Schreiberfigur – Inschrift bewirkt Opfergaben
Ägyptische Sammlung
Die Abbildung zeigt eine altägyptische Schreiberfigur. Derartige Figuren besaßen im Alten Ägypten nur Menschen, die zur schreibfähigen Elite der Beamten gehörten. Schreiberfiguren markierten also den Status ihres Besitzers.
Die hier in Stein verewigte Figur war ein Wesir namens Iji-meru. Wesire waren damals die höchsten Staatsbeamten unter dem König. Über seiner linken Schulter trägt der Wesir eine Schreibpalette. Diese besteht aus den drei Elementen, die zugleich die Hieroglyphe für »Schreiber/schreiben« bilden: Vorn eine rechteckige Palette mit zwei Vertiefungen für die beiden Farben rot und schwarz, durch ein Band nach hinten verbunden mit einem Lederbeutel für Farbtabletten, daran wiederum ein Rohr-Etui, aus dem Schreibbinsen herausschauen. Die Berufskleidung: ein hochgegürteter, langer Schurz mit »Neckholder«. Auf dem Schoß von Iji-meru spannt sich der Schurz straff über seinen untergeschlagenen Knien und bildet so die Schreibunterlage für die Papyrusrolle, die er in seiner Linken hält. Das andere Ende des Papyrus liegt entrollt auf seinem Schoß und trägt die Inschrift, die der Wesir mit einer imaginären Schreibbinse in der Rechten gerade geschrieben hat. Die Muschel auf dem linken Oberschenkel enthält die beiden »realen« Schreibfarben in zwei runden Vertiefungen.
König Sobek-hotep IV., dessen Wesir Iji-meru war, verfügte, dass die Statue von Iji-meru neben seiner eigenen im Amuntempel von Karnak aufgestellt werde. Damit sollte der Wesir auf ewig von den Opfergaben profitieren, die der König beim Festkult bekam. Diesen Erlass ließ Iji-meru stolz auf die Statue schreiben. Das Ewigkeit versprechende Hartgestein mit den monumentalen Hieroglyphen ließ ihn wohl hoffen, dass sein Bildnis für immer neben dem seines Herrn stehen und seine Königsnähe im Gedächtnis bleiben würde. Oder hat er die Inschrift »sicherheitshalber« auf seine Statue schreiben lassen, um auch bei räumlicher Veränderung daran zu erinnern, dass er einst neben dem König stand?
Iji-merus Wunsch ging nicht in Erfüllung: Die Figur wurde vermutlich beschädigt, als sie später wegen eines Erweiterungsbaues mit anderen Statuen zusammen rituell im Tempelareal bestattet wurde. Wohl beim Hineinwerfen in die Grube brachen der Kopf, die Hand und ein Teil der Papyrusrolle ab.
Granodiorit, Höhe 46 cm, Breite 30 cm, Tiefe 33 cm, um 1700 v. u. Z., Inventarnummer 274, Ägyptische Sammlung, Heidelberg Center for Cultural Heritage
© Robert Ajtai; Ägyptische Sammlung /HCCH, Universität Heidelberg