Forschung Neue Wege zur Anpassung an große Hitze in der Stadt
8. August 2024
Heidelberger Wissenschaftler entwickeln Routendienst für vulnerable Gruppen
Mit steigenden Sommertemperaturen nehmen die Gesundheitsrisiken, die durch Hitze verursacht werden, zu. Dies betrifft insbesondere urbane Räume und Städte wie Heidelberg mit hoher Bebauungsdichte und begrenzten Grünflächen. Der Hitzeinsel-Effekt, der die im Vergleich zum Umland erhöhten Temperaturen im innerstädtischen Bereich beschreibt, führt vor allem bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie älteren Menschen, Kindern und Personen mit Vorerkrankungen zu einer Zunahme hitzebedingter Erkrankungen. Um diesen Folgen des Klimawandels zu begegnen, haben Forscherinnen und Forscher der Universität Heidelberg und des Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) Strategien zum Schutz gefährdeter Personen während heißer Wetterperioden entwickelt. Mithilfe eines webbasierten Routenplanungsdienstes können diese Personengruppen auch bei großer Hitze in der Stadt mobil bleiben.
Im Rahmen des von der Baden-Württemberg Stiftung im Programm „Innovationen zur Anpassung an den Klimawandel“ geförderten Projekts „Hitzeanpassung für vulnerable Bevölkerungsgruppen“ (HEAL) werden Sensordaten sowie Informationen zum Schattenwurf durch Gebäude und Vegetation genutzt, um Routen mit geringerer Hitzebelastung zu berechnen. „Die HEAL-App identifiziert Hitzestress entlang eines Weges und berechnet dann eine Alternative, die wenig beschattete Hauptstraßen vermeidet und die Nutzerinnen und Nutzer durch Parks und schattige Gebiete führt. Sie zeigt auch die Art des Weges, den Oberflächenbelag und die Steigung entlang der gewählten Route an. All dies soll die Mobilität an heißen Tagen unterstützen und zugleich das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels schärfen“, erläutert Prof. Dr. Sven Lautenbach, Geoinformatiker an der Universität Heidelberg und Gruppenleiter am HeiGIT, das von der Klaus Tschira Stiftung getragen wird.
Zur Lösung des komplexen Problems der städtischen Mobilität setzte das Forschungsteam neben Expertinnen und Experten aus der Praxis auch auf eine direkte Beteiligung der Bevölkerung. „Wir haben diesen Weg gewählt, um die unterschiedlichen Bedarfe der verschiedenen Personengruppen besser zu verstehen. Über niederschwellige Formate wie Hitze-Workshops mit partizipativen Methoden oder Mobile Instant Messaging Interviews – über einen Messenger-Dienst geführte Kurzinterviews – wurden lokale Akteure systematisch eingebunden. Durch diese informellen Interaktionen konnten wir Herausforderungen und Bedürfnisse identifizieren, die sonst vielleicht unbemerkt geblieben wären“, erklärt Dr. Kathrin Foshag vom TdLab Geographie am Geographischen Institut der Universität Heidelberg, das sich mit transdisziplinärer geographischer Forschung zu Klimawandel und Nachhaltigkeit beschäftigt.
Das Projekt HEAL, an dem die Abteilung Geoinformatik des Geographischen Instituts und das Transdisziplinaritätslabor Geographie (TdLab) der Universität Heidelberg sowie das HeiGIT beteiligt sind, vereint Fachwissen aus den Bereichen Geographie und Informatik mit Aspekten der geographischen Gesundheitsforschung und Methoden aus den Sozialwissenschaften. Zudem fördert es den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis.
In Kooperation mit der Stadtverwaltung Heidelberg erhält die Öffentlichkeit über Broschüren und Hitzekarten von Heidelberg sowie über die HEAL-App Zugang zu Informationen zu Hitzeanpassungsstrategien im Stadtraum. Das Projektteam arbeitet aktuell an der Übertragbarkeit des Ansatzes und der Routinganwendung auf andere Städte in Deutschland.