Forschung Cyanobakterien produzieren Methan

17. Januar 2020

Wissenschaftler: Mehr Blaualgenblüten im Zuge des Klimawandels bedeuten höhere Methanemissionen

Cyanobakterien, früher auch Blaualgen genannt, gehören zu den häufigsten Organismen auf der Erde und sind berüchtigt dafür, Giftstoffe zu bilden. Eine aktuelle Studie zeigt nun erstmals, dass diese Bakterien in Meeren, Binnengewässern und an Land relevante Mengen an Methan produzieren. Im Zuge des Klimawandels zunehmende Blaualgenblüten werden die Methanfreisetzung in die Atmosphäre mit hoher Wahrscheinlichkeit verstärken, so die Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Universität Heidelberg, die die Forschungsarbeiten durchgeführt haben.

Die Bildung von Methan konnte unter den lebenden Organismen ohne Zellkern bisher nur für sogenannte Urbakterien, das heißt Archaeen, nachgewiesen werden, wobei – so die Annahme – die Methanbildung lediglich unter sauerstoffarmen Bedingungen möglich ist. Dass beides so nicht zutrifft, belegen die Ergebnisse der aktuellen Studie. Das Forschungsteam hat dazu 17 Cyanobakterienarten untersucht, die im Meer, im Süßwasser oder an Land vorkommen. Nach Angaben von Dr. Mina Bižić, Wissenschaftlerin am IGB und Erstautorin der Studie, sind Cyanobakterien im Oberflächenwasser eine bislang unbekannte Quelle für Methan. Wie die Wissenschaftler herausgefunden haben, erzeugen diese Bakterien das Treibhausgas im Rahmen ihres regulären Zellstoffwechsels.

Um nachzuweisen, dass Methan in der Zelle entsteht, hat der Heidelberger Geowissenschaftler Thomas Klintzsch Untersuchungen mit isotopenmarkiertem Kohlenstoff durchgeführt. Im Rahmen seiner Doktorarbeit konnte er zeigen, wie der markierte Kohlenstoff zunächst durch die Photosynthese in die Biomasse der Zelle überführt und schließlich zu Methan umgewandelt wird. In Laborexperimenten verglichen die Wissenschaftler die Menge an Methan, die von Cyanobakterien produziert wurde, mit Werten für Archaeen und Organismen mit Zellkern, sogenannten Eukaryoten. „Cyanobakterien bilden bei gleicher Biomasse weniger Methan als Archaeen, aber mehr Methan als Pilze oder Pflanzen. Es ist jedoch schwierig, den globalen Anteil an Methan von Cyanobakterien abzuschätzen, denn es fehlen genaue Daten zur Biomasse dieser Organismen in Gewässern und Böden“, erläutert Prof. Dr. Frank Keppler, der am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg die Forschungsgruppe Biogeochemie leitet und Mitautor der Studie ist.

Vermutlich erzeugen Cyanobakterien schon seit der Erdfrühzeit das Treibhausgas Methan: Stromatolithen, die ältesten bekannten Fossilien, sind Ablagerungen von Cyanobakterien und wurden in 3,5 Milliarden Jahre alten Gesteinen Westaustraliens nachgewiesen. Cyanobakterien könnten somit das Erdklima schon damals mitbeeinflusst haben. Heutzutage sind diese Bakterien überall auf der Welt verbreitet. Im Meer- oder Süßwasser entwickeln sie sich bei einem hohen Nährstoffgehalt und warmen Temperaturen besonders gut. Durch den Klimawandel werden Massenentwicklungen, sogenannte Blaualgenblüten, in Zukunft also häufiger und in stärkerem Ausmaß auftreten, so die Wissenschaftler. Nach den aktuellen Erkenntnissen wird dies auch den Ausstoß des Treibhausgases Methan aus Gewässern erhöhen, was wiederum über einen Rückkopplungsmechanismus den globalen Klimawandel verstärkt, wie Prof. Dr. Hans-Peter Grossart, IGB-Forscher und Leiter der Studie, erläutert.

An den Arbeiten waren neben den Forschern der Universität Heidelberg und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei auch Wissenschaftler aus Greifswald sowie aus Großbritannien, Israel, Jordanien und Spanien beteiligt. Die Forschungsergebnisse wurden in „Science Advances“ veröffentlicht.

Originalpublikation

M. Bižić, T. Klintzsch, D. Ionescu, M. Hindiyeh, M. Günthel, A.M. Muro-Pastor, W. Eckert, T. Urich, F. Keppler, H.P. Grossart: Cyanobacteria, the most ancient and abundant photoautotrophs on Earth produce the greenhouse gas methane during photosynthesis. Science Advances, 15 Jan 2020: Vol. 6, no. 3, eaax5343.