SFB 933 Ausstellung: Was Schrift und Material vormoderner Artefakte erzählen

Pressemitteilung Nr. 49/2023
2. Mai 2023

Sonderforschungsbereich 933 „Materiale Textkulturen“ bietet Einblicke in zwölfjährige Forschungsarbeit

Mehr als 160 Forscherinnen und Forscher aus zahlreichen geisteswissenschaftlichen Disziplinen der Universität Heidelberg und der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg haben in den vergangenen zwölf Jahren Texte und Inschriften untersucht, die auf vormodernen Artefakten – also von Menschen geschaffenen Objekten – zu finden sind. Zusammen geforscht haben die Wissenschaftler im Sonderforschungsbereich „Materiale Textkulturen“ (SFB 933), der seine erfolgreiche Arbeit im Juni 2023 beenden wird und aus diesem Anlass zu der Abschlussausstellung „SchriftArteFakt“ einlädt. Die Ausstellung zeigt ausgewählte Objekte wie eine altägyptische Horus-Stele, der magische Schutzwirkung vor gefährlichen Tieren zugeschrieben wurde, oder auch eine Alabasterscherbe aus der Zeit des achämenidischen Königs Xerxes (519 bis 465 v. u. Z.), die die Ausdehnung seines Großreiches dokumentiert. Am Beispiel dieser Artefakte werden die Fragestellungen und Erkenntnisse des Sonderforschungsbereichs exemplarisch vorgestellt. Die Ausstellung, die sich auch an junge Besucherinnen und Besucher wendet, wird am Samstag, 6. Mai, eröffnet und ist bis zum 14. Oktober im Universitätsmuseum zu sehen.

Horus-Stelen wurden im Alten Ägypten magische Schutzkräfte vor gefährlichen und giftigen Tieren zugeschrieben. Zentrales Motiv solcher Stelen ist der Gott Horus, der stets frontal als Knabe mit der sogenannten Jugendlocke auf seinem kahlrasierten Kopf dargestellt wird.

Im Mittelpunkt der Forschungsprojekte am SFB 933 standen Objekte aus Gesellschaften, in denen keine Verfahren der massenhaften Produktion von Geschriebenem verbreitet waren oder sind. Dazu gehörten etwa mit Tinte beschriftete Bambusspleiße aus dem alten China, Graffiti auf antiken Goldmünzen des Römischen Reiches oder mit Keilschrift beschriebene Tontafeln aus Mesopotamien. Anliegen der Forscherinnen und Forscher war es, einen neuen interpretativen Zugang zu dem dort Geschriebenen zu entwickeln. Indem sie über den Textinhalt hinaus den Raum- und Handlungszusammenhang der Artefakte in den Blick genommen haben, ist es ihnen gelungen, die Beziehungen von Material, Schrift und kulturellen Praktiken vormoderner Kulturen zu beleuchten. Die Arbeiten wurden über zwölf Jahre und damit über die maximale Dauer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Die im Universitätsmuseum gezeigte Ausstellung „SchriftArteFakt“, die in Kooperation mit dem Material-Archiv in Zürich (Schweiz) entstanden ist, präsentiert dreißig Artefakte zu den zentralen Fragestellungen des Sonderforschungsbereichs, so zum Beispiel wie und unter welchen Bedingungen die Objekte hergestellt wurden, in welche Handlungen sie eingebunden waren und was dies für das Verständnis der überlieferten Texte und ihrer kulturellen Umgebung bedeutet. Informationstexte zu den Objekten und ein Begleitheft, das in der Ausstellung ausliegt, geben tiefergehende Einblicke in die Forschungsergebnisse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Da ein besonderer Fokus der Forschungen am SFB auf der Materialität der untersuchten Artefakte lag, bietet die Ausstellung auch Informationen zu verschiedenen Materialien wie Ton und Pergament, die in ihrer Rohform in die Hand genommen werden können. Dies gilt ebenso für zwei besondere Repliken, die einen sogenannten Tonpilz aus dem 19. Jahrhundert v. u. Z. und einen Türangelstein aus dem 21. Jahrhundert v. u. Z. darstellen, sowie für das Original einer altägyptischen Schreiberfigur. Insbesondere für jüngere Besucherinnen und Besucher stehen in der Ausstellung kurze Tonspuren zu Verfügung, in denen die Objekte sozusagen selbst zu Wort kommen und – indem sie ihre Geschichte erzählen – die Vergangenheit lebendig werden lassen. Über QR-Codes, die an den Vitrinen angebracht sind, können die Audiodateien mit einem Mobilgerät abgerufen und abgespielt werden.

Die Ausstellung „SchriftArteFakt“ wird am Samstag, 6. Mai, eröffnet. Die Veranstaltung findet im Universitätsmuseum, Grabengasse 1, statt und beginnt um 17.30 Uhr. Ergänzend zur Ausstellung – sie ist dienstags bis samstags von 10.30 bis 16 Uhr geöffnet – gibt es ein Rahmenprogramm. Angeboten werden regelmäßige Führungen durch Mitglieder des Sonderforschungsbereichs „Materiale Textkulturen“ sowie verschiedene Workshops, in denen es unter anderem um Schrifttechniken auf unterschiedlichen Materialien wie Ton und Metall gehen wird.

Der Denar ist eine Werteinheit (Nominal), die seit spätestens 211 v. u. Z. bis ins 3. Jahrhundert n. u. Z. das bedeutendste Silbernominal der römischen Antike darstellte. Die vorliegende Münze wurde von dem Münzmeister Marcus Herennius geprägt, dessen Namen auf der Rückseite zu lesen ist. Auf die freie Fläche rechts der vorderseitig dargestellten Pietas wurde das Wertzeichen XVI (= 16) eingeritzt. Damit sollte offensichtlich der Wert bzw. Umrechnungskurs der Münze (16:1) genau festgehalten werden.