Erweiterte Sicherheitsinformationen zu besonders gefährlichen Stoffen Besonders gefährliche Stoffe

Hier finden Sie eine Auflistung einzelner besonders gefährlicher Arbeitsstoffe, zu deren Umgang wir Ihnen erweiterte Sicherheitsinformationen bzw. Handhabungsratschläge geben möchten.

Bitte nehmen Sie diese Hinweise ernst, denn sie resultieren oft aus bereits erfolgten Unfällen mit den genannten Stoffen! 

Acrylamid

Messungen bei der Herstellung von Polyacrylamid-Gelen haben ergeben, dass bis zur vollständigen Aushärtung der fertigen Gele monomeres Acrylamid in die Laborluft freigesetzt wird. Um eine Gefährdung der Labormitarbeiter auszuschließen, muss der Umgang mit monomerem Acrylamid – auch in Lösung – stets in einem Abzug durchgeführt werden. Mehr Informationen zu Acrylamid finden sich im Infoblatt Acrylamid.

Ethidiumbromid

Erbgutverändernde (mutagene) Eigenschaften von Ethidiumbromid sind wissenschaftlich mehr oder weniger belegt, es ist jedoch noch keine sichere gesetzliche Einstufung erfolgt. Die Hersteller bzw. Vertreiber von Ethidiumbromid sprechen mit dem Gefahrenhinweis H341 ebenfalls nur einen Verdacht auf diese gefährliche Stoffeigenschaft aus. 

Typischerweise wird Ethidiumbromid eingestuft und gekennzeichnet als:

  • H302 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken
  • H330 Lebensgefahr bei Einatmen
  • H341 Kann vermutlich genetische Defekte verursachen

Aufgrund der Einstufung als beim Einatmen lebensgefährlich giftiger Stoff (H330) darf Ethidiumbromid in Reinform (Pulver) nur unter einem Abzug gehandhabt werden. Eine Einzelstoffbetriebsanweisung für Ethidiumbromid sollte vor Ort am Arbeitsplatz ausgehängt werden.

Die Verwendung in kristalliner Form ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da hierbei die Gefahr des Einatmens von Stäuben - selbst bei der Handhabung unter dem Abzug - besteht. Der Chemikalienhandel bietet alternativ Stammlösungen (1%ig) und Tabletten (10 / 100 mg) an, die dem kristallinen Reinstoff unbedingt vorzuziehen sind.

Untersuchungen, die vor Jahren an der Universität Freiburg durchgeführt worden sind, haben ergeben, dass Latexhandschuhe für Arbeiten mit Ethidiumbromid ungeeignet sind. Als Handschuhmaterial geeignet ist Nitril-Kautschuk, bei dem unter gleichen Testbedingungen keine nachweisbare Durchdringung festgestellt werden konnte. Nitrilhandschuhe sind darüber hinaus mechanisch stabiler und weisen kaum allergenes Potential auf. Die Abteilung Arbeitssicherheit empfiehlt daher, beim Umgang mit Ethidiumbromid ausschliesslich Handschuhe aus Nitrilkautschuk einzusetzen.

Die Informationen zu Ethidiumbromid sind im Infoblatt Ethidiumbromid zusammengefasst.

Fluorwasserstoff

Sowohl Fluorwasserstoff-Gas als auch Fluorwasserstoff-Säure werden zu unterschiedlichen Zwecken in einigen Laboratorien der Universität eingesetzt. Während Fluorwasserstoff-Gas eher selten zur Anwendung kommt (z.B. als Laser-Gas, zum Ätzen von Metallen oder zur Herstellung fluor-organischer Verbindungen), findet Fluorwasserstoff-Säure in diversen Konzentrationen bei weitaus mehr Gelegenheiten Verwendung (z.B. bei Aufschlussreaktionen von Gesteinen, für die Entrostung von Metallen sowie das Anätzen von Glas). 

Da Fluorwasserstoff mit vielen Metallen (auch mit Edelstahl!) sehr heftig unter Wasserstoffbildung und auch mit den meisten organischen Materialien reagiert (Menschen bestehen ebenfalls aus organischem Material), ist beim Umgang äußerste Vorsicht geboten!

Fluorwasserstoff ist eingestuft und gekennzeichnet als:

  • H330 Lebensgefahr bei Einatmen
  • H310 Lebensgefahr bei Hautkontakt
  • H300 Lebensgefahr bei Verschlucken
  • H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden

Auf den menschlichen Organismus hat Fluorwasserstoff besonders heimtückische Auswirkungen. Die Fluoridionen blockieren den Calcium -und Magnesiumstoffwechsel und hemmen wichtige Enzyme, was zu akut bedrohlichen Stoffwechselstörungen führt, die unter multiplem Organversagen tödlich verlaufen können.

Hautverätzungen verlaufen oft ohne Warnschmerz scheinbar glimpflich, um Stunden oder sogar Tage danach eine äußerst schmerzhafte, verspätete Tiefenwirkung zu entfalten. Es bilden sich dann sehr schlecht heilende Geschwüre auf der Haut und den Schleimhäuten, begleitet von starken Schmerzen. Das Einatmen von Flusssäuredämpfen kann zur Verätzung der Lungen mit Bildung von Lungenödemen führen und selbst bei geringen Konzentrationen (50-100 ppm) in kurzer Zeit tödlich sein.

In letzter Konsequenz müssen u.U. betroffene Gliedmaßen amputiert werden, wenn die Schädigung bis auf bzw. in den Knochen hineinreicht! Todesfälle sind möglich, wenn die verätzte Hautfläche die Größe einer Handfläche erreicht oder übersteigt!

Wichtige Informationen, Empfehlungen zum Umgang und zur Ersten Hilfe bietet das Infoblatt Fluorwasserstoff.

Kalium

Kalium wird eingestuft und gekennzeichnet als:

  • H260 Bei Berührung mit Wasser entstehen entzündbare Gase, die sich spontan entzünden können
  • H314 Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
  • EUH014 Reagiert heftig mit Wasser

Kalium wird in der Forschung meistens zum Entwässern bereits vorgetrockneter halogenfreier, organischer Lösungsmittel verwendet, oft auch in Kombination mit Natrium als Natrium-/Kalium- Legierung.

Kalium kommt üblicher weise in Brocken oder Stangen von 5-20 Gramm in den Handel und muss zur weiteren Verwendung zerkleinert werden. Besonders an frischen Schnittflächen reagiert Kaliumspontan und heftig bereits mit Spuren von Wasser unter Bildung von Wasserstoff, der sich dann spontan selbst entzündet. Daher wird Kalium in der Regel unter einem inerten Medium (Schutzgas oder Lösungsmittel) aufbewahrt und bearbeitet.

Selbst frisch geliefertem Kalium sieht man seine metallische Herkunft oft nicht an, da es meist von einer Kruste diverser Oxide, Peroxide und Hyperoxide überzogen ist. Diese Krusten können sehr gefährlich sein und bei mechanischer Bearbeitung spontan explodieren! Es haben sich bereits mehrere schwere Unfälle ereignet, bei denen Menschen beim Kaliumschneiden verletzt und sogar getötet wurden.

Die Herkunft dieser extrem gefährlichen Kaliumchargen ließ sich nicht bestimmen; offenbar war dieses Kalium aber besonders stark und vielfarbig verkrustet gewesen. Letztlich hilft nur eine genaue Besichtigung des Kaliums vor dem Schneiden und ggf. der Verzicht auf dessen Verwendung. Im Verdachtsfall sollten unbedingt besondere Sicherheits vorkehrungen getroffen (keine Alleinarbeit, keine Feuchtigkeit) und 

  • dicke Lederhandschuhe
  • eine Lederschürze und
  • ein Gesichtsschild

getragen werden. Zudem müssen die Arbeiten in jedem Fall unter Inertgas durchgeführt werden.

Die wichtigsten Empfehlungen sind im Infoblatt Kalium zusammengetragen.

HMPT

HEXAMETHYLPHOSPORSÄURETRIAMID (HMPT) ist ein ausgezeichnetes aprotisches Lösungsmittel für organische und anorganische Verbindungen, Kunststoffe, Metalle(!) und Gase. Darüber hinaus kommt es auch als Reaktionsmedium, Katalysator und synergistischer Zusatz zum Einsatz. Aufgrund dieser vielfältigen Einsatzmöglichkeiten kann auf die Verwendung von HMPT leider nicht grundsätzlich verzichtet werden, obwohl es krebserzeugend und erbgutverändernd wirkt und über die Haut resorbiert wird.

Insbesondere aus letztgenanntem Grund ist äußerste Vorsicht beim Umgang geboten! Hexamethylphosphorsäuretriamid wird eingestuft und gekennzeichnet als:

  • H350 Kann Krebs erzeugen
  • H340 Kann genetische Defekte verursachen

Bei Arbeiten mit HTMP ist zu beachten:

  1. Die „Verfahrensanweisung zum Umgang mit krebserzeugenden Stoffen“ ist zu befolgen.
  2. Vor dem Beginn der Arbeiten ist eine Einzelstoffbetriebsanweisung für das geplante Arbeitsverfahren zu erstellen.
  3. Vor dem Beginn der Arbeiten sind die Mitarbeiter anhand dieser Betriebsanweisung zu unterweisen über:
    1. Gefahren beim Umgang mit HMPT
    2. Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln; u.a. welche persönliche Schutzausrüstung (s.u.)
    3. Verhalten und Maßnahmen bei Unfällen
    4. Maßnahmen der Ersten Hilfe nach einer Kontamination
    5. sichere Entsorgungsmethoden (siehe auch 5.)
  4. Jeder (auch noch so kleine) Hautkontakt ist (mindestens im Verbandsbuch) zu dokumentieren!
  5. HMPT sollte nach Möglichkeit nicht als Abfallstoff der Entsorgung zugeführt, sondern laborintern vernichtet werden. Hierzu sind nachfolgend zwei Vorschriften angegeben:
    1. Destruction of hazardous chemicals in the laboratory: HEXAMETHYLPHOSPHORAMIDE G. Lunn, E.B. Sansone 2nd Ed., Wiley, New York, Chichester, Brisbane, Toronto, Singapore 1994
    2. Hazardous Laboratory Chemicals Disposal Guide, Third Edition [(CH3)2N]3PO 

Die Abteilung Arbeitssicherheit rät dringend, beim Umgang mit HMPT geeignete Schutzkleidung zu tragen:

  • Laborkittel (aus Baumwolle oder Baumwoll-Mischgewebe)
  • Schutzbrille (mit Seitenschutz) - auch Brillenträger!!
  • Handschuhe (aus Butylkautschuk)
  • lange Hosen (aus Baumwolle o.ä. Material)
  • geschlossene Schuhe (aus festem Material, z.B. Leder)

Das Infoblatt HPTM fasst die wichtigsten Informationen zu Hexamethylphosphorsäuretiamid zusammen.

Störfall-Verordnung

HMPT und 9 weitere Stoffe (siehe Liste der geregelten Stoffe nach Störfallverordnung) werden vom Gesetzgeber in der 12. Bundesimmissionsschutzverordnung (Störfallverordnung) als besonders gefährlich (besonders krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährlich) eingestuft und unterliegen strikten Umgangseinschränkungen. Das Arbeiten mit diesen Stoffen an der Universität und am Universitätsklinikum Heidelberg wurde daher mittels einer Störfall-Verfahrensanweisung geregelt.

Medizinische Leitlinien der BASF

Für Unfälle mit 42 häufig verwendeten Chemikalien stellt die BASF ausführliche Medizinische Leitlinien für Ersthelfende, Rettungskräfte, ärztliches Fachpersonal in Krankenhäusern sowie für Betroffene zur Verfügung:

Ozonschicht-gefährdende Stoffe

Verfahren zur Beschaffung von Stoffen, die nachweislich die Ozonschicht schädigen

Im Frühjahr 2021 wurde eine europäische Regelung in deutsches Recht umgesetzt, die den Bezug, den Besitz, die Verwendung und die Entsorgung von Stoffen, die einen schädigenden Effekt auf die Ozonschicht aufweisen, deutlich einschränkt. Die Verordnung gilt auch für den Einsatz dieser Stoffe an Universitäten, wobei Ausnahmen zu Forschungs- und Analysezwecken möglich bleiben. Die Voraussetzung zum Bezug geregelter Stoffe ist jedoch eine Registrierung bei der Europäischen Kommission. Für die nun vorgegebene lückenlose Nachverfolgbarkeit des Einkaufs, der internen Aufbewahrung, Verwendung und schlussendlichen Entsorgung dieser Stoffe als Beleg für deren Nicht-Freisetzung in die Umwelt musste das bisher an der Universität Heidelberg praktizierte offene Bestellverfahren für jeden potenziellen Verwender aufgehoben werden und eine neue Verfahrensanweisung zur Beschaffung geregelter Stoffe etabliert.

Weitere besonders gefährliche Stoffe

  • Acrylamid
  • Acrylnitril
  • Acrylsäure
  • Aliphatische Amine
  • Aminonitril
  • Ameisensäure
  • Ammoniak
  • Blausäure
  • Chlor
  • Chloracetylchlorid
  • Chlorformiate
  • Chlorwasserstoff
  • Cholinesterase-Hemmstoffe
  • Cyanide
  • Dimethylformamid (DMF)
  • Dimethylsulfat (DMS)
  • Epichlorhydrin
  • Essigsäure
  • Ethylbenzol
  • Ethylenimin
  • Ethylenoxid
  • Flusssäure
  • Formaldehyd
  • Hydrazin
  • Isocyanate
  • Metallcarbonyle
  • Methanol
  • Natriumhydroxid
  • N-Methylpyrrolidon
  • Phenol
  • Phosgen
  • Phosphortrichlorid
  • Säureanhydride
  • Salpetersäure
  • Schwefelsäure
  • Schwefelwasserstoff
  • Stickstoffdioxid
  • Styrol
  • Tetrahydrofuran
  • Toluol