, dass der internationale Austausch für Forscher:innen von grundlegender Bedeutung ist. Der Vergleich unterschiedlicher universitärer Kontexte ermöglicht es, die Effektivität verschiedener Bildungssysteme im Allgemeinen und verschiedene Ansätze und Methoden im Besonderen zu erfahren, die man sich aneignen und erfolgreich auf seine eigene Arbeit anwenden kann. Schließlich ist Wissen das Ergebnis einer gemeinsamen Konstruktion, die aus ständigem Austausch und Wechselbeziehungen besteht. Gerade in der heutigen, zunehmend vernetzten Welt kann und darf wissenschaftliche Forschung nicht innerhalb enger nationaler Grenzen stattfinden.

 

Würden Sie Ihren Studierenden oder Kolleg:innen aus Ihrem wissenschaftlichen Netzwerk einen Forschungsaufenthalt an der Universität Heidelberg empfehlen?

Mein Aufenthalt an der Universität Heidelberg war sehr positiv. Deshalb würde ich ihn meinen Forscherkollegen, aber auch jüngeren Studenten empfehlen.

 

Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, die das Research Alumni Netzwerk bietet? Haben Sie schon eines dieser Angebote wahrgenommen? 

Ich habe erst relativ spät von dem Netzwerk erfahren, so dass ich noch nicht direkt davon profitiert habe. Ich halte es jedoch für eine sehr gute Initiative, die einen kontinuierlichen Austausch von Informationen, Neuigkeiten und Möglichkeiten für Forschung und Arbeit ermöglicht. Ich werde auf jeden Fall versuchen, auf dem Laufenden zu bleiben.

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