Forschungsförderpreis  Leibniz-Preise für die Neuropharmakologin Rohini Kuner und den Altphilologen Jonas Grethlein

Pressemitteilung Nr. 132/2023
7. Dezember 2023

Wichtigster Forschungsförderpreis in Deutschland geht an zwei herausragende Wissenschaftler der Universität Heidelberg

Zwei herausragende Wissenschaftler der Universität Heidelberg – die Neuropharmakologin Prof. Dr. Rohini Kuner und der Altphilologe Prof. Dr. Jonas Grethlein – werden mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnet. Die DFG würdigt damit Prof. Kuners bahnbrechende Arbeiten zu Mechanismen, die chronischen Schmerzen zugrunde liegen. Ihre Forschung zielt darauf, die Ursachen zu identifizieren und damit pharmakologisch adressieren zu können. Prof. Kuner ist Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts, das an der Medizinischen Fakultät Heidelberg angesiedelt ist. Prof. Grethlein erhält die Auszeichnung für seine Forschung zur Narratologie antiker Erzählformen, zur antiken Ästhetik und zum Verhältnis von Geschichtsbild und Erfahrung in erzählenden und historiographischen Texten der Antike. Der Wissenschaftler, einer der führenden Gräzisten weltweit, habe damit die Entwicklung nicht nur seines Faches, sondern auch der Literatur-, Kultur- und Geschichtswissenschaften wesentlich beeinflusst, so die DFG. Jonas Grethlein lehrt und forscht am Seminar für Klassische Philologie. Der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland ist mit einem Preisgeld von jeweils 2,5 Millionen Euro dotiert.

Die Rektorin der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Frauke Melchior, erklärt zu der Vergabe der Leibniz-Preise an Rohini Kuner und Jonas Grethlein: „Wir gratulieren den beiden Preisträgern herzlich. Die Universität ist stolz auf diese Auszeichnung, mit der gleich zwei herausragende und international anerkannte Forscherpersönlichkeiten gewürdigt werden. Die beiden Leibniz-Preise sind zudem ein Ausweis für die Forschungsstärke der Universität Heidelberg in der großen Bandbreite von der Klassischen Philologie bis zur Neuropharmakologie. Wir werten den heutigen Tag mit großer Freude als klare Bestätigung für unsere Strategie der Volluniversität.“

Schwerpunkt der Arbeiten von Prof. Grethlein bilden eingehende Interpretationen von Texten aus nahezu allen Gattungen der antiken griechischen Literatur. Dabei deutet er die Texte oftmals mithilfe moderner literatur- und kulturtheoretischer Ansätze „auf eine noch nicht da gewesene Art“, heißt es in der Würdigung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. So orientiere sich der Wissenschaftler beispielsweise schon bei der Interpretation griechischer Tragödien in seiner 2003 erschienenen Dissertation an der Fragestellung, welche Rolle das Asyl in Athen für die Konstruktion kultureller Identität spielte. Das wissenschaftliche Werk von Prof. Grethlein umfasst aktuell elf Monographien – die jüngste Veröffentlichung „Ancient Greek Texts and Modern Narrative Theory. Towards a Critical Dialogue“ erschien im Mai 2023. „Die Antike erscheint darin, wie in all seinen Publikationen, aktuell und nah, weil sie in kritischen Dialog mit der Gegenwart tritt“, hebt die DFG hervor.

Jonas Grethlein studierte an der Universität Göttingen und der University of Oxford (Großbritannien) und wurde im Jahr 2002 an der Universität Freiburg in Lateinischer Philologie, Griechischer Philologie und Alter Geschichte promoviert. Von 2003 bis 2009 war der Wissenschaftler Nachwuchsgruppenleiter im Emmy Noether-Programm der DFG; 2005 habilitierte er sich in Freiburg. Von 2007 an lehrte und forschte er als Assistant Professor an der University of California in Santa Barbara (USA), bevor er 2008 auf eine Professur für Griechische Literaturwissenschaft an die Universität Heidelberg berufen wurde. Prof. Grethlein erhielt 2006 bereits den Heinz Maier Leibnitz-Preis, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Anerkennung ihrer herausragenden Leistungen an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem früheren Karrierestadium vergeben wird. Rufe an die University of St. Andrews (2012) und die University of Cambridge (2021) lehnte Prof. Grethlein ab, um weiterhin in Heidelberg zu forschen.

Porträt Jonas Grethlein

Prof. Kuner hat sich dem Thema Schmerzforschung bereits während ihrer Promotion in den USA zugewandt. Ihre Beiträge zu den Mechanismen der Schmerzsignalweiterleitung und Schmerzübertragung auf das zentrale Nervensystem bilden eine wichtige Grundlage, um die Auslöser für die Chronifizierung von Schmerz zu identifizieren und neue therapeutische Ansätze zu erschließen. Anders als ein Großteil der Schmerzforschung weltweit, so die Deutsche Forschungsgemeinschaft, konzentriere sich Prof. Kuner auf systemische Ansätze und ziele dabei vor allem auf die Neuroplastizität – die Veränderbarkeit neuronaler Verbindungen im Nervensystem, die chronischen Schmerzen zugrunde liegt. „Mithilfe experimenteller Ansätze wie neurogenetischer und optogenetischer Techniken oder Methoden wie In-vivo-Bildgebung und dreidimensionaler Elektronenmikroskopie konnte sie zentrale neurale Bahnen der Schmerzübertragung bestimmen“, hebt die Deutsche Forschungsgemeinschaft hervor. Zuletzt beschäftigte sich die Wissenschaftlerin mit Mechanismen neuropathischer Schmerzen, die nach der Durchtrennung von Nerven entstehen. 

Rohini Kuner studierte Pharmazeutische Biotechnologie in Indien und wurde 1994 an der University of Iowa in den USA promoviert. Im Anschluss setzte sie ihre wissenschaftliche Karriere in Deutschland fort. Von 1995 bis 1998 forschte sie als Postdoktorandin am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg und am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg. Nach zweijähriger Tätigkeit in einem biowissenschaftlichen Unternehmen wechselte sie im Jahr 2000 an das Pharmakologische Institut der Ruperto Carola. Dort etablierte sie eine von der DFG geförderte Emmy-Noether-Gruppe und habilitierte sich 2005 an der Medizinischen Fakultät Heidelberg. 2006 wurde Rohini Kuner auf eine Professur für Pharmakologie und Toxikologie berufen; seit 2009 leitet Prof. Kuner das Pharmakologische Institut. Seit der Einrichtung im Jahr 2015 ist sie Sprecherin des Sonderforschungsbereichs „Von der Nozizeption zum chronischen Schmerz: Struktur-Funktions-Merkmale neuraler Bahnen und deren Reorganisation“ (SFB 1158). Für ihre Arbeiten erhielt Prof. Kuner eine Reihe wichtiger Forschungspreise.

Porträt Rohini Kuner

Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis – der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland – wird seit 1986 jährlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft verliehen. Pro Jahr können bis zu zehn Preise mit einer Preissumme von jeweils 2,5 Millionen Euro vergeben werden. Die Auszeichnungen des Jahres 2024 gehen an drei Preisträgerinnen und sieben Preisträger, unter ihnen Rohini Kuner und Jonas Grethlein. Ziel des 1985 eingerichteten Leibniz-Programms ist es, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu ehren, ihre Forschungsmöglichkeiten zu erweitern und ihnen die Beschäftigung besonders qualifizierter Forscherinnen und Forscher in frühen Karrierephasen zu erleichtern. Die Preisverleihung findet am 13. März 2024 in Berlin statt.